Gehen Sie mit uns auf Sommertour: In unserer Serie „Rheinland für Entdecker“ geben wir Tipps für Ausflüge und Kurzurlaube in unserer Heimat.
Hafenmeister Karl-Heinz Zündorf kennt jedes Schiff im Hafen, weiß viele Geschichten zu erzählen.
„Da liegt der Plasberg und weiter vorne Daniel Roesner von Alarm für Cobra 11.“
Lesen Sie hier auch alle bereits erschienenen Ausflugstipps aus unserer Sommerserie „Rheinland für Entdecker".
Karl-Heinz Zündorf ist der Herr des Hafens. Er schreitet über den hölzernen Steg, der leicht unter seinen Schritten schaukelt. Vorbei an holzvertäfelten Jachten, schicken Sportflitzern, in die Jahre gekommenen Kähnen. Neben einem futuristisch anmutenden Elektroboot dösen zwei Enten in der Sonne. „Moin“, grüßt ein Mann mit Schirmmütze, der das Deck seines Schiffs mit einem Schlauch abspritzt.
Hier unten auf dem Wasser, mitten im Rheinauhafen, hat Karl-Heinz Zündorf die meiste Zeit seines Berufslebens verbracht. Der 64-Jährige ist Hafenmeister im Rheinau-Sporthafen „Köln Marina“. „Als ich hier 1981 angefangen habe, ratterten oben noch die Güterwaggons über die Gleise“, sagt er. Dort, wo Waren von Schiffen auf Züge verladen wurden, stehen nun die markanten Kranhäuser. Ihre Form erinnert an historische Lastenkräne. Die sich in ihrer Glasfassade spiegelnde Sonne schmerzt in den Augen.Auf der Uferpromenade verlaufen an einigen Stellen noch Schienen.
An vielen Ecken ist die frühere Funktion der Hafenanlage und ihre Bedeutung für Köln als europäische Handelsmetropole noch spürbar. Sechs unter Denkmalschutz stehende Hafenkräne zeugen von dieser Zeit. Um das steigende Handelsaufkommen zu bewältigen, wurde der Rheinauhafen 1898 eröffnet. Das Hafenbecken war auf der früheren Freizeit- und Badeinsel „Werthchen“ gebaut worden. Jahrzehntelang war der Rheinauhafen Kölns wichtigster Hafen. Doch durch die Eröffnung und den Ausbau weiterer Häfen verlor er ab in den 1950er Jahre an Bedeutung. In den 70ern beschloss der Stadtrat die Umwandlung des Hafens in eine Freizeitanlage.
„Als ich 1981 hier angefangen habe, hieß es, morgen fangen sie an zu bauen“, erinnert sich Karl-Heinz Zündorf. Ab 1998 begann die Umgestaltung schließlich, der erste Spatenstich erfolgte 2002. Die offizielle Eröffnung des neuen Quartiers wurde 2014 gefeiert.
Von der Industriebrache zum Nobelviertel
Karl-Heinz Zündorf hat die Entwicklung des einst bedeutsamen Hafens von einer Industriebrache zum Nobelviertel aus nächster Nähe miterlebt und aus der riesigen Grube die Kranhäuser in den Himmel wachsen sehen. „Die Bauerei war eine schlimme Zeit.“ Tiefpunkt war Anfang der 2000er Jahre – „da hatten wir nur 52 vermietete Plätze.“ Lärm und Dreck seien unzumutbar gewesen.
Heute findet der gebürtige Kölner die Kranhäuser „optisch gelungen“. Als Hafenmeister ist Zündorf Ansprechpartner für alles – auch für Beschwerden der Anwohner. „Das ist oft völlig absurd.“ Er berichtet von Beschwerden über Schleifstaub auf dem Balkon, über hupende Schiffe und über „rostige Nägel“ im Hafensteg. „Es hat etwas gedauert, bis ich kapiert habe, dass der Anwohner damit die Dalben meinte. Diese Pfähle sind dafür da, bei wechselndem Wasserstand die Steganlage auf Position zu halten.“ Der Hafenmeister schüttelt den Kopf. „Die da oben sehen die Bötchen gern in ihrem Vorgarten, wollen aber bloß nicht gestört werden.“
Europas längste Tiefgarage
Der Rheinauhafen hat sich zu einem neuen Stadtviertel mit Geschäften, Galerien, Restaurants, Luxuswohnungen und Büros entwickelt. Darunter verläuft Europas längste Tiefgarage: 1,6 Kilometer, 1400 Stellplätze. Bei Touristen und Einheimischen ist das Hafenquartier als Flaniermeile beliebt. Fußgänger bleiben unterhalb der Kranhäuser stehen, legen ihre Köpfe in den Nacken, blicken hinauf. Wie ist es dort zu leben – in einer Wohnung, die zu den teuersten in Köln gehören? „Einige FC-Spieler sollen hier Wohnungen haben. Und natürlich der Poldi“, sagt Zündorf. Gesehen habe er ihn aber noch nie.
