Düsseldorf – Was wird aus den Kohlebahnen der RWE Power AG im Rheinischen Revier nach dem Ende des Tagebaus? Das NRW-Verkehrsministerium hat eine Studie in Auftrag gegeben, inwieweit das rund 300 Kilometer lange Streckennetz für den allgemeinen Güterverkehr genutzt werden kann, nicht für den Personenverkehr. Der Auftrag ist ergebnisoffen.
„Gerade wegen der Bedeutung, mehr Güter auf der Schiene zu transportieren, ist das Ministerium für Verkehr offen für jeden Vorschlag, dieses Projekt zum Erfolg zu führen“, sagte ein Sprecher. Laut einer Prognose des Bundesverkehrsministeriums werden bis zum Jahr 2030 rund 38 Prozent mehr Güter transportiert werden. Der grenzüberschreitende Verkehr soll um 46 Prozent zunehmen, der Binnenverkehr um 31 Prozent. Als größtes Bundesland ist Nordrhein-Westfalen hiervon sowohl innerhalb des Landes als auch als Transitland besonders betroffen.
Studie bezieht sich nur für auf Güterverkehr
Die Studie beziehe sich ausdrücklich nur auf den Güterverkehr, so der Sprecher. Hiermit wird ein weiterer Baustein erstellt, um das politische Ziel der Landesregierung zu erreichen, mehr Güterverkehr von der Straße auf die Schiene und die Wasserstraßen zu verlagern. Sie sei zunächst eine Bestandaufnahme Lösungsvorschlägen. Wann Ergebnisse veröffentlicht werden, hänge auch von Gesprächen mit RWE ab.
Erste Vorüberlegungen zu einer Nachnutzung gibt es schon seit drei Jahren. Die Raumplaner des Kölner Büros Must Städtebau hatten sich im Oktober 2018 im Auftrag des Vereins Regio Köln/Bonn Gedanken über eine Nachnutzung gemacht. Die RWE-Trasse sei ein "echter Joker" zur Lösung der Güterverkehrsprobleme des Rheinlands, so ihr Urteil damals.
Denn ausgerechnet NRW ist der Flaschenhals auf dem Rhein-Alpen-Korridor, der wichtigsten europäischen Güterzugverbindung zwischen Rotterdam-Genua - 1300 Kilometer lang. Bis auf die Erweiterung des 73 Kilometer langen Abschnitts zwischen Emmerich und Oberhausen, die gerade in Angriff genommen wird, hat sich im bevölkerungsreichsten Bundesland noch nichts getan. Deshalb werden sich die Güterzüge noch Jahre weiter durch den überlasteten Bahnknoten Köln und das Rheintal quälen müssen. Alle haben geliefert: die Niederlande, die Schweiz und Italien. Nur Deutschland nicht.
"Die Planung und der Neubau einer Bahntrasse dauern viel zu lange, meistens Jahrzehnte", sagte Städteplaner Jan Benden, Geschäftsführer des Büros Must aus Köln. Die Werksbahn von RWE könne auf lange Sicht zu einer Trasse umgewidmet werden, über die sich große Teile des Gütertransits abwickeln ließen. "Eine eigene Strecke würde im bestehenden Netz mehr Platz für den Personenverkehr schaffen."
RWE-Streckennetz in Topzustand
Die Frage sei nur, wie die Häfen und die Großindustrie am Rhein und die rechte Rheinseite angeschlossen werden können. "Dazu bieten sich im Süden nach unserer Auffassung zwei Alternativen an", so Benden. "Entweder die Eifelstrecke oder eine rechtsrheinische Lösung." Dafür sei aber der Neubau einer Rheinbrücke nötig. Von dort könnte die Trasse dann durch neue Tunnel im Rheintal laufen. "Die Pläne sind im im Bundesverkehrswegeplan für 2030 ja enthalten."
Dass die Braunkohlebahn als Teil dieser internationalen Güterzugverbindung mal eine Rolle spielen könnte, hielt man bei RWE Power damals selbst theoretisch für undenkbar. Die Kohle- und Abraumzüge führen nach Bedarf, ließen sich in einem normalen Bahnbetrieb nicht eingliedern. Doch damals war vom vorzeitigen Ausstieg der Braunkohle bis spätestens 2038 auch noch keine Rede.
Rein technisch wäre das kein Problem. Die Spurweite stimmt, die RWE-Gleisanlagen müssen wegen der schweren Kohlezüge deutlich mehr Belastungen verkraften und sind in einem topgepflegten Zustand. Die vorhandene Infrastruktur nutzen und durch sinnvolle Ergänzungen auf die neuen Anforderungen vorzubereiten ist der Weg, den die Stadtplaner für das Rheinland 2030 vor drei Jahren vorschlugen.