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Lästig aber sinnvollFahrradhelme bieten Sicherheit und können auch Accessoire sein

Lesezeit 5 Minuten

Die Bereitschaft wächst, beim Radfahren einen Helm zu tragen. Doch gerade junge Erwachsene sind oft oben ohne unterwegs.

Der Mensch ist im Allgemeinen so gestrickt: Normalerweise behütet er, was ihm lieb, teuer und wertvoll ist. Zum Beispiel sein Smartphone. Marktforscher wollen herausgefunden haben, dass nicht weniger als 91 Prozent aller Handybesitzer ihr Mobiltelefon mit einer Hülle schützen.

Die wenigsten tragen regelmäßig einen Helm

Bei den Radfahrern sieht es eher mau aus: Nur etwas mehr als 20 Prozent entscheiden sich im Alltag regelmäßig für einen Fahrradhelm, um ihr bestes Stück zu schützen. Denn: Im Falle eines Unfalls mit Kopfverletzung kommen Helmträger deutlich besser davon.

US-Forscher der Universität Arizona legten Zahlen vor. Radfahrer mit Helm kommen demnach bei Unfällen vergleichsweise glimpflich davon: Sie erleiden deutlich weniger schwere Kopfverletzungen als helmlose Radler.

Ihre Auswertung der Daten von mehr als 6200 Patienten, die nach einem Fahrradunfall ein Gehirntrauma erlitten, zeigt: Bei den Helmträgern ist das Risiko für schwere Hirntraumata und auch für einen tödlichen Ausgang des Verkehrsunfalls um etwa 60 Prozent geringer.

Die Debatte um die Helmpflicht hält an

Die Debatte um eine Helmpflicht wird in Deutschland seit Langem geführt. Die deutsche Regierung plant derzeit hierzulande keine Helmpflicht. Um sich vor schweren Kopfverletzungen zu schützen, ist nach Meinung der Deutschen Verkehrswacht und des Allgemeinen Deutschen Fahrrad-Clubs (ADFC) ein Helm zwar sinnvoll. Zugleich ist der ADFC aber gegen eine Helmpflicht, weil sie „weder durchzusetzen noch zu kontrollieren“ sei.

Auch manche Fahrradexperten sprechen sich gegen eine gesetzliche Helmpflicht aus. Denn zu viele Menschen würden dann das Rad stehen lassen und auf das Auto oder öffentliche Verkehrsmittel umsteigen. Das brächte negative Folgen wie beispielsweise mehr Herz-Kreislauf-Erkrankungen mit sich.

Die Hannelore-Kohl-Stiftung hat hingegen Zahlen gesammelt, wonach sich in Deutschland 80 Prozent der schweren Hirnverletzungen mit Helmen verhindern ließen. Andere halten dagegen, dass auch ein Kopfschutz Unfälle nicht wirklich verhindern.

Die Niederlande sind ein Vorbild

Der ADFC fordert seit Jahren, das Radfahren in den Städten sicherer zu machen, mit einem Tempolimit für Autofahrer und besseren Radwegen. Und führen dafür das Beispiel vom Nachbarn in den Niederlanden an: Dort sind Radhelme kaum verbreitet, dafür aber die Unfallzahlen wegen der besseren Infrastruktur niedriger.

Dass ein Fahrradhelm die eigene Sicherheit erhöht, ist trotzdem den meisten klar. „Die Akzeptanz ist hoch“, weiß der Kölner Fahrradhändler Jörg Prumbaum. Mancher müsse sich einfach nur einen Ruck geben, um sich endlich für den Kopfschutz zu entscheiden. Rund 47 Prozent von Befragten in Deutschland setzen im Alltag bisher noch keinen Fahrradhelm auf.

Das ist das Ergebnis einer Umfrage aus dem Vorjahr. Danach radeln immerhin drei Viertel aller Kinder im Alter von sechs bis zehn Jahren mit Helm. Besonders die 17- bis 30-Jährigen sind Helmmuffel: Nur um die zehn Prozent tragen einen.

Für jeden Style gibt es den passenden Helm

Für diejenigen, die sich dafür entscheiden: So ein Kopfschutz ist längst auch Accessoire. Für jeden Style gibt es den passenden Helm, der überraschend hohen Tragekomfort bietet: „Die meisten sind überrascht, wie ultraleicht Helme sind“, sagt Radexperte Prumbaum.

Dass der Helm die Frisur platt macht, ist eine der meist gehörten Ausreden. Die beste Aussage, die man treffen kann, ist die: „Ich spüre meinen Helm fast gar nicht.“ Auch die Belüftung spiele dabei eine entscheidende Rolle, erklärt Prumbaum. Ein hutförmiger BMX-Helm mag cool sein. Mehr Luftzirkulation unterm Kopfschutz verschaffe der perforierte Trekking-Helm.

Schützen kann nur, was richtig sitzt. Um die richtige Größe zu finden, lässt man sich am besten bei einem Fahrradhändler beraten und probiert verschiedene Modelle aus. Denn erst das Anprobieren schafft Klarheit. „Natürlich gibt es verschiedene Grundgrößen.

Aber nicht alle Modelle sind für jede Kopfform geeignet“, sagt Jörg Prumbaum. Wenn der innen verstellbare Kopfring locker sitzt, aber trotzdem etwas drückt, dann stimmt die Passform einfach nicht.

Der Helm muss waagerecht sitzen

Fachleute geben folgenden Leitsatz aus: Der Fahrradhelm muss waagerecht auf dem Kopf sitzen – nicht tief in den Nacken oder in die Stirn ziehen. In der richtigen Position wird der Kopfring festgezogen, danach der Kinnriemen geschlossen. Zwischen Riemen und Kinn sollte ein Finger breit Platz sein. Der Verschluss sollte nicht direkt unterm Kinn, sondern etwas seitlich sitzen.

Zuletzt wird das Gurtdreieck um das Ohr eingestellt: Die Gurte sollten straff sitzen, ohne das Ohr zu berühren. Der richtige Sitz kann durch Rütteln und Anheben getestet werden. Logisch: Der Helm sollte sich möglichst wenig bewegen – und bequem dabei sein.

Kein Kopfschutz für die Ewigkeit

Jeder Fahrradhelm altert. Eine pauschale Aussage zur Haltbarkeit ist nicht möglich. Steht in der Anleitung oder auf dem Helm eine maximale Nutzungsdauer, sollte diese unbedingt eingehalten werden. Das bei Mikroschalenhelmen genutzte expandierte Polystyrol (EPS) ist nicht UV-stabil und versprödet unter hoher Lichteinwirkung.

Die harte Kunststoffschicht schützt das EPS vor hoher UV-Belastung, kann dies aber nicht ganz unterbinden. Es ist nur eine Frage der Zeit, bis der Fahrradhelm ausgetauscht werden muss. Durch die unterschiedliche Nutzung kann jedoch kein präziser Wert angegeben werden.

Die Lagerung eines Fahrradhelms im Stoffbeutel schützt ihn vor UV-Licht. Für Laien ist es nahezu unmöglich zu erkennen, ob das EPS bereits UV-Schäden hat. Daher empfiehlt sich, spätestens nach fünf Jahren den Helm austauschen.

Sind Schäden zu erkennen, wie bröseliges EPS oder eine Ablösung der Außen- von der Innenschale, ist ein Neukauf angesagt. Gleiches gilt nach einem Sturz: Sofort austauschen, auch wenn keine Schäden erkennbar sind.