Köln-Sülz – Dem Genuss einer Tasse Kaffee beim morgendlichen Frühstück oder in der Mittagspause steht nicht selten die Verzweiflung eines Produzenten in Süd-, Mittelamerika, Asien oder auf dem afrikanischen Kontinent gegenüber. „Kaffee ist ein Luxusgut, das wir wertschätzen sollten“, sagt Maren Ernst. Doch der Preis, der überwiegend an der Börse gehandelten Bohnen, ist zu gering, um die Kostbarkeit des Gutes widerzuspiegeln. Demnach gilt Rohkaffee nicht als Lebensmittel sondern als Rohstoff. Der Wert ist damit Schwankungen und Spekulationen ausgesetzt.
Ernst Kaffeeröster in der Kölner Südstadt
Um ihre Leidenschaft für die erst grüne dann schwarze Bohne für andere erlebbar zu machen, wagte Ernst vor acht Jahren den Sprung in die Selbstständigkeit und gründete ihre erstes Café auf der Bonner Straße. Ende April erfolgte die Eröffnung ihrer zweiten Filiale in den ehemaligen Räumen des Kafe Local im Weyertal. Beide Läden heißen „Ernst Kaffeeröster". Die hauseigene Marke wird in der eigenen Fabrikationsstätte in Pulheim geröstet. Gestärkt durch ihre Erfahrungen im Marketingbereich eines bekannten Kaffee-Konzerns und zahlreiche Reisen in die Herstellungsländer, setzt die 44-Jährige auf ihre Vorstellung von fairem Handel und Kundengewinnung.
Beim Betreten des Cafés unweit der Zülpicher Straße fällt zunächst die nüchterne Einrichtung auf. Weder Wohnzimmeratmosphäre noch Restaurant-Look als klassisches Ambiente erwarten die Gäste. Stattdessen wirkt der Gastraum komplett auf das Wesentliche reduziert: Eine Bar, wenige Tische und Stühle in hellen Farbtönen.
Die Auswahl an Speisen ist begrenzt. Dafür findet der Besucher ein Regal, gefüllt mit Kaffee-Sorten aus aller Welt. Die Reduktion von Beiwerk ist gewollt. „Wir fokussieren uns auf Kaffee“, berichtet Ernst. Und den wolle man erlebbar hinsichtlich seiner vielfältigen Geschmacksnuancen machen. Neben dem üblichen Café-Betrieb bieten Ernst und ihr Team Interessenten auch Workshops an, in denen Wissenswertes über Kaffee vermittelt wird.
Das Café Ernst
Im Café Ernst kostet ein kleiner Filterkaffee 2,80 Euro, der Cappuccino 3,20 Euro, ein Stück Kuchen 3,50 Euro. An den Wochenenden gibt es dazu selbstgebackene Waffeln. Doch auch veganes Bananenbrot oder portugiesische Vanilletörtchen stillen den kleinen Hunger. Ernst Kaffeeröster, Weyertal 32, 50937 Köln, Tel.: 0221-16823207, Öffnungszeiten: Montag - Freitag 8 bis 19 Uhr, Sa., So., Feiertage 10 bis 19 Uhr
Von der Sensorik über die richtige Durchlaufzeit bis hin zu Aufschäumungstechniken eicht die Bandbreite der Exkurse ins Kaffee-Universum, die für 75-95 Euro buchbar sind. Hinsichtlich des inflationär genutzten Schlagwortes „Fair Trade“ hat die Chefin eine klare Meinung: „Die Art, wie wir gelernt haben, ein Pfund Kaffee für 3,99 Euro zu konsumieren, ist de facto falsch“, sagt die Barista. Demnach erfolgt der Einkauf über Rohkaffeehändler. Man kenne jedoch auch Farmer persönlich, so Ernst. Der Verbraucher müsse daher bereit sein, etwas tiefer in die Tasche zu greifen. 250 Gramm Bohnen aus El Salvador, Ruanda, Brasilien oder Honduras kosten rund 18 Euro. Via QR-Code auf der Packung sind zudem alle wesentlichen Infos zum jeweiligen Anbauer ersichtlich. Neben den eigenen Cafés beliefert Ernst Läden und Cafés in ganz Deutschland.
Sogar international werden die Erzeugnisse mit Tendenz zur Fruchtnote geschätzt. „Ein guter Kaffee muss für mich clean, also klar, sein. Ich mag ihn am liebsten schwarz. Mir ist wichtig, dass ich die Aromen herausschmecke. Es darf nicht zu viel Röstaroma sein. Am liebsten trinke ich einen gebrühten Filterkaffee, mag aber natürlich auch einen Espresso“, verrät die Expertin ihre Erwartungen und Favoriten. Neben den Klassikern schätzt Ernst das Experimentieren. Cold-Brews mit verschiedenen Fruchtsorbets oder Nitrocoffee in der Dose (eisgekühlter Kaffee mit Stickstoff versetzt) zeugen von den Möglichkeiten der Geschmackserweiterung. „Es ist immer wieder schön, wenn man die Leute mit unerwarteten Geschmackvarianten überraschen kann“, findet Maren Ernst und freut sich über die schnelle Akzeptanz des Cafés im Veedel.