Zusätzliche Auflagen bereiten Probleme1. FC Köln möchte mehr Plätze für Rollstuhlfahrer im Rhein-Energie-Stadion

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Ein Junge im Rollstuhl mit einer kleinen FC-Fahne in der Hand: 100 Rollstuhlfahrer und deren Begleiter können derzeit im Rheinenergie-Stadion bei einem Spiel des 1. FC Köln dabei sein.

100 Rollstuhlfahrer und deren Begleiter können derzeit im Rhein-Energie-Stadion bei einem Spiel des 1. FC Köln dabei sein.

Die NRW-Landesbehindertenbeauftragte fordert mehr Rollstuhlplätze in deutschen Fußballstadien. Der 1. FC Köln plant dies schon länger.

Claudia Middendorf, Landesbehindertenbeauftragte in NRW, hat die Gelegenheit beim Schopf gepackt. Zur Fußball-Europameisterschaft hatte die Uefa angekündigt, zusätzliche Plätze für Rollstuhlfahrer in den zehn deutschen Stadien zu schaffen – auch in den vier NRW-Stadien in Köln, Düsseldorf, Dortmund und Gelsenkirchen. Könnten die nicht erhalten bleiben, wenn sie schon einmal da sind, fragte Middendorf die „Deutsche Fußball Liga“ (DFL) in einem Schreiben – und traf auf Verständnis.

Wenngleich man nicht wisse, wie genau es jetzt in jeder der Spielstätten mit den zusätzlichen Plätzen weitergeht, sei „das Eintreten für eine inklusive Stadion-Infrastruktur der DFL sehr wichtig“, bestätigte ein Sprecher der Organisation auf Anfrage des „Kölner Stadt-Anzeiger“. Das Thema werde deshalb sogar bei der Lizenzierung der Proficlubs verbindlich geregelt.

FC-Geschäftsführer: „Das Thema steht auf unserer Agenda“

Im „Regelwerk für Stadien und Sicherheit“ heißt es dazu in Artikel 33, dass die Zahl der Plätze für Rollstuhlfahrer den Vorgaben der Versammlungsstättenverordnung entsprechen muss, soweit keine amtlichen Genehmigungen vorgelegt werden. „Weicht die Zahl der Rollstuhlplätze von den Vorgaben ab, muss dies mit den zuständigen Stellen und Behörden abgestimmt und genehmigt sein“, so der DFL-Sprecher. „Dies müssen die Clubs im Zuge der Lizenzierung nachweisen.“

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Nach der „Muster-Versammlungsstättenverordnung NRW“ sollte ein Stadion bis zu einer Anzahl von 5000 Besucherplätzen mindestens ein Prozent der Kapazität für Rollstuhlfahrerinnen und -fahrer vorhalten, alle größeren Arenen immerhin noch 0,5 Prozent der Plätze. Schätzungen zufolge erfüllen bisher nur neun der 36 Vereine in der 1. und 2. Bundesliga diese Vorgabe. Es sei ein „gutes Zeichen“, dass „die DFL sich für den Ausbau der Rollstuhlplätze einsetzt und der Inklusion damit mehr Gewicht im deutschen Profifußball gibt“, sagt Middendorf. Die gesetzlichen Regelungen aber seien „nicht streng genug“. In der entsprechenden Verordnung dürfe vom Gesetzgeber „nicht mehr allein auf Einsicht und Freiwilligkeit gesetzt werden“, sondern die Vorgaben müssten„ mit angemessenen Übergangsfristen“ zur Pflicht werden.

FC-Geschäftsführer Markus Rejek sitzt an einem Tisch im Rheinenergie-Stadion und blickt in die Kamera des Fotografen

FC-Geschäftsführer Markus Rejek

Im Müngersdorfer Rhein-Energie-Stadion sind zusätzliche Plätze für Rollstuhlfahrer längst schon ein Thema. „Das steht auf unserer Agenda und wir sind willens, da was zu machen“, bestätigte Markus Rejek, Geschäftsführer des 1. FC Köln, auf Anfrage des „Kölner Stadt-Anzeiger“.

Die Planungen aber seien „schwierig und vielschichtig“, zumal die deutschen Stadien gebaut worden seien, als es noch deutlich weniger behördliche Anforderungen gegeben habe. „Einfach nur Platz für weitere Rollstühle zu schaffen, wäre eine verhältnismäßig einfache Übung“, so Rejek. „Aber du musst auch barrierefreie Zugänge, Verpflegungsstationen und Fluchtwege berücksichtigen, Rampen bauen und entsprechende Toilettenanlagen zur Verfügung stellen – all‘ dies erfