Am Mittwoch hat das Bundeskabinett das Rentenpaket II beschlossen. Es soll trotz der demografischen Entwicklung das Rentenniveau sichern.
AktienrenteWas Sie über das Rentenpaket der Bundesregierung wissen müssen
Es ist eine typische Reform der Ampelregierung: Viel Streit, viel Verzögerung – und am Ende einige fragwürdige Kompromisse: Am Mittwoch hat das Bundeskabinett das sogenannte Rentenpaket II beschlossen – gut ein Jahr später als angekündigt. Was steckt drin in diesem Paket? Die wichtigsten Fragen und Antworten.
Was ist das Rentenpaket II – und warum braucht es das?
Durch die Alterung der Gesellschaft wird das Verhältnis zwischen Beschäftigten und Rentnern immer ungünstiger: Immer weniger Beitragszahlende müssen für immer mehr Ruheständler aufkommen. Deshalb steigen die Beiträge und die Renten sinken. Gleichzeitig muss der Staat immer mehr Geld in die Rentenversicherung pumpen. 2022 betrug der Zuschuss bereits über 100 Milliarden Euro. Mit dem Rentenpaket II soll trotz der demografischen Entwicklung die Rentenhöhe stabilisiert werden.
Was soll das Rentenpaket II erreichen?
Die Reform sieht im Kern vor, das Rentenniveau – das ist vereinfacht ausgedrückt das Verhältnis der Renten zu den Löhnen – zu sichern. Um das zu erreichen, wird die schon heute bestehende gesetzliche „Haltelinie“ von 48 Prozent bis 2039 verlängert. Unter diesen Wert darf das Rentenniveau also nicht sinken. Ohne die Reform würde das Niveau nach den Prognosen der Regierung längerfristig auf unter 45 Prozent abrutschen. Die Regierung nennt ein Beispiel, um die Wirkung der Reform zu demonstrieren: Eine heute 57-jährige Krankenschwester, die 3100 Euro im Monat verdient und 2032 nach 45 Erwerbsjahren in Rente geht, würde den Angaben zufolge ohne Änderungen eine Rente von monatlich 1450 Euro bekommen (Beispiel ohne weitere Rentenanpassungen). Mit dem Rentenpaket wären es jedoch 1500 Euro.
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Was genau bedeutet das Rentenniveau von 48 Prozent für mich?
Das Rentenniveau ist nur eine Rechengröße. Es beschreibt das Verhältnis der sogenannten Standardrente (sie entspricht einer Rente nach 45 Beitragsjahren als Durchschnittsverdiener) zum Durchschnittseinkommen. Irrtümlich wird oft angenommen, das Rentenniveau stelle auf das letzte Gehalt vor dem Renteneintritt ab. Damit hat es aber nichts zu tun. Die gesetzliche Rente berechnet sich stets nach den eingezahlten Beiträgen im gesamten Berufsleben. Damit lässt sich aus den 48 Prozent auch keine Aussage über individuelle Rentenansprüche zu treffen.
Wie will die Regierung die Stabilisierung der Rente erreichen?
Die höhere Rente kann nur gewährleistet werden, wenn parallel dazu die Beträge angehoben werden. Deshalb verlängert die Ampelkoalition die bisher bis 2025 geltende Zusage der großen Koalition nicht, dass die Beiträge unter 20 Prozent bleiben. Nach der neuen Prognose der Ampel wird der seit 2018 bei 18,6 Prozent liegende Satz zwar bis 2027 weiterhin stabil bleiben. Ab 2028 wird allerdings mit einem Anstieg auf 20 Prozent gerechnet, ab 2035 dann mit 22,3 Prozent. Das ist immerhin ein Prozentpunkt mehr als bislang prognostiziert. Die Lasten tragen also insbesondere die jüngeren Beitragszahlenden.
Was ist das Generationenkapital beziehungsweise die Aktienrente?
