Seit 2017 ziehen mehr Menschen aus Köln heraus als neu in die Stadt. Je nach Alter ist die Entwicklung aber sehr unterschiedlich.
DatenanalyseWieso Köln Einwohner verliert – und welche Altersgruppen besonders betroffen sind
Immer mehr Menschen zieht es von der Stadt hinaus aufs Land. Und das nicht erst seit der Corona-Pandemie: Schon seit 2017 ziehen mehr Menschen aus Köln weg als neu in die Stadt. In den vergangenen Jahren hat sich dieser Trend stetig verstärkt. „Das Saldo wird in Summe immer negativer. Ein wesentlicher Treiber hiervon ist die Suburbanisierung“, sagt Jan Grade, Geschäftsführer des Immobiliendienstleisters Empirica Regio.
Das Unternehmen hat für eine Untersuchung Daten des Statistischen Bundesamtes ausgewertet. Wer die Stadt nun verlässt, wer weiterhin zuzieht und inwiefern die Region profitiert – ein Überblick.
Was zeigen die Zahlen aus Köln?
Bis 2016 war das sogenannte Binnenwanderungssaldo für Köln positiv. Das bedeutet, das insgesamt mehr Menschen nach Köln zogen als aus der Stadt heraus. Dabei wurden nur innerdeutsche Umzüge berücksichtigt. Zuzüge aus dem Ausland werden separat erfasst. Schon 2017 verlor Köln den Zahlen zufolge durch Umzüge im Saldo 2571 Bewohnerinnen und Bewohner. Bis 2021 ist diese Zahl weiter stark gestiegen – zuletzt verließen im Saldo 9783 Menschen die Stadt.
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Anders sieht die Entwicklung in der Region aus. Der Rhein-Erft-, Rhein-Sieg- und Rheinisch-Bergische Kreis gewinnen seit Jahren mehr Bewohner durch innerdeutsche Zuzüge dazu, als sie durch Wegzüge verlieren. Dahinter stehen je nach Alter und Lebenssituation der Menschen unterschiedliche Gründe. Einer gilt aber für alle: Viele zieht es aufs Land, weil sie in der Stadt keinen bezahlbaren Wohnraum mehr finden.
In Leverkusen sind die Ausschläge deutlich geringer. In den vergangenen Jahren hielt sich das Binnenwanderungssaldo überwiegend die Waage: 2019 und 2020 lag es bei 32. Im Jahr 2021 kippte es jedoch schwach ins Negative – damals zogen 241 Menschen mehr aus Leverkusen heraus als wieder hinein.
Wer zieht nach Köln?
Es sind vor allem junge Menschen und Berufseinsteiger, die es nach Köln zieht. Die Altersklasse 18 bis 25 ist dabei für den größten Teil der Zuzüge verantwortlich – hier liegt das Saldo bei 3728. Die umliegenden Kommunen verlieren dagegen Einwohner in dieser Altersklasse. Das ist wenig überraschend: Studierende und junge Berufstätige suchen traditionell die Anbindung an die lebendige Großstadt und ihre Infrastruktur. Auch in der Altersklasse 25 bis 30 Jahre ziehen mehr Menschen in die Stadt als wieder hinaus.
Hier hat sich die Dynamik zuletzt allerdings etwas abgeschwächt. So lag das Saldo 2018 noch bei 3400 – 2021 waren es nur noch 953. Das unterscheidet Köln von anderen deutschen Großstädten. „Das ist ein Zeichen dafür, dass die Berufseinsteiger Schwierigkeiten haben, eine Wohnung in Köln zu finden“, sagt Jan Grade. Deshalb ziehen sie häufiger direkt in eine Umlandkommune und pendeln in die Stadt.
Wer verlässt Köln?
Anteilig die größten Verluste gibt es in Köln in der Altersgruppe 30 bis 50 Jahre. Dort zogen 2021 insgesamt 7804 Menschen mehr aus der Stadt heraus als hinein. Diese Zahl ist zuletzt deutlich gestiegen. „Wir können in allen Metropolen einen ungebrochenen Trend ins Umland feststellen. Gerade junge Familien wandern ab“, sagt Sebastian Eraghi vom Hybridmakler Neho. Auch Jan Grade von Empirica stimmt dem zu. „Der Umzug ins Umland erfolgt heutzutage schon in einer frühen Phase der Familienplanung. Gleichzeitig nimmt der Zustrom der Berufstätigen ab“, sagt er.
Auch Senioren verlassen die Stadt, wenn auch in geringerer Anzahl. 2021 zogen im Saldo 1707 der 50 bis 65-Jährigen aus Köln weg, dazu 916 der Menschen über 65. „Die meisten Senioren wollen nicht mehr umziehen. Die, die es tun, suchen vor allem Eigentum im gut angeschlossenen Umland der großen Städte“, sagt Marian Kirchhoff, Geschäftsführer der Deutschen Teilkauf. Das Dorf sei nicht gefragt – denn Infrastruktur bleibt ihnen wichtig.
Wohin ziehen die Menschen?
Gerade bei den 30- bis 50-Jährigen, unter denen sich viele Familien befinden dürften, zeigt sich der Zug in den Speckgürtel: Hier sehen der Rhein-Erft-, Rhein-Sieg- und Rheinisch Bergische Kreis deutliche Zuwächse. Im Rhein-Erft-Kreis lag das Saldo 2021 bei 1709 Menschen, im Rhein-Sieg-Kreis bei 1614. Der Rheinisch-Bergische-Kreis ist mit 1214 etwas weniger beliebt. Ein ähnlicher Trend zeigt sich bei den unter 18-Jährigen, die üblicherweise mit ihren Eltern umziehen.
Was bedeutet die Entwicklung für Köln?
Zunächst einmal ist es wichtig, zu beachten, dass es sich bei den Zahlen um die Binnenwanderung handelt – Zuzüge aus dem Ausland werden nicht berücksichtigt. Auch wenn man diese beiden Werte mit einander verrechnet, ergab sich 2020 und 2021 allerdings eine negative Entwicklung für Köln.
Jan Grade hält es für denkbar, dass die Stadt unter diesen Bedingungen weiter schrumpfen könnte. Bereits 2021 und 2022 war auch die absolute Einwohnerzahl in Köln zurückgegangen. „Wenn der Wohnungsmarkt so knapp ist, tritt das Phänomen auf, dass Berufseinsteiger direkt ins Umland gehen. Auch die Arbeitsplätze verlagern sich teilweise ins Umland“, so Jan Grade. Die Frage sei, ob die Stadt es schaffen könne, mehr Wohnraum zu schaffen. „Da tut Köln sich schwer mit.“ Deshalb sei es wahrscheinlich, dass die Suburbanisierung weiter anhalten werde.