Der Secondhand-Markt bei Fashion-Artikeln boomt. Auch der Kölner Kofferhersteller Rimowa bietet mittlerweile Gebrauchtes zum günstigeren Preis.
LuxusDesigner-Stücke zum Schnäppchen-Preis
Die Stücke heißen „Preloved“ oder „Preowned“ – also bereits vom Vorbesitzer geliebt oder besessen – und diese Attribute beschreiben sehr viel liebevoller, was bislang unter dem Begriff Secondhand gefasst wurde. Gebrauchte Produkte, wie beispielsweise Bekleidung oder Möbel sind en vogue und werden zunehmend wiederge- und -verkauft. Dies gilt mittlerweile auch besonders im Luxus-Segment.
Umsatz bei 15 Milliarden Euro
Während bis vor einigen Jahren Flohmärkte und stationäre Secondhandläden die erste Adresse waren, boomt spätestens seit Beginn der Corona-Pandemie im Jahr 2020 der Online-Handel von Secondhandprodukten. Laut des Statistik-Portals Statista belief sich der Umsatz im Secondhand-Markt 2022 in Deutschland auf rund 14,8 Milliarden Euro. Am häufigsten kaufen die deutschen Verbraucher dabei gebrauchte Waren aus der Kategorie Fashion und Accessoires. Im Jahr 2023 gaben 65 Prozent der Befragten an, Secondhand-Artikel aus diesen Kategorien gekauft zu haben.„Der Handel mit gebrauchten Luxuswaren wird weiterhin überproportional steigen“, sagt Christian Wulff von der Wirtschaftsprüfungs- und Beratungsgesellschaft PwC. „Unter anderem werden damit Käuferschichten erreicht, die sich Neuware nicht leisten können oder wollen.“
Trend gegen schnelllebige Mode
Dabei spielt zum einen das gesellschaftspolitische Thema Nachhaltigkeit eine zunehmend große Rolle. Gerade jüngeren Zielgruppen ist dies auch bei Mode besonders wichtig. Kaum eine Branche gilt in gleicher Weise als umweltbelastend und schnelllebig wie die Modeindustrie. Neben sogenannter Fast-Fashion, wo schnelllebige Produkte unter oftmals fragwürdigen Bedingungen in Entwicklungsländer zu Discount-Preisen produziert werden, stehen auch Luxusmarken in der Kritik. Oft sind auch hier die Arbeitsbedingungen nicht vorbildlich. Und von den vielen Kollektionen, die pro Jahr auf den Markt kommen, werden nicht-verkaufte Stücke oftmals vernichtet, um den Wert der Marke nicht durch Verramschen zu Billigpreisen zu schmälern.
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Allerdings dürfte der noch weit größere Anreiz darin bestehen, kostbare Designerstücke zu günstigeren Preisen zu bekommen. Für die Beliebtheit teurer Modestücke sieht Thomas Hensel, Professor für Kunst und Designtheorie an der Hochschule Pforzheim, einen Grund: „Gerade Social Media, aber auch viele Serien auf Streaming-Plattformen, befeuern bei jungen Menschen das Verlangen, Teil von dieser Luxuswelt zu sein“ Dabei gehe es immer darum, eine Zugehörigkeit zu signalisieren. „Doch viele Menschen können sich die Designerstücke nicht leisten, manche greifen daher auf Fälschungen zurück oder finden eben ein gebrauchtes Teil“, sagt der Professor. Da greife der Spruch „Fake it till you make it“ (auf Deutsch: täusche es vor, bis du es schaffst).
Laut Hensel gehen Luxus und Secondhand mittlerweile Hand in Hand: „Luxus kann neben dem hohen Preis unter anderem durch herausragende Qualität definiert werden. Das macht ihn damit auch gut geeignet für einen Weiterverkauf.“ Dazu lebe Luxus von extremer Verknappung. „Wenn ich nicht auf die exklusive Warteliste des Designerladens komme, bleibt mir nur die Möglichkeit, auf dem Re-sale-Markt zu schauen.“
Große Namen sind heiß begehrt
Besonders begehrt sind vor allem Stücke der großen Modehäuser, also etwa Chanel, Louis Vuitton, Hermes, Dior, Prada, Gucci oder Burberry. Die Marken haben den Trend erkannt. „Einige Luxuslabels haben bereits eigene Gebrauchtbörsen gegründet.“
Der Kölner Kofferhersteller Rimowa, der mittlerweile zum französischen Luxus-Konzern LVMH gehört, kauft gebrauchte Koffer von seinen Kunden, setzt sie wieder instand und verkauft sie dann erneut. Re-Craftet heißt dies auf der Internetseite des Unternehmens. Für den Ankauf eines Aluminium-Koffers müsse dieser mindestens zwei Rollen haben, so Rimowa. Interessenten, die einen gebrauchten Kölner Kult-Koffer erwerben wollen, können sich in eine Liste eintragen. Zu den Details, wie viele Koffer bereits zurückgenommen und wiederverkauft wurden, wollte Rimowa auf Anfrage keine Angaben machen.
Lange allerdings zögerten viele Luxus-Marken beim Einstieg ins Secondhand-Geschäft, um das eigene Neugeschäft nicht zu kannibalisieren, doch zuletzt initiierte fast jeder ein eigenes Re-Sale-Programm. Von Gucci mit der digitalen Vintage-Plattform Vault über Marc Jacobs bis hin zum Couture-Haus Valentino. Notgedrungen, denn die Konsumdynamik hat sich gewandelt. Statussymbole funktionieren nicht mehr wie früher, nachhaltiger Luxus jedoch schon eher.
Wettbewerb der Plattformen im Netz
„Durch die Zweitverwertung von Luxusgütern wird deren Lebenszyklus verlängert. Das Produkt wird nicht in die Tonne getreten, es wird nicht auf die Deponie gemüllt, es entstehen dadurch keine neuen Umweltlasten.“ Auf dem Markt der Internetplattformen, die gebrauchte Designerstücke anbieten, herrscht mittlerweile reger Wettbewerb. Zu den größten Anbietern zählt mittlerweile Vestiaire Collective. 2009 in Paris gegründet, hat das Unternehmen heute Niederlassungen in Paris, New York, Los Angeles, Hong Kong, Singapur und Seoul sowie einen Technik-Standort in Berlin. Die Echtheit der Stücke, die man im Netz kaufen kann, werde aufwendig geprüft, heißt es auf der Seite der Firma.
Auch die Secondhand-Plattform Vinted baut derzeit ihr Luxus-Angebot aus. Kürzlich übernahm sie die Plattform Rebelle, die vor allem auf Secondhand-Designerartikel spezialisiert war. Auch Vinted bietet eine Echtheitsprüfung für Designerstücke an. Das koste für Käuferinnen und Käufer zehn Euro. „Auf Vinted sind Artikel aus höheren Preissegmenten beliebt, sie werden vermehrt eingestellt und auch oft schnell gekauft“, sagt Rebelle-Gründerin Cécile Wickmann, nun Leiterin des Bereichs Luxus auf Vinted.
Aber nicht nur teure Marken, auch Breiten-Anbieter, etwa Onlineshops wie Zalando, About You und H&M bieten mittlerweile Kleidungsstücke aus zweiter Hand an. Experten sind sich sicher – der Markt wird weiter wachsen.