Seit mehr als zehn Jahren wird über einen Radschnellweg gesprochen – warum das Projekt nun zu scheitern droht?
Brief an Oliver KrischerAlle wollen Radschnellweg von Frechen nach Köln - dennoch droht er zu scheitern

Die Realisierung des Radschnellwegs zwischen Frechen und Köln ist in weite Ferne gerückt. Das Bild zeigt einen Radschnellweg bei Essen.
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Es hätte ein Projekt mit Vorzeigecharakter werden können. Doch nun stehen die Zeichen für eine Realisierung des Radschnellwegs von Frechen nach Köln auf Stillstand. Die Idee, eine Verbindung speziell für Fahrradfahrer zwischen den beiden Städten zu schaffen und somit einen Beitrag zum Umweltschutz und zu einer Entspannung der Verkehrssituation zu leisten, ist bereits mehr als zehn Jahre alt.
Die Planungen für die etwa acht Kilometer lange Strecke waren schon weit fortgeschritten. Von Frechen aus wäre eine mögliche Route parallel zur Toyota-Allee, vorbei am Haus am See und weiter durch Lindenthal bis zur Universitätsstraße unweit des Aachener Weihers verlaufen.
Interessant wäre der Radschnellweg auch für viele Berufspendler, die offen für eine Alternative zum Auto sind – gelegentlich oder dauerhaft. Zwar ist der Umstieg auf zwei Räder auch heute schon möglich, aber ein Radschnellweg ohne viele Ampeln und Stopps wäre wesentlich komfortabler und hätte Modellcharakter gehabt. Auch für Studenten, die in Köln keine Wohnung finden und aufs Umland ausweichen müssen, wäre der Radschnellweg von Bedeutung gewesen.
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Rhein-Erft-Kreis, Frechen und Köln weisen auf die Wichtigkeit des Projektes hin
Dass das Projekt zunächst gestoppt ist, geht aus einer kürzlich bekanntgewordenen Information des Verkehrsdezernenten der Stadt Köln an den Verkehrsausschuss hervor. Hintergrund sind offenbar geänderte Zuständigkeiten und inzwischen gestiegene Kosten. Von rund 40 Millionen Euro war ursprünglich die Rede. Unterschiedliche Stellen von Straßen NRW, Städten, dem Rhein-Erft-Kreis bis hin zum NRW-Verkehrsministerium waren an der bisherigen Planung beteiligt. Diskutiert und infrage gestellt wurde in der Vergangenheit die vorgeschriebene Berechnung der Wirtschaftlichkeit.

Die Realisierung des Radschnellwegs von Frechen nach Köln – hier ein möglicher Verlauf – ist offenbar in weite Ferne gerückt.
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Die Stadtverwaltung Frechen, der Rhein-Erft-Kreis und die Stadt Köln halten das Projekt nach wie vor für sinnvoll und wichtig. In einem gemeinsamen Schreiben vom 27. Januar wurde NRW-Verkehrsminister Oliver Krischer nochmals auf die Wichtigkeit und Bedeutung des Radschnellwegs hingewiesen.
Auf Anfrage dieser Zeitung schreibt die Stadt Frechen: „Die Stadtverwaltungen von Köln und Frechen sowie die Verwaltung des Rhein-Erft-Kreises sind sich über das weitere Vorgehen in der Angelegenheit des Radschnellweges einig und sehen keinen anderen Weg zu einer möglichen Realisierung, als den Minister für Umwelt, Naturschutz und Verkehr des Landes Nordrhein-Westfalen darum zu bitten, die Vorgaben zum Wirtschaftlichkeitsnachweis zu überdenken beziehungsweise auf diesen Nachweis ganz zu verzichten und so das Alleinstellungsmerkmal eines Berufspendler-Radschnellweges hervorzuheben.“
ADFC Rhein-Erft vermisst die Ernsthaftigkeit bei der Stadt Köln
Der Vorsitzende des ADFC Rhein-Erft, Axel Fell, findet es „skandalös“, dass der Radschnellweg vor weiteren Hürden steht. „Der Rhein-Erft-Kreis und Frechen haben alles gemacht, was für die Realisierung notwendig ist. Allerdings hat die Stadtverwaltung Köln das Vorhaben in meinen Augen nie ernsthaft betrieben. Ich befürchte, dass das Projekt jetzt nichts mehr wird. Die Stadt Frechen hat die Trasse auf ihrem Gebiet festgelegt und alle Anschlussmöglichkeiten vorbereitet. Doch für Köln hatte das Projekt nie Priorität.“ Für Fell hätte der Radschnellweg Modellcharakter gehabt und wäre ein gutes Beispiel für die Vernetzung mit der Metropole gewesen.
Mit fassungslosem Kopfschütteln quittiert der Vorsitzende der SPD-Kreistagsfraktion, Dierk Timm, das mögliche Scheitern des Schnellradwegs. Die Verwaltungen des Rhein-Erft-Kreises und der Stadt Köln haben die Weiterführung des Projekts ausweislich eines aktuellen Sachstandsberichts vorerst eingestellt. Timm: „Die Landesregierung hat mit ihren absurden Wirtschaftslichkeitsvorgaben Radschnellwege faktisch unmöglich gemacht. Eine echte Verkehrswende, wirksamen Klimaschutz und gesunde Mobilität gibt es nicht zum Nulltarif. Den Wert einer guten Radwegeinfrastruktur kann man nicht alleine mit betriebswirtschaftlichen Berechnungen erfassen.“
Durch Änderungen der Vorgaben des Landes waren Radschnellwege Landstraßen gleichgestellt worden. Auch angesichts steigender Baukosten können Radwege damit faktisch nicht mehr die nötige Wirtschaftlichkeitswerte erreichen. Timm: „Das ist Verkehrspolitik von vorgestern, die sich ausschließlich auf das Verkehrsmittel Auto konzentriert. Der Landrat ist aufgefordert, sich mit Nachdruck bei der Landesregierung für eine Anpassung dieser hanebüchenen Vorgaben einzusetzen. Gleiches gilt für die Landtagsabgeordneten von CDU und Grünen und die Kölner Oberbürgermeisterin.“
Ihre Enttäuschung über das mögliche Scheitern des Radschnellwegprojektes Köln-Frechen haben jetzt auch die Ortsbürgermeisterin von Bergheim-Glessen, Anne Keller, und Kreistagsmitglied Helmut Paul in einem Schreiben an Landrat Frank Rock, Kölns Oberbürgermeisterin Henriette Reker und die Verkehrsdezernenten Ascan Egerer (Stadt Köln) und Uwe Zaar (Rhein-Erft-Kreis) zu Ausdruck gebracht.
Dabei erinnern sie in dem Brief auch an weitere wichtige Projekte und äußern ihre Besorgnis in Hinblick auf ein zeitnahes Zustandekommen umweltgerechter Verbindungen nach Köln und auch zu den neuen Standorten von Microsoft sowie anderen digitalen Unternehmen im Rhein-Erft-Kreis. In den Schreiben sprechen sie nicht nur den Radschnellweg an, sondern auch das Stadtbahn-Projekt zwischen Köln und Bergheim-Niederaußem sowie den Ausbau der Mobilitätsdrehscheibe Köln-Weiden-West.