Im Ford-Werk Köln-Niehl ist die Stimmung nach der Hiobsbotschaft gedrückt. Während einige resigniert haben, hoffen andere auf Veränderung.
Reaktionen auf Kurzarbeit bei Ford„Seit 1985 ist die Stimmung hier eigentlich angespannt“
Im Ford-Werk Köln-Niehl ist die Stimmung nach der Hiobsbotschaft am Dienstag gedrückt. Viele Mitarbeiter äußern sich gegenüber dem „Kölner Stadt-Anzeiger“ resigniert: „Es war abzusehen“, lautet der Tenor am Tor 8 vor dem Werk.
Helmut Hövel arbeitet seit rund 45 Jahren in der Montage. Er ist selbst Mitglied der Gewerkschaft, sagt aber rückblickend, man hätte schon früher mehr tun können. „Seit 1985 ist die Stimmung hier eigentlich angespannt“, beschreibt er die Atmosphäre im Werk. Die Gewerkschaft sei bei wichtigen Entscheidungen nicht ausreichend aktiv geworden. „Aber sonst setzt sich ja niemand für unsere Interessen sein.“
Der Umstieg auf die Produktion von E-Autos und die teuren Preise habe die Lage weiter verschärft. „Wir sind enttäuscht. Keiner von uns kann sich so ein Auto leisten“, sagt Hövel. Er kritisiert zudem die Politik: Auch der Staat trage Verantwortung dafür, dass sich die E-Autos so schlecht verkaufen. Die Infrastruktur fehle.
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Auf die Frage, wie es ihm mit der Schieflage von Ford gehe, gibt sich Hövel gelassen. Im Alter von 62 Jahren stehe er kurz vor der Rente: „Ich mache mir da keinen großen Kopf drüber. Aber für die jungen Leute ist es schade. Es muss sich viel verändern, damit die Autoindustrie überlebt. Einige Firmen werden sicher auf der Strecke bleiben.“
Gute Qualität, zu teure Preise
Nicht nur Hövel kritisiert den Umstieg auf Elektromobilität, auch die rund 20 Beschäftigten, mit denen der „Kölner Stadt-Anzeiger“ vor dem Werk gesprochen hat, äußern sich ähnlich: Die Qualität stimme, doch die Preise seien einfach zu hoch. Auch die fehlende Infrastruktur wird häufig beklagt. Wer könne sich noch heutzutage einen Ford-Capri leisten, der bei 45.000 Euro beginnt?
Thorsten, ein langjähriger Mitarbeiter, der seinen Nachnamen nicht nennen möchte, berichtet, wie groß der Schock nach der Kurzarbeitsnachricht war. Erst im Juli 2024 wurde die Neuauflage des Capri vorgestellt, seit September läuft der Wagen vom Band. Thorsten arbeitet seit 32 Jahren bei Ford, 30 Jahre davon im Büro im Motorenwerk, seit zwei Jahren steht er am Band.
Er kennt die Arbeit im Werk gut und hat bereits einige Höhen und Tiefen erlebt. Die nun bevorstehende Kurzarbeit empfindet er noch gravierender als die Herausforderungen während der Corona-Pandemie. Dass die Produktionszahlen reduziert werden, betrachtet er als Alarmzeichen. „Alles auf Elektro zu setzen, war ein Fehler“, meint er.
Gemischte Gefühle
Für Joshua Obinna, der erst vor einem halben Jahr seine Ausbildung abgeschlossen hat, ist dies die erste Kurzarbeit. Der 22-Jährige sieht die zusätzlichen freien Tage mit gemischten Gefühlen: „Ein bisschen freut man sich auch, weniger zu arbeiten und trotzdem bezahlt zu werden.“
Zaid Shafeeq hat die Ankündigung nicht überrascht. Die ganze Automobilindustrie stehe schlecht da. Obwohl die Situation in der kompletten Branche schwierig sei, schaue er sich bereits nach neuen Stellen um.