Köln – Viele Branchen sind durch die Auflagen der Corona-Pandemie in Schwierigkeiten geraten. Mit am schwersten hat es die Gastronomen getroffen. Kurzfristige Schließungen, Öffnungen unter Auflagen, dann wieder Lockdown, nur Außengastronomie – Regelungen hat es viele gegeben. Nicht alle Kölner Cafés und Restaurants haben diese Zeit überstanden. Einige haben allerdings auch unabhängig von den Pandemie-Auflagen geschlossen. Wir geben einen Überblick, welche Lokale 2021 dichtgemacht haben und aus welchen Gründen. Diese Liste erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit, sondern zeigt einen Ausschnitt aus den Veränderungen in der Kölner Gastronomie-Szene.
Diese Kölner Lokale in Sülz haben geschlossen
1. Grünlilie
Seit 1986 gibt es das vegetarische Restaurant „Grünlilie“ am Weyertal – seit einigen Tagen nicht mehr. Ein Mangel an Kunden ist nicht der Grund sondern gesundheitliche Probleme der Wirtin sorgen für den Schlussstrich unter eine lange Gastronomie-Geschichte. Elke Paliantis ist mittlerweile 64 Jahre alt und möchte sich schonen, weil ihr Körper gerade nicht mehr mitspielt.
Die meisten Gäste waren Paliantis seit Jahrzehnten treu. „Nun wollen sie alle das Rezept für meine Vanillemousse“, stöhnt die Wirtin. Aber da müssen sie warten. Erst einmal muss ich wieder gesund werden.“ Dann möchte Elke Paliantis ein Buch schreiben mit ihren gesammelten Rezepten und vielen Geschichten, die sich in ihrem Lokal zugetragen haben.
Das Ladenlokal dürfte den alteingesessenen Sülzern bekannt sein: Bereits 1919 eröffnete an selber Stelle das Café Osterspey, ein beliebter Treffpunkt für Kuchenliebhaber. Davon zeugte noch der Schriftzug über dem Café Midsommar.
Mittlerweile ist der Schriftzug auf der Luxemburger Straße nicht mehr bloß ein nostalgisches Souvenir, sondern Realität: Das 1919 gegründete Traditionscafé hat nämlich neue Betreiber: Lea Schlosser und Kevin Thomas Kleber. Die beiden Konditoren sind von dem schmucken Ladenlokal und dessen Vermietern, den Nachkommen des Gründers, begeistert. „Wir sind mit den Osterspeys in regem Kontakt. Die sind total froh, dass die Tradition des Opas nun fortgeführt wird und unterstützen uns sehr dabei“, so Kleber.
3. Café Krümel
„Man kann das mit Beziehungen vergleichen: Irgendwann ist es gut, sie zu beenden“, sagt Wolfgang Neuhaus, Inhaber des „Café Krümel“ in Sülz. So geht es ihm auch mit seinem Lebenswerk: Nach 40 Jahren machen der 70-Jährige und seine Ehefrau Ursula „Schluss“ mit dem Traditionslokal in Sülz.
Die Pandemie war zwar nicht der Auslöser, so Neuhaus, aber ohne Lockdown hätte er noch bis 72 oder 73 weitergemacht und am Ende wäre er dann erst mit 75 ausgestiegen. „Man ist so in seinem Hamsterrad“, stellt der Gastronom fest. Die Belastung durch sechs Stunden Arbeit am Tag spüre er mittlerweile körperlich durchaus. Im Frühjahrs-Lockdown seien er und seine Frau Ursula Neuhaus außerdem auf den Geschmack gekommen, anderes zu erleben. Angst vor Leere habe er nicht. „Wir waren viel wandern im Bergischen, das war wunderbar. Wir werden sicher zurechtkommen, zumal wir einige Urlaube nicht gemacht haben.“
4. Unsicht-Bar
Die Unsicht-Bar an der Ecke Luxemburger Straße/Klettenberggürtel gibt es nicht mehr. Bereits im Sommer 2020 seien er und das Team pandemiebedingt an den „Rand des Tragbaren“ gebracht worden, schreibt Inhaber Boris Swaczyna in einem Eintrag auf der Internetseite.
