Die Messewirtschaft zieht wieder an – doch die Corona-Pandemie hat Schäden hinterlassen. Auch weil Personal abgewandert ist.
Messewirtschaft mit Corona-Bilanz670 Messen gestrichen, Milliardenschaden für Volkswirtschaft
Die Corona-Pandemie und die damit verbundenen Einschränkungen haben der deutschen Messewirtschaft schwer zugesetzt: fast 670 gestrichene Messen seit März 2020, bis zu 87 Prozent weniger ausstellende Unternehmen und Besucher auf den wenigen veranstalteten Messen zwischen den Lockdowns sowie mehr als 60 Milliarden Euro gesamtwirtschaftliches Minus und rund zehn Milliarden Euro weniger Steuereinnahmen.
Das ist die Schlussrechnung, die der Branchenverband AUMA anlässlich des Endes der Corona-Normen im Infektionsschutzgesetz am Karfreitag veröffentlicht, und die dem RedaktionsNetzwerk Deutschland (RND) vorab vorliegt.
In der Hochphase der Pandemie konnten demnach bis zu 180.000 Arbeitsplätze in der Branche nur noch durch Kurzarbeit gesichert werden. Wegen lange fehlender Öffnungsperspektive hätten Fachkräfte die Messewirtschaft dennoch verlassen, heißt es.
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„Novemberhilfen, Überbrückungsgelder sowie Kurzarbeit haben funktioniert und geholfen, das Schlimmste zu verhindern“, sagte Jörn Holtmeier, Geschäftsführer des Dachverbandes der deutschen Messewirtschaft AUMA, dem RND. Dennoch habe es auch „beißende Widersprüche“ in dieser Pandemie gegeben, so Holtmeier weiter. „Messeprofis wurde zwar der schnelle, unkomplizierte und ideenreiche Aufbau von Test- und Impfzentren anvertraut, nicht aber das sichere Durchführen ihres Kerngeschäfts zugetraut“, kritisiert der Branchenvertreter.
„Bei dreimal so hoher Inzidenz wie in Deutschland wurden in Madrid Messen unter erprobten Hygienekonzepten durchgeführt, in Amsterdam das Messe-Gelände von Lockdowns ausgenommen. In Paris, London und Dubai waren Messen längst möglich, als hierzulande Lockdowns noch ein großes Thema waren. Gezieltes Ermöglichen wie in Nordrhein-Westfalen hätte den enormen Schaden am Welt-Messeplatz Deutschland begrenzen können“, klagt Holtmeier.
Keine Hilfe bei freiwilligen Absagen von Messen
Der vom Bund aufgelegte „Sonderfonds Messen“ sei überwiegend ins Leere gelaufen, so der AUMA-Chef weiter. Dieser sollte Veranstalter, die Messen aufgrund eines behördlichen Messeverbots absagen mussten, entschädigen. „Fast immer waren die Gründe für Absagen aber andere: Strenge Regelungen, wie starre Personenobergrenzen, führten dazu, dass Messen wirtschaftlich nicht mehr machbar waren. Ein weiterer Grund war, dass Aussteller wegen Restriktionen nicht an- oder einreisen konnten“, erklärt Holtmeier. „Veranstalter, die freiwillig Messen wegen des Infektionsgeschehens absagten, gingen komplett leer aus.“
Beim Neustart des Messegeschäfts im späten Frühjahr vergangenen Jahres seien neue Hindernisse entstanden: Allein für die Anerkennung aller Corona-Impfstoffe der Weltgesundheitsorganisation habe das Bundesgesundheitsministerium ein halbes Jahr länger als die meisten anderen Länder. Unzählige ausländische Messeteilnehmer hätten dadurch nicht nach Deutschland einreisen können, berichtet der AUMA.
Jüngste Zahlen des Welt-Messeverbandes UFI spiegelten den Hürdenlauf der deutschen Messewirtschaft wider: Während in etlichen Wettbewerbsmärkten die Umsätze bereits ein Vor-Corona-Niveau erreichen, werden viele deutsche Messegesellschaften in diesem Jahr noch dahinter zurückbleiben.
Ein Vor-Corona-Niveau hierzulande erwarten AUMA-Fachleute frühestens im kommenden Jahr. Auch der Positivbeitrag der deutschen Messewirtschaft zum Bruttoinlandsprodukt bleibt hinter den Vorjahren deutlich zurück: Trug die Branche 2019 noch mit 28 Milliarden Euro dazu bei, waren es 2022 knapp 14 Milliarden Euro.