Kennen Sie die „Pariser Regel“? Eben! Was man wissen sollte, wenn man förmlich oder informal Gäste einlädt, erklärt unser Kolumnist.
„Formverstöße werden bestraft“Sterne-Gastronom Vincent Moissonnier erklärt, wie Sie richtig einladen
Man unterscheidet grundsätzlich die förmliche und die informelle Einladung. Nehmen wir an, Sie möchten aus beruflichen oder repräsentativen Gründen eine Reihe von Personen zu einem Essen einladen. Dann ist das ein förmlicher Anlass. Dafür wählen Sie unbedingt die Schriftform, genauer gesagt, eine gedruckte Einladungskarte, die man als „Karton“ bezeichnet. Eine lediglich telefonische Anfrage oder eine E-Mail unterlaufen die Gepflogenheiten oder Erwartungen, die an einen solchen Anlass gestellt werden. Jeder kleine Fehler führt in Kreisen, „die etwas auf sich halten“, unweigerlich zu Absagen. Formverstöße – werden bestraft.
Die „Pariser Regel“ besagt, dass man die Einladung etwa drei Wochen vor dem Termin verschicken sollte. Vielleicht denken Sie jetzt: Ist das nicht viel zu spät? Da sind die Leute doch längst verplant! Ich halte dem entgegen: Wenn Sie früher einladen, kommt einem nicht unerheblichen Teil der Gäste bestimmt was dazwischen.
Wunschgäste schreiben Sie mit vollem Namen und Titeln an
Auf den Karton gehören Name und Funktion des Gastgebers, gegebenenfalls auch mit dem Logo oder Signet der Institution, die Sie bei der Einladung vertreten. Das wirkt zugleich offiziell und edel. Ihre Wunschgäste schreiben Sie mit vollem Namen und (akademischen) Titeln an, auch wenn Sie die Betreffenden persönlich kennen, gar mit ihnen per Du sind.
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Sodann nennen Sie Sujet und Anlass der Einladung: Sektempfang, Cocktail-Abend, Dinner… „zur Feier des … / zu Ehren von …“. Im nächsten Schritt geben Sie Ort und Zeit des Treffens an. Empfänge, die nicht den ganzen Abend beanspruchen sollen, waren früher für zwei Stunden angesetzt, gern zwischen 17.30 Uhr und 19.30 Uhr. Das hat sich mittlerweile – die Leute arbeiten länger – nach hinten verschoben. Ein Termin von 19 Uhr bis 21 Uhr ist heutzutage ganz normal.
Als Letztes ist die Angabe des Dresscodes angezeigt. Es ist für Ihre Gäste wichtig zu wissen, ob sie in Jeans und Pullover kommen können oder ob Anzug und Kleid oder Kostüm erwartet werden. Ich bin selbst einmal voll auf die Nase gefallen, als der frühere Präsident der Kölner Anwaltskammer meine Frau Liliane und mich zu einem Treffen am frühen Abend in ein Brauhaus eingeladen hat. Mündlich, wohlgemerkt. „Kommen Sie einfach so“, hatte er noch gesagt.
Es war ein heißer Juni-Tag, 34 Grad im Schatten. Folglich hatte ich Leinen-Bermudas an, ein gelbes T-Shirt und Latschen, Liliane trug ein leichtes Sommerkleid. Schon beim Eintreffen hatten wir das Gefühl: Hier stimmt was nicht. Wir gehen also in die erste Etage und treffen – auf lauter Smokingträger. Für den sofortigen Rückzug war es zu spät, weil der Gastgeber mich schon erspäht hatte und herzlich begrüßte. Außer in Alpträumen habe ich mich mein ganzes Leben nicht so unwohl gefühlt, und natürlich haben wir bei erstbester Gelegenheit die Flucht ergriffen.
Bis zu zehn verschiedene Dresscodes
Manche Ratgeber unterscheiden bis zu zehn Dresscodes, die heutzutage meistens in Englisch angegeben sind.
„Casual“ bedeutet Freizeitkleidung, aber weder Strand-Outfit noch Sportdress.
Bei „Business Casual“ sollten die Männer zu einem offenen Hemd und passenden Hosen greifen, die Frauen zu Wohlfühlmode: Bluse, Pullover, Rock, Stoffhose.
Etwas formeller geht es – wie der Name schon sagt – bei „Business formal“ oder „Business“ zu. Man(n) trägt dunklen Anzug und Krawatte, frau ein schickes Kostüm, ein halblanges Kleid oder einen Hosenanzug.
„Informal“ in Verbindung mit Abendveranstaltungen meint verwirrenderweise sehr wohl eine formelle Kleidung, die sich im Grunde nicht vom Business Dresscode unterscheidet: dunkler Anzug für Herren, elegantes, halblanges Kleid für Damen.
In den hoch eleganten und hoch offiziellen Bereich der Abendgarderobe gehen die Bezeichnungen „Black Tie“ (Smoking, langes Abendkleid) oder „White Tie“ (Frack, langes Abendkleid).
Als Eingeladener antworten Sie bis zum angegebenen Stichtag. Oft liegt der Einladung eine entsprechende vorgedruckte Karte bei. Die füllen Sie handschriftlich aus, unterschreiben und datieren sie aber nicht. Wenn Sie absagen, macht der zusätzliche Vermerk eines Grunds immer einen verbindlichen Eindruck. Sie lassen Bedauern erkennen, dass und warum Sie der Einladung nicht folgen können.
Mit informellen Einladungen tun sich alle etwas leichter
Ich hoffe, Sie kommen vor lauter Vorschriften nicht ins Schwitzen. Die Hauptsache ist, Sie registrieren die Vorgaben der Gastgeber und stellen sich darauf an – damit Sie nicht so dumm dastehen wie ich in meinen Bermudas.
Mit informellen Einladungen tun sich alle etwas leichter. Schon die Einladungsfrist kann kürzer sein – eine Woche reicht. Nach Gefühl können Sie sich und Ihren Gästen aber auch etwas mehr Vorlauf gönnen.
In einer schriftlichen Einladung steht natürlich der Name des Gasts sowie der Anlass und das Sujet – wie gesagt: Sekt-Empfang, Mittag- oder Abendessen und so weiter. Der Text darf verbindlicher sein: „Ich würde mich sehr freuen, wenn Sie … kommen würden.“
Antworten können Sie auf eine informelle Einladung wiederum mit einem Brief. Aber auch ein Telefonanruf, eine Mail oder eine Textnachricht sind erlaubt.
Aufgezeichnet von Joachim Frank