„Unser Auto kommt maximal noch einmal durch den Tüv. Danach werden wir uns kein Neues anschaffen“, sagt die 33-jährige Kölnerin Judith Scholz. Wie viele andere Stadtmenschen mit Kindern hat sie das Lastenrad für sich entdeckt. „Man muss keinen Parkplatz suchen, ist schneller, und wenn man mal kurz vor dem Bäcker halten will, ist das auch viel einfacher.“ Täglich fährt sie mit ihrem Rad durch die Südstadt und erledigt damit alle Alltagsaufgaben: Kinder in die Kita oder zu Freunden bringen und einkaufen. Selbst bei schlechtem Wetter. Im Kasten vorne die einjährige Tochter Niko Filippa mit Einkaufstüten, hinten auf dem Gepäckträger der dreijährige Sohn Juri.
Wer sich kein Lastenrad kaufen möchte, kann sich für gelegentliche Transporte eins leihen: Das Rad „Kasimir“ steht in Köln bereit und kann kostenlos gemietet werden. Die Buchung funktioniert nach der Registrierung online: Über einen Kalender können Interessierte einsehen, wann das Fahrrad frei ist und an welcher Ausleihstation es zu diesem Zeitpunkt steht. Cafés, soziale Einrichtungen, Büros und Schulen unterstützen das Projekt und stellen kostenlos Stellplatz zur Verfügung. Kasimir soll eine Alternative zu kurzen Autofahrten sein und das Umdenken in der urbanen Mobilität fördern.www.kasimir-lastenrad.de
Nicht alle Familien, die ein Lastenrad besitzen, schaffen gleich das Auto ab, doch immer mehr nutzen das Rad wie einen Zweitwagen. Konkrete Zahlen liegen keine vor, doch nach Aussagen der Fahrradhändler nähme das Interesse an den Rädern immer weiter zu, sagt René Filippek, stellvertretender Pressesprecher des Allgemeinen Deutschen Fahrrad-Clubs ADFC.
Der Trend schlägt sich auch im stetig wachsenden Angebot nieder. Die Bandbreite reicht von Modellen aus dem Internet zum Zusammenschrauben für rund 800 Euro und Markenrädern, die bis zu 5000 Euro kosten können. Es gibt Räder mit und ohne Korb, mit zwei oder drei Rädern, mit unterschiedlicher Ausstattung und Zubehör. Daher sollten sich Käufer genau fragen, für welchen Zweck und welche Strecken sie das Rad benötigen und wie hoch ihr Budget ist, sagt René Filippek. Möchte ich Kinder und Einkäufe transportieren oder gar sperrige Lasten? Die meisten sogenannten Bakfietsen („Bak“ ist niederländisch und heißt „Kasten“) für Familien können rund 100 Kilo zusätzlich zum Fahrer aufnehmen. Darunter sind Räder wie das Babboe, die mit einer fertigen Ausstattung kommen. Bei anderen Herstellern wie Bakfiets.nl können die Käufer sehr genau bestimmen, was zur Ausstattung gehören soll.
Auf den Internetseiten Velotransport und Nutzrad kann man Lastenräder von rund 50 Herstellern vergleichen. Eine Sortierung nach Gewicht, Motor, Preis und so weiter ist möglich.
Im Idealfall sollte man unterschiedliche Modelle bei Händlern Probe fahren. Das zweirädrige Lastenrad erfordert beispielsweise ein wenig mehr Eingewöhnungszeit als das Dreirad, das jedoch träger ist und in den Kurven schneller umkippen kann. Bei sehr vielen Modellen kann der Käufer auch zwischen Motor und purer Beinkraft wählen.
Judith Scholz fährt ohne Hilfsantrieb. „Ich bin keine Kante“, sagt sie, dennoch komme sie mit ihrem Rad immer schnell in Fahrt auf ihrem Weg durch die Südstadt.
Südstadt: Carlmay-Fahrräder führt die Marken Nihola, Achielle und Winther Cargo. Severinswall 35, 50678 KölnTel: 0221/16 83 31 93www.carlmay.de
Südstadt
Stadtrad Kölnhat Gazelle-, Prana- und Yuba-Räder.Bonner Straße 53-63 50677 KölnTel: 0221/32 80 75 www.stadtrad-koeln.de