Der Wiener Platz in Mülheim ist eindeutig kein Lieblingsort. Ich würde jetzt nicht so weit gehen, ihn als sozialen Brennpunkt zu bezeichnen, aber schön ist anders. Nun gut, das gilt sicherlich für die meisten Verkehrsknotenpunkte der Stadt: Wahnsinnig schlecht gelaunte Menschen fluchen verpassten Bahnen hinterher, übermütige Halbstarke nerven mit dröhnenden Kirmes-Ufftata-Klingeltönen und morgendliche Trinker begrüßen den Tag mit Oettinger und Ernte 23. Urbaner Alltag könnte man meinen, aber am Wiener Platz fühle ich mich jedes Mal besonders unwohl. Naja, ich laufe zum Rheinufer und das hektische Treiben wird weniger.
Von der Tageskarte:Kürbisravioli mit Käsesauce und Kirschtomaten // 9,10 Euro
Gemüselasagne // 8,50 Euro
Russischer Zupfkuchen // 2,50 Euro
Kartoffelsuppe mit frischem Majoran // 4,50 Euro
Frühstück „Jakubowski de luxe“ mit Serrano-Schinken, Tomate/ Mozzarella, mittelaltem Gouda, Räucherlachs, gekochtem Ei, Konfitüre, Honig, Brötchen, Croissant, Kaffee und Prosecco oder frisch gepresstem Orangensaft // 14,90 Euro
An der Ecke Mülheimer Freiheit ist das Café Jakubowski. Der große Raum ist lichtdurchflutet. Neben dem Tresen rankt eine hübsche Blümchentapete Richtung Decke. Die Einrichtung vereint Designklassiker und Schätze aus den 50er Jahren. Ich suche mir einen Platz und ordere die Kürbisravioli. In den meisten Eckcafés sitzt man seinem Nachbarn quasi auf dem Schoß und sobald eine Mutter ihren Buggy in Bewegung setzt, muss die halbe Kundschaft wahlweise aufstehen oder kräftig den Bauch einziehen. Im Café Jakubowski ist jede Menge Platz. Man muss weder gegen das rege Gemurmel anschreien, noch fühlt man sich belauscht. Die Gerichte auf der Tafel wechseln täglich. Von 10 bis 18 Uhr gibt’s Frühstück und ab 12 Uhr warmes Essen. Die Kürbisravioli sind schön fruchtig. Um Käsesauce mache ich gewöhnlich einen großen Bogen (da kommt selten Gutes bei herum), hier handelt es sich allerdings um Sauce Mornay, also eine Béchamel mit Käse. Dazu gibt’s Rukola und Kirschtomaten, lecker. Das Café Jakubowski ist wie ein Familientreffen. Jeden Sonntag gibt es Schmorbraten (dringend reservieren). Inhaberin Silvia Beuchert geht gerne auf die Wünsche ihrer Gäste ein: „Wer kocht denn schon für sich alleine Rollbraten?“ An den Wänden hängen Porträts von lächelnden Seniorinnen in bunten Kittelschürzen. „Das sind die Damen von unserem Stammtisch. Die kennen wir seit Jahren.“ An einem der Fotos hängt ein Trauerflor. „Wir sammeln ihre wunderbaren Rezepte und machen daraus ein Kochbuch“, erklärt Silvia Beuchert. Ich bin sehr gerührt und freue mich auf dieses schöne Projekt. Gelebte Nachbarschaft. Für nächsten Sonntag wünsche ich mir übrigens Kohlrouladen.
Café Jakubowski, Mülheimer Freiheit 54, 51063 Köln, 0221/9661110, Öffnungszeiten: Mo bis Sa: 10 bis 24 Uhr, sonn-/ feiertags: 10 bis 19 Uhr