„Derzeit ist die unsicht-Bar in Berlin die einzige geöffnete unsicht-Bar. Der Kölner Standort in der Luxemburger Straße hat die Coronakrise letztendlich doch nicht überlebt. Es gibt aber schon einen möglichen neuen Betreiber, der aktiv auf der Suche nach einem geeigneten, neuen Ladenlokal ist“, ist auf der Homepage zu lesen.
Das Konzept der Unsicht-Bar ist besonders, weil die Gäste im Dunkeln essen und die Gerichte und Getränke von blinden und sehbehinderten Servicekräften serviert werden. Diese finden sich in der Dunkelheit gut zurecht, für die Gäste ist es oftmals eine völlig neue Erfahrung.
Diese Kölner Lokale im Agnesviertel haben geschlossen
1. Metzger & Marie
Eins möchte Koch Marc Flogaus von vorneherein klarstellen: Er und Ehefrau Nadine Flogaus vom Eckrestaurant „Metzger & Marie“ „sind keine Corona-Opfer“. Die Gründe für die bevorstehende Schließung ihres Restaurants an der Kasparstraße im Agnesviertel seien vielschichtiger. „In der Pandemie haben wir eine andere Sicht auf die Dinge bekommen. Die Firmen, die wir neben dem Restaurant seit Jahren führen, sind in den letzten 18 Monaten größer geworden“, sagt der gelernte Metzger. Dazu gehören der Online-Getränkehandel „marcundphilipp“ und ein Catering-Service.
2011 eröffneten die Flogaus ihr gleichnamiges Lokal, seit 2015 heißt es mit erneuertem Konzept „Metzger & Marie“: Hier gibt es anspruchsvolle Hausmannskost, wie etwa Kalbsknochen, Wiener Schnitzel oder Ochsenbäckchen. Flogaus ist auch seit sechs Jahren Küchenchef des 1. FC Köln. Pandemiebedingt sei es um die Küche im Geißbockheim zuletzt jedoch etwas ruhiger geworden, erzählt er.
2. Zippiri Gourmetwerkstatt
Sieben Jahre lang haben sie das gastronomische Angebot im Agnesviertel bereichert: die Zippiri Gourmetwerkstatt an der Riehler Straße. Seit 17. Januar ist das vorbei.
Mit der Entscheidung haben die Betreiber Monate gerungen, doch die Räumlichkeiten erschwerten ein Arbeiten unter Corona-Auflagen: „Wir haben nach dem ersten Lockdown im Mai unsere beiden Standorte wieder geöffnet, doch das Lokal in der Riehler Straße nach circa einer Woche wieder geschlossen. Wo sonst 36 Gäste Platz finden, konnten es dann nur noch acht sein. Bei sechs bis sieben Mitarbeitern wäre das nicht möglich in unserem Segment“, sagt Gastronom Michele Lauricella. Und meint damit das Luxussegment, in dem sich das Restaurant mit seiner gehobenen sardischen Küche – Zippirì bedeutet Rosmarin auf Sardisch – bewegt. „Da kann man nicht einfach auf den Patissier verzichten, es sei denn man schreibt sein ganzes Konzept um“, sagte Lauricella.
Doch die Gäste der Zippiri Gourmetwerkstatt können aufatmen: Die ein Jahr vor Ausbruch der Pandemie eröffnete „Wynbar“ an der Aachener Straße bleibt erhalten.
Diese Kölner Lokale in Nippes haben geschlossen
1. Café Kommödchen
„Durch die Pandemie ist man um Jahre zurückgeworfen worden“, sagt Franz Lauer vom Café „Kommödchen“. Ende September 2021 verkündeten er und seine Frau Ingrid Lauer nach monatelanger Corona-Pause ihren Abschied: Das Traditionscafé in der Merheimer Straße musste schließen. „Nach 38 Jahren verabschieden wir uns, beschleunigt durch die Pandemie, in den Ruhestand. Wir danken allen Gästen für ihre Treue“, schrieb das Ehepaar auf Facebook.
