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„Michelin“-AuszeichnungStern für ein Kölner Bistro, das gar keinen wollte – Ein Klassiker verliert seinen Stern

Lesezeit 4 Minuten
Liliane und Vincent Moissonnier

Liliane und Vincent Moissonnier

Der neue „Michelin“ hat den Wunsch eines berühmten Kölner Gastronomen nicht erfüllt. Und ein Klassiker hat seinen Stern verloren.

Das „Le Moissonnier Bistro“ hat erst im Herbst 2023 eröffnet. Der Vorgänger in denselben Räumen hatte zwei Sterne und schloss nach 36 Jahren. Inhaber Vincent Moissonnier wollte neu anfangen, weniger Druck. Und er hatte sich sogar gewünscht, keine Bewertungen mehr zu erhalten. Doch der Wunsch wurde ihm nicht erfüllt. Die Tester des „Michelin“ verliehen ihm umgehend wieder einen Stern. Das „neue anspruchsvolle Bistro-Konzept“ habe schon in den wenigen Monaten überzeugt.

Vincent Moissonnier reagierte auf die Nachricht in gewohnt offener Art: „Ich wusste von gar nichts, auch wenn es einiges Geraune gibt. Am liebsten wäre es mir gewesen, ich hätte das Thema Sterne endgültig hinter mir lassen können. Aber eine unabhängige Redaktion darf machen, was sie will“, sagte er dem „Kölner Stadt-Anzeiger“. Der „Michelin“ sei großartig und nach wie vor die objektivste Instanz weltweit. „Und das ist keine Schönrednerei. Es sollte eine Ehre sein, dass wir wieder für einen Stern im Gespräch waren und ihn jetzt auch bekommen haben. Und auch wenn Erik Menchon gar nicht anders kochen kann, als er es immer getan hat, haben wir doch eigentlich alles dafür getan, dass wir unsere Ruhe haben: Wir sind nur noch eine ‚Kneipe‘, wir haben einen Lieferservice. Was denn noch?“

Vincent Moissonnier hätte seinem Team den „Michelin“-Stern gern erspart

Und neben der eigenen Freude denkt er an die Kollegen:„Aus der Tiefe meines Herzens gesagt: Gebt Joachim Wissler doch endlich seinen – hoch verdienten – dritten Stern zurück! Oder gebt einen an engagierte, junge Leute wie das Team der ‚Ouzeria‘. Die hätten es so, so sehr verdient gehabt! Ihnen wäre der Stern eine Hilfe, für uns ist er – bei allem Respekt – eher eine Last.“

Daniel Gottschlich in seinem Restaurant

Für sein „Ox & Klee“ bekam Daniel Gottschlich erneut zwei Sterne. Es ist damit das am höchsten bewertete Restaurant in Köln.

Jetzt gehe das ganze Theater wieder los mit den Nörglern und Besserwissern, die sich auf Tripadvisor und anderen Portalen darüber verbreiten, was sie überhaupt nicht in Ordnung finden und wieso dieser Laden komplett daneben sei. „Das hätte ich meinem Team und mir gern erspart.“

Das „Le Moissonnier Bistro“ hat nur mittags und nachmittags und nur von Dienstag bis Samstag geöffnet und bietet „Preziosen auf Gourmet-Niveau“, wie es Carsten Henn, der Restaurantkritiker des „Kölner Stadt-Anzeiger“, beschreibt. Es gibt Vorspeisen wie französische Blutwurst oder die klassische Fischsuppe. Selten in Köln: Es wird eine große Auswahl an Austern angeboten. Hauptgerichte wie ein Entrecote mit Sauce Bearnaise oder eine Premium-Wachtel mit Cognac-Fleisch-Pilz-Farce kosten 49 bzw. 56 Euro.

Kölner Institution „Ristorante Alfredo“ verliert seinen Stern

Seinen Stern verloren hat ein Kölner Klassiker: Das „Ristorante Alfredo“ gibt es seit 1973, seit 2011 hat es einen Stern. Roberto Carturan übernahm das Restaurant von seinem Vater Alfredo und kochte sich an die Spitze. Er ist als charmanter Gastgeber bekannt, freitags singt der ausgebildete Bariton zur Klavierbegleitung. Doch in diesem Jahr hat dem „Michelin“ seine Leistung in der Küche offensichtlich nicht gereicht. Roberto Carturan äußerte sich auf Anfrage sehr ernüchtert. „Das ist bitter. Wir haben versucht, stabil zu arbeiten. Und das ist uns nach meiner Ansicht auf gut gelungen.“

Ein Restaurant der absoluten Weltspitze mit drei Sternen gibt es in NRW nicht. In der Liga der Zwei-Sterne-Häuser in NRW bleiben das „Vendôme“ von Joachim Wissler in Bergisch Gladbach, das „Coeur D'Artichaut“ in Münster und das „Ox & Klee“, das damit in Köln das am höchsten bewertete Restaurant ist. Küchenchef Daniel Gottschlich freut sich sehr, dass sein Restaurant im Rheinauhafen die Auszeichnung erneut erhalten hat. Das Haus bietet nebeneinander das Menü „Ox“ mit Fisch und Fleisch und das vegetarische „Klee“-Menü an. Je nach Anzahl der Gänge (von sechs bis zwölf) kosten die langfristig festlegten Menüs 185 bis 290 Euro. „Die Gäste haben dieses Konzept sehr gut angenommen. Und es ist natürlich eine schöne Anerkennung, wenn die Experten vom Michelin das auch tun.“ Es gibt nur 34 Plätze im Kranhaus. „Sonst könnten wir die hohe Qualität der Speisen nicht halten.“ Der Abend im „Ox & Klee“ solle ein „Gesamterlebnis“ sein.

Roberto Carturan, Chef des „Ristorante Alfredo“

Roberto Carturan, Chef des „Ristorante Alfredo“

Köln hat mit zwölf Sterne-Restaurants die meisten in NRW, Düsseldorf folgt mit neun. In Köln können sich weiterhin mit einem Stern schmücken: Das „Sahila“ von Julia Komp, das im vergangenen Jahr erst in diese Liga aufgenommen wurde, das Restaurant „Pottkind“, „La Cuisine Rademacher“, das „Astrein“ und das „Neobiota“, ebenso das „La Société“, das „Taku“ im Excelsior Hotel Ernst, „Zur Tant“, das „Maibeck“ und das Restaurant „Maximilian Lorenz“.

Nicht berücksichtigt wurden starke Kandidaten wie etwa das „Ito“, die „Hanse-Stube“ im Excelsior-Hotel Ernst und das „Phaedra“, die auch Restaurant-Kritiker Carsten Henn für einen Stern empfohlen hatte.