Zunächst einmal: Der Begriff Aktienrente bezeichnet den ursprünglichen Plan der FDP, Rentenbeiträge der Versicherten direkt am Kapitalmarkt anzulegen und damit das gesetzliche Rentensystem schrittweise auf eine Kapitaldeckung umzustellen – im Unterschied zum heutigen Umlagesystem, bei dem die eingezogenen Beiträge nur Tage später an die Rentenbeziehenden ausgezahlt werden. Da SPD und Grüne diese Umstellung ablehnen, wurde der Plan geändert. Beim neuen Generationenkapital wird der Kapitalstock aufgebaut, in dem der Bund regelmäßig Geld einzahlt, das aus Krediten stammt. Inzwischen wird der Begriff Aktienrente aber synonym auch für dieses Verfahren verwendet.
Wie viel Geld soll mit der Aktienrente angelegt werden?
Geplant ist, dass in den kommenden 10 Jahren jährlich mindestens 12 Milliarden Euro vom Bund eingezahlt und am Kapitalmarkt angelegt werden. Bis Mitte der 2030er Jahre soll durch die Einzahlungen und den daraus erwirtschafteten Erträgen ein Anlagevermögen von rund 200 Milliarden Euro aufgebaut werden. Obwohl die Mittel über Schulden finanziert werden, werden sie im Übrigen nicht auf die Schuldenbremse angerechnet, womit sie die Spielräume für Ausgaben nicht einengen. Denn sie gelten als sogenannte „finanzielle Transaktion“, weil das Geld nicht ausgegeben, sondern angelegt wird.
Kann mit dem Geld tatsächlich eine nennenswerte Entlastung erreicht werden?
Die Entlastung bleibt überschaubar. Im Gesetzentwurf wird davon ausgegangen, dass sich mit dem Kapitalstock eine Rendite von sechs Prozent erwirtschaften lässt, was durchaus als realistisch gilt. Davon müssen aber im Schnitt drei Prozent für Zinszahlungen aufgewendet werden – schließlich stammt das angelegte Geld aus Krediten. Für die Rente bleibt dann eine Rendite von drei Prozent übrig. Das wäre bei 200 Milliarden Euro also ein Betrag von 6 Milliarden Euro. Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) spricht von einer Entlastung der Beitragszahlenden um 0,3 Prozentpunkte. Das ist in der Prognose für 2035 mit dem dann erwarteten Satz von 22,3 Prozent schon eingerechnet. Wird die Rendite nicht erreicht, muss der Beitrag entsprechend stärker steigen.
Wer verwaltet das Generationenkapital der Aktienrente?
Geplant ist ein Staatsfonds in Form einer öffentlich-rechtlichen Stiftung, die unabhängig von politischem Einfluss agieren soll. Blaupause dafür ist der Fonds zur Finanzierung der kerntechnischen Entsorgung (Kenfo). Dieser Fonds verfügt über 24 Milliarden Euro, die am Kapitalmarkt angelegt werden und so die Entsorgung von Atommüll finanzieren. Das Kenfo-Team soll künftig nicht nur den Atommüll-Fonds managen, sondern zusätzlich auch die Rentenmilliarden in der neuen „Stiftung Generationenkapital“. Kenfo-Chefin Anja Mikus hatte im RND-Interview dafür plädiert, bei der Geldanlage zum Beispiel Atomkraftwerksbetreiber, die Kohleverstromung und Rüstungsunternehmen auszunehmen sowie die Tabakwirtschaft und Unternehmen, die von Kinderarbeit profitieren.
Kann das Kapital von künftigen Regierungen wieder aufgelöst und für andere Zwecke verwendet werden?
Die Zweckbindung soll zwar gesetzlich festgelegt werden. Aber jedes Gesetz kann auch wieder geändert werden. Das gilt auch für die Höhe der Einzahlungen, die eine künftige Regierung jederzeit anpassen oder auch ganz stoppen kann.
Wirkt sich das Rentenpaket II schon auf die nächste Rentenerhöhung aus?
Nein. Sie steht längst fest: Die Renten steigen wie beschlossen zum 1. Juli in Ost und West einheitlich um 4,57 Prozent.