Carsten Brodesser (CDU) und Sabine Grützmacher (Grüne) sitzen für Oberberg im Bundestag. Trotz unterschiedlicher Parteien arbeiten sie an einigen Stellen gemeinsam.
Schwarz-grüne KoalitionBesuch bei Oberbergs beiden Bundestagsabgeordneten in Berlin
Für die beiden oberbergischen Bundestagsabgeordneten Carsten Brodesser (CDU) und Sabine Grützmacher (Grüne) endete am Dienstag die Sommerpause des Parlaments mit dem Start in die erste Sitzungswoche. Wir haben die beiden in Berlin getroffen und mit ihnen über Schnittmengen und Unterschiede gesprochen, die bei ihrer politischen Arbeit für Oberberg auftreten. Und ob sie sich eine Zusammenarbeit mit dem Bündnis Sahra Wagenknecht vorstellen können.
Wie oft pendeln die beiden zwischen Oberberg und Berlin?
„Ich bin eigentlich immer in Nicht-Sitzungswochen in Oberberg, es sei denn, es gibt Fachveranstaltungen wie den Digitalgipfel oder Delegationsreisen“, sagt Sabine Grützmacher. An den Wochenenden sind sehr oft auch Veranstaltungen in NRW, und durch den Vorsitz im neuen Kontrollgremium kommen für sie noch Termine bundesweit zu der Thematik dazu. Carsten Brodesser berichtet, dass sich bei ihm jährlich 24 bis 25 Sitzungswochen in Berlin mit den Wahlkreiswochen abwechseln. Manchmal hat er aber auch zwei Sitzungswochen hintereinander. In der Regel reist er am Sonntag an und kommt Freitagabend oder Samstag zurück.
Wie oft sehen sich Grützmacher und Brodesser in Berlin?
Die beiden Oberberger eint ihre Affinität für das Thema Finanzen. Beide sitzen für ihre Partei im Finanzausschuss des Deutschen Bundestags und sehen sich daher regelmäßig. In aller Regel einmal in der Woche. „Ansonsten sehen wir uns eher zufällig“, sagt Brodesser.
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Wie kommt man in den Finanzausschuss?
Brodesser vergleicht das mit der Wahl der Leistungskurse in der Oberstufe am Gymnasium. Man kreuzt seine Favoriten an. Dass ihre Parteien die beiden entsendet haben, liegt wohl auch daran, dass beide vor dem Einzug in den Bundestag in der Finanzwirtschaft (Brodesser) und als Geschäftsführerin einer Firma (Grützmacher) gearbeitet haben. Während Grützmacher ihren Schwerpunkt auf Technik, Digitales und Finanzen und vor allem auf die Bekämpfung von Finanzkriminalität legt, kümmert sich Brodesser im Ausschuss vor allem um die Fragen der Altersvorsorge und der Finanzmarktregulierung. Ferner engagiert er sich im Ausschuss für Menschenrechte und humanitäre Hilfe.
Wie läuft es, wenn Anliegen aus dem Wahlkreis kommen?
Natürlich spricht die jeweilige Wählerschaft erst einmal ihre Frau und ihren Mann in Berlin an. Als Mitglied der Oppositionspartei im Bundestag kann Carsten Brodesser nicht immer unmittelbar helfen, ein Anliegen nicht innerhalb der Regierung an die zuständige Stelle weitergeben. Doch über Bande kommen oberbergische Anfragen trotzdem oft auf den richtigen Weg. Zumal die heimische Wirtschaft bei ihren Anliegen regelmäßig zweigleisig fährt, also beide Abgeordnete anspricht, wenn es einen Wunsch gibt. Sabine Grützmacher sagt: „Wir machen das sehr kollegial, denn vielfach geht es ja auch um Arbeitsplätze in der Region. Wir verstehen uns da als Demokraten.“ Dass die beiden gemeinsam marschieren können, haben sie erst vor einigen Monaten gezeigt, als in Gummersbach eine Demo gegen Rechtsextremismus initiiert wurde. „Das hat hat mit Bürgermeister Frank Helmenstein sehr gut funktioniert“, erinnert sich Grützmacher.
Welchen Einfluss kann die Politik vor Ort nehmen?
Grützmacher hat aus jüngerer Zeit ein Beispiel, wie Politik auf kommunaler und auf Bundesebene Hand in Hand arbeiten können: So sei es beim Neubau der Sporthalle in Gummersbach-Strombach gelaufen, als die Stadt bei den Fördermitteln schon so gut wie draußen gewesen sei, dann aber doch über die Unterstützung aus Berlin im Rennen geblieben sei.
Was sagen die beiden zu einem Bündnis mit Wagenknecht?
Brodesser und Grützmacher sehen die BSW-Gründerin beide sehr skeptisch. Die Grünen-Politikerin beklagt, dass Sahra Wagenknecht fast nie in Berlin sei, während der CDU-Kreisvorsitzende zu Wagenknecht vor allem einfällt, dass sie zwar „glänzend inszenieren“ könne, zugleich aber „keine vernünftige Arbeit mit ihr möglich“ sei. CDU-Mann Brodesser scheut auch nicht den Vergleich mit der AfD, denn für ihn sind beide Parteien „Populisten“. Dabei schließt er nicht aus, dass das BSW auch im Westen über fünf Prozent bei den kommenden Wahlen kommt, obwohl die neue Partei in seinen Augen aus „Putin-Unterstützern und Postkommunisten“ besteht.
Wie soll die CDU in Thüringen eine Mehrheit schnüren?
Eine Patentlösung haben Brodesser und Grützmacher nicht. Beide sehen aber auch, dass es keine Mehrheit gibt, wenn das BSW bei der Regierungsbildung wie die AfD außen vor bleibt. Und wenn dann AfD-Spitzenmann Björn Höcke im künftigen thüringischen Landtag im dritten Wahlgang mit einfacher Mehrheit zum Ministerpräsidenten gewählt werden könne, öffneten sich der rechtsextremistischen Partei ungeahnte Möglichkeiten der Einflussnahme. Eine persönliche Einschätzung dazu, ob es am Ende für die CDU in Thüringen nur mit dem BSW als dem geringeren Übel geht, um die AfD und Höcke auszubremsen, bleibt aber erst einmal aus.
Wie soll es nach Meinung der MdBs mit der AfD weitergehen?
Grützmacher will ein Verbotsverfahren schnellstmöglich auf den Weg bringen. Brodesser stimmt dem grundsätzlich zu, hat jedoch die Sorge, dass das Verfahren am Ende nicht wasserdicht sein könnte und scheitern würde.
Wie können die Parteien der bürgerlichen Mitte der Entwicklung begegnen?
Eine Patentlösung gerade mit Blick auf die AfD haben weder Carsten Brodesser noch Sabine Grützmacher. Brodesser sagt, dass man die AfD bei den Themen stellen müsse. Also bei Europa, Ukraine, Migranten, Westbindung. Denn das, was von der AfD komme, seien vor allem „Lügen und populistische Parolen“. Grützmacher findet es schwer, der AfD mit Fakten zu kommen, denn sie komme vielfach über Social-Media mit verkürzten und plakativen Botschaften rüber.