Die Kneipe am Eigelstein ist für viele zweites Wohnzimmer, hier bleibt keiner allein. Unsere Kolumnistin hat sich mit an den Tresen gesetzt.
SchönTrinken in KölnIm Greesberger gibt's keine Cocktails, aber gutes Kölsch und viel Gin
Sonntagabend, kurz nach acht im Greesberger. Zur Primetime ist die Kneipe voll. Nicht überbelegt, aber überraschend gut besucht für so einen Wochenendausklang. Studenten, Nachbarn, Musiker. Neuzugezogene, die sich selig unter Einheimischen fühlen. Kölner, die den Immis einen Abend lang das Gefühl geben, dazuzugehören. Zu späterer Stunde kommen Nachtschwärmer jeder Sorte und Menschen, die ihre Schicht für den heutigen Tag hinter sich haben. Alle, die hier zusammenkommen, ziehen ein paar lustige Kölsch dem heimischen Sofa vor. Das eint sie. Denn hier bleibt niemand allein am Tresen stehen, keiner muss traurig aufs Handy oder ins Bierglas starren. Kennenlernen gehört zum Konzept, Schwadroneure trifft man genug, in einer der nettesten Kneipen Kölns.
Würde das Greesberger nicht mitten in der schmucken Häuserreihe hinter der Eigelsteintorburg liegen, träfe „Eckkneipe“ am ehesten den Charakter. Kleiner Raum, zentrale Theke, Hinterzimmer vorhanden, Spielautomaten in Betrieb, mit einer beachtlichen Ansammlung Nippes, samt vergilbtem Charme der frühen 50er Jahre. Auch wenn die Kneipe seit ihrer Eröffnung im Nachkriegs-Köln mehrere Namens- und Besitzerwechsel erlebt hat, ist sie eine Institution geblieben, die vielen als Wohnzimmer dient und bis tief in die Nacht als Sammelbecken schillert: An sieben Tagen in der Woche ist bis 4 Uhr geöffnet.
Heute mal in die Kölsch-Kneipe
Stellt sich also nur noch die Frage, warum für die Bar-Kolumne eine Kölsch-Kneipe aufgesucht wird. Wo Gaffel, Astra und ein tschechisches Bier frisch gezapft reichlich fließen, Weißweinschorlen genauso gut gehen, ein Damengedeck (Kölsch mit Eierlikör oder Jenever) nicht nur eine Lachnummer auf der Karte ist, sondern mindestens so häufig verlangt wird wie das Herrengedeck (Kölsch mit Korn oder Wacholder). Tja, warum also Kölsch-Kneipe?
Alles zum Thema Eigelstein
- Motto und Zugweg für Geisterzug 2025 Jeisterzoch demonstriert gegen Kürzungen im Kulturbereich
- Verwaltungsgericht Köln Vergleich im Streit um Holzkohlegrills in der Weidengasse
- Am historischen Stadttor Winterzauber-Markt am Eigelstein lockt mit stimmungsvollem Angebot
- Vasen, Whisky, Tinte In diesen Kölner Läden findet man einfach schöne Geschenke
- Smartphone geraubt Polizei nimmt drei Tatverdächtige am Eigelstein fest
- Klage einer Anwohnerin Prozess gegen Grillrestaurant im Kölner Eigelstein gestartet
- Kölner Problem-Hotspot Wie der Ebertplatz zur Flaniermeile werden könnte
Weil ein bisschen Abwechslung das Leben interessant macht. Ralf, beinahe dienstältester Mitarbeiter im Lokal und veritabler Menschenversteher, bringt auch für die zwei Ladies am Tresen und ihr Verlangen nach „Cocktails“ Verständnis auf. Zuerst lacht er sich kaputt, und dann serviert er, so schnell kann man gar nicht „Nein, danke“ sagen, seine „fancy Mischung aus den 70ern“: Fanta-Eierlikör. Wohlwollend ausgedrückt sieht das Getränk aus wie ein wässriger Pastis, für alle weiteren Assoziationen ist hier nicht der richtige Ort.
Respektable Sammlung an Gin-Sorten
Wir probieren anstandshalber, auf weitere Experimente, wie Ralfs hausgemachten Mexikaner, Asbach-Cola oder Cuba-Libre verzichten wir, werfen einen Blick ins gut bestückte Schnapsregal und entdecken eine respektable Sammlung Gin-Sorten. Tanqueray, Hendricks, Siegfried, Gin Mare, Monkey’s, Gin de Cologne. Die Sache ist schnell entschieden, statt Cocktails gibt's Longdrinks, konkret Gin Tonic. Komplizierte Entscheidungen zur Tonic-Wahl (Rosmarin- oder Hibiskusnoten?) muss man hier zum Glück nicht treffen, es ist bewährtes Schweppes Tonic-Water, das frisch aus kleinen Glasflaschen zischt.
Und während der Sonntagabend erstaunlich viel Fahrt aufnimmt, läuft Ralf zu Hochtouren auf: Er vermittelt Architekten, Stiftungsgelder, Wohnungen, plant die nächsten Montags-Konzerte und sieht zu, dass keiner alleine steht in seinem „Kommunikationszimmer“. Ein neuer Sehnsuchtsort ist gefunden.
Das Greesberger in Kürze:
- Was muss man unbedingt probieren? Kölsch!
- Was kosten die Cocktails? Es gibt keine. Longdrinks: Asbach-Cola 4,80 Euro, Gin Tonic 6,80 und 8,80 Euro, Aperol-Spritz, Cuba-Libre etc. 6,80 Euro
- Gibt es auch Kölsch? Gaffel, 0,2 l 1,90 Euro
- Wer geht dahin? Stammgäste, Nachtschwärmer, Nachbarn
- Wie alt sind die Gäste? Ab 18 bis ca. 90
- Welches ist der beste Tag? Jeder. Mit 70 Gästen ist die Bar voll, kann immer passieren.
- Gibt es etwas zu essen? Buntes Ei 0,50 Euro, Frikadelle 2,50 Euro, Käsespätzle 6,50 Euro, Currywurst 7,90 Euro, Wildgulasch ab 11, 90 Euro.
- Läuft Musik? Montags gibt es häufig Live-Konzerte von Studenten der nahegelegenen Musikhochschule bei freiem Eintritt.
- Das Besondere: Kleiner Terrassenbetrieb vor der Tür für etwa 20 Gäste.
Greesberger Wirtschaft, Greesbergstraße 11, 50668 Köln, Tel. 0221- 94081614