Das Café war über die Sommermonate geschlossen geblieben. Offen hatten sie noch gelassen, ob sie im Herbst zurückkehren – dann der Schlussstrich. „Wir wollten eigentlich weitermachen, hatten noch renoviert, den Boden und die Holzvertäfelung abgeschliffen, neu gestrichen“, erzählt Lauer. Aber dann hätten sie nicht die nötige Motivation für einen Neuanfang gefunden. „Ich bin 63, die Hälfte unserer Mitarbeiter ist über die Pandemie weggegangen und wir wollen nicht mehr von vorne anfangen“. Verlorene Umsätze aufholen, sich mit Personalproblemen herumschlagen, die derzeit viele Gastronomen haben: Es reiche.
2. Mitica Italia
Nippes ist um einen gastronomischen Treffpunkt im „Veedel“ ärmer: Das italienische Restaurant „Mitica Italia“ in der Scharnhorstraße am Leipziger Platz schließt nach 24 Jahren schließt. „Das ist der Wahnsinn“, sagt Domenico Freno, Sohn des Inhabers Fortunato Freno. Er habe mit dem Ausmaß an guten Wünschen nicht gerechnet. „Wir haben auch auf den privaten Kanälen so viele Nachrichten erhalten, da waren wir ganz gerührt, und auch traurig“, sagt der 36-Jährige. Doch es hilft nichts: Der Familienbetrieb wird eingestellt, „aus gesundheitlichen Gründen“, wie die Gastronomen verkünden.
Vater Nato habe bereits vor mehr als zwei Jahren eine schwere Krankheit erlitten, aufgrund der er schon einmal ein halbes Jahr ausgefallen sei, erzählt Sohn Domenico. „In der Zeit habe ich übernommen. Dann hat er sich zwar auch wieder erholt, doch durch den Stress, den ein Familienbetrieb eben mit sich bringt, kamen andere Beschwerden hinzu“. Im Lockdown habe man bis in den Sommer noch so viel gearbeitet, wie es ging: Das To-Go-Geschäft lief. Doch während der Vorbereitungen auf das Alltagsgeschäft mit Service und Vollbetrieb sei der Familie bewusst geworden, dass sie es auf Dauer bei angeschlagenem Gesundheitszustand des Vaters nicht mehr schaffe.
Dieses Kölner Lokal in der Südstadt hat geschlossen
Brasserie aller Kolör/Bagatelle Bar
Die Betreiber der Brasserie aller Kolör gaben am 27. Januar auf Facebook bekannt, dass das Restaurant geschlossen wird. „Ein Betrieb ohne die vielen Veranstaltungen und Konzerte im Keller, ohne Karneval und fast ohne Reservierungen, für den gesamten Rest des Jahres 2021, wird sich wirtschaftlich nicht lohnen“, heißt es in dem Beitrag. Neben der Brasserie betreiben Daniel und Reja Rabe drei Restaurants unter dem Namen „Bagatelle“.
Auch der Nachfolger „Bagatelle Bar“ stellte im November vorerst den Betrieb ein. Laut Rabe fehlt wegen abgesagter Veranstaltungen fast die Hälfte des Umsatzes. Rabe erklärt dazu auf Facebook: „Auch Kleingruppen sagen ihre Reservierungen immer häufiger ab. Es ist unmöglich, unter diesen Umständen wirtschaftlich zu arbeiten“. Der Gastronom stellt nun dem Testanbieter „Medicare“ die Räumlichkeiten des Lokals zur Verfügung, damit laut Rabe die „zu geringen Testkapazitäten in der Südstadt ausgeglichen“ werden können.
„Wir wollen uns neuen Projekten widmen und vor allem mehr Zeit für die Familie haben“, sagt Matthias Willomitzer zum Aus des Restaurants. „Ich habe einen fünfjährigen Sohn, der will abends auch mal seinen Papa sehen.“ Der Pachtvertrag in Mülheim laufe gegen Ende des Jahres aus. In dem Zuge habe man sich gegen eine Verlängerung entschieden. An den Standort an der Mülheimer Freiheit soll nach dem Abschied des „Willomitzer“ wieder eine Gastronomie einziehen, was genau, ist noch unklar.