Ein Zusammenschluss von Bergbau-Zulieferern, Dienstleistern und Wissenschaftseinrichtungen will das riesige Potenzial der Firmen heben.
Konzept für 378 UnternehmenNach dem Ausstieg aus der Kohle soll das Rheinische Rohstoff-Revier entstehen
Das Potenzial ist riesig, es muss nur gehoben werden, um der durch den auf 2030 vorgezogenen Kohleausstieg drohenden Deindustrialisierung des Rheinischen Reviers zu begegnen. Davon sind die Gründer von „Mine ReWir“ überzeugt. Der gemeinnützige Verein ist ein Zusammenschluss von Zulieferern und Dienstleistern und verfolgt das Ziel, für 378 Unternehmen, die zum Teil noch in hohem Maße von der Gewinnung und Verstromung von Braunkohle und RWE abhängig sind, neue Perspektiven zu entwickeln.
Kreislaufwirtschaft soll Ressourcen schonen
Man sei sich einig, dass die Region auch nach der Dekarbonisierung ein Rohstoff-Revier bleiben müsse, sagt Elisabeth Clausen, Mitgründerin des Vereins und Leiterin des Institute for Advanced Mining Technologies der RWTH Aachen, bei der Auftaktveranstaltung am Mittwoch in Aachen.
Die Professorin gilt als die Expertin für die Wirtschaftsstruktur des Rheinischen Reviers, die von kleinen und mittelständischen Unternehmen geprägt ist. Sie sagt, dass sich die Region bei der Transformation zum Rheinischen Rohstoff-Revier auf eine ressourcenschonende Kreislaufwirtschaft konzentrieren müsse.
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„Wenn wir über Energie sprechen, geht es auch um den Umgang mit deren Altlasten“, sagt Clausen. „Wie können wir die Rohstoffe, die in Rotorblättern von Windrädern oder Solarpanelen verbaut sind, wieder sinnvoll einsetzen? Wie entwickeln wir nachhaltige Technologien für eine verantwortungsvolle Nutzung der Ressourcen? Bergbau ist viel mehr als Braunkohle oder Steinkohle. Und ohne Rohstoffe geht nichts.“
Mittelständler können den Wandel nicht alleine stemmen
Noch ist die Zahl der Mitglieder von „Mine ReWir“ überschaubar, doch je näher das Jahr 2030 rückt, desto konkreter würden die Ideen, so Clausen. „Wenn wir die Möglichkeit bekommen, sie in einem Experimentierfeld umzusetzen und sehr konkret an Themen zu arbeiten, bin ich davon überzeugt, dass etwas Neues entstehen und Schwung entwickeln kann. Wir spüren eine hohe Dynamik. Wir sind auf einem guten Weg.“
Mit der Zukunftsagentur Rheinisches Revier (ZRR), die über die Fördergelder entscheidet, sei man im Austausch. Insgesamt stehen für Nordrhein-Westfalen 14,8 Milliarden Euro zur Verfügung.
Am Beginn des Strukturwandels müssten sich die Unternehmen zwingend auf eine neue Arbeitsweise einstellen. „Wir müssen unsere Kompetenzen bündeln, die über Jahrzehnte gewachsen sind und die alle aus dem Bereich der Rohstoffe stammen“, fordert Meike Jungbluth, Vorsitzende von „Mine ReWir“ und Vorstandschefin der Roskopf-Gruppe, eines Industrie-Dienstleisters mit 170 Mitarbeitenden, der auch über Jahrzehnte von der Stein- und Braunkohle abhängig war. „Wir waren immer der Tradition und der Stabilität verpflichtet. Innovativ waren wir nicht“, sagt sie selbstkritisch. Weil es im Zeitalter der fossilen Brennstoffe dazu keinen Anlass gab.
Über den Tellerrand hinausgucken
Das hat sich spätestens mit dem Ende des Steinkohlebergbaus im Ruhrgebiet geändert und bekommt durch den Klimawandel eine neue Dynamik. „Wir müssen über den Tellerrand hinausgucken, Netzwerke zwischen Wirtschaft und Wissenschaft fördern und den Input von Forschungsinstituten einholen“, so Jungbluth.
Das fällt den meisten der 378 Unternehmen mit hoher Abhängigkeit von RWE noch schwer. Wie viele Arbeitsplätze daran hängen, ist bisher nicht genau untersucht worden. „Die Betriebe müssen Visionen entwickeln, während der Alltag durch den Arbeitskräftemangel und die Digitalisierung schon schwer genug ist“, sagt Jungbluth. „Jetzt kommt noch der Strukturwandel hinzu.“
Rückgrat für ein geregeltes Auslaufen der Braunkohle
Es sei allen bewusst, dass dieser Weg durch den um acht Jahre vorgezogenen Kohleausstieg deutlich ambitionierter sei, sagt Elisabeth Clausen von der RWTH Aachen. Die betroffenen Unternehmen seien durch die verlängerten Laufzeiten der Kraftwerke zur Sicherung der Stromversorgung in Deutschland noch stärker eingebunden. „Sie bilden das Rückgrat für ein geregeltes Auslaufen aus der Braunkohle.“
Die meisten von ihnen hätten keine Innovations- und Forschungsabteilungen und seien nicht der Lage, neue Geschäftsmodelle aus eigener Kraft zu entwickeln. Kooperationen mit Wissenschaftsabteilungen an Hochschulen seien die Ausnahme. „Es muss sich eine neue Form der Zusammenarbeit entwickeln. Jetzt ist der Druck da, auf diesem Weg neue Projekte und Dienstleistungen auf den Weg zu bringen.“
„Mine ReWir“ will nach einer groben Untersuchung der Unternehmensstruktur und der Abhängigkeiten von RWE, die bereits im Jahr 2020 erfolgte, als der Verein noch ein vom Bundesforschungsministerium gefördertes Projekt war, in einem zweiten Schritt eine detaillierte Strukturanalyse für das Rheinische Revier erstellen.
„Wir wollen erfahren, wie groß der Grad der Betroffenheit vom Strukturwandel und wie hoch die Bereitschaft der Firmen zur Transformation ist“, sagt Clausen. Ob die Analyse zustande kommt, ist allerdings unklar. Noch ist über den Antrag auf Förderung nicht entschieden.