In seinem Hafen kennt Zündorf jedes Boot, ihre Geschichten und ihre Besitzer: „Da liegt der Plasberg und weiter vorne Daniel Roesner von Alarm für Cobra 11.“ Die Kelly Family habe auch angefragt, in den Neunzigern, vor dem großen Erfolg. „Damals war es ziemlich schickimicki im Jachthafen. Da passten die nicht rein, sagte mir mein Bauchgefühl.“ Und so zogen die Kellys rheinabwärts in den Mülheimer Hafen, wo sie auf einem Hausboot lebten. Scharen von Fans belagerten den Hafen rund um die Uhr. „Ich bin froh, dass uns das erspart blieb.“
150 dauerhaften Liegeplätze im Hafen
Hausboote gibt es im Sporthafen auch heute nicht. Doch einige Mieter wohnen dauerhaft auf ihrem Schiff. „Bei den horrenden Mietpreisen können sie bei uns günstig leben“, sagt der Hafenmeister. Für ein 10 Meter langes Schiff etwa fallen im Jahr 2450 Euro Miete an – plus Strom. Und die Lage ist genauso exklusiv wie die Luxuswohnungen in den Kranhäusern. Zu den 150 dauerhaften Liegeplätzen mit Jahresverträgen kommen im Jahr rund 1000 Tagesgäste. Für ein Zehn-Meter-Schiff fallen 23 Euro an – Strom, Toiletten- und Duschbenutzung inklusive. „Da kann ein Campingplatz kaum mithalten.“
Das Gespräch wird von einem lauten Schiffshorn unterbrochen. Zündorf entschuldigt sich, greift in die Hosentasche und zieht sein Handy heraus. Einen passenderen Klingelton könnte es für einen Hafenmeister nicht geben. Der 64-Jährige ist immer auf Abruf, doch das stört ihn nicht: „Ich habe einen Traumjob. Aus meinem Büro sehe ich den Dom und blicke den ganzen Tag aufs Wasser.“
Einige Male hat Zündorf Touristen durch den Rheinauhafen geführt ihnen alles über dieses neue Stadtviertel, ihre Entstehung, die denkmalgeschützten Backsteinbauten, Lagerhallen und das Zollhaus erzählt. Großformatige Schwarz-Weiß-Fotos mit Erklärtexten an verschiedenen Stellen der Promenade halten die Erinnerung an den einst so bedeutsamen Hafen wach. Und an einer Stelle scheint die Zeit stehen geblieben zu sein: Die Drehbrücke, die das Rheinufer mit dem Schokoladenmuseum verbindet, wird für größere Schiffen durch den Hafenmeister geöffnet. Fußgänger und Radfahrer müssen dann warten, bis das Boot hindurch gefahren ist. Und bis der Herr des Hafens die Drehbrücke wieder schließt.
Infos und Freizeit rund um den Rheinauhafen:
Anreise: zu Fuß vom Hauptbahnhof circa 10-15 Minuten an der Rheinuferpromenade entlang Richtung Süden oder von der Straßenbahnhaltestelle Ubierring (Linien 15 und 16) in nördliche Richtung.Für Kinder: Im Sommer ist der Wasserspielplatz vor dem Hafenamt beliebt: Harry-Blum-Platz 2.
Sehr informativ ist ein Besuch im Schokoladenmuseum: Am Schokoladenmuseum 1A, 50678 Köln. 0221 9318880. Täglich von 10-18 Uhr geöffnet (nur von Jan.-März und im Nov. montags geschlossen), Erw. 12,50 € (am Wochenende 13,50 €), bis 16 Jahre 7,50 € (8 €), Kinder unter sechs Jahren frei. schokoladenmuseum.deFür Hungrige: Viele Angebote über „Vapiano“ bis zum Sterne-Restaurant „Ox und Klee“. Berühmt ist die Imbissbude „Wurstbraterei“ aus dem Kölner „Tatort“. Sie steht am südlichen Ende des Rheinauhafens in der Nähe der Südbrücke. Im „Bona'me“ gibt es orientalische Speisen. Anna-Schneider-Steig 22, Tel. 022139 76 04 07. Griechisches bietet das „Limani“: Agrippinawerft 6, Tel. 0221 7190590.
Bei schönem Wetter: Die Treppe zum Jachthafen verwandelt sich an Sommerabenden in ein Open-Air-Kino mit einer auf dem Wasser schwimmenden Leinwand. Einlass ab 19 Uhr, Eintritt 8,50 €. www.openairkino.koeln
Bei schlechtem Wetter: Das Deutsche Sport- und Olympiamuseum zeigt in seiner Dauerausstellung Siege und Niederlagen aus 3000 Jahre Sportgeschichte: Im Zollhafen 1, 50678 Köln, Tel. 0221 33609 54. Di.-So. 10-18 Uhr, Erwachsene 6 €, ermäßigt 3 €. www.sportmuseum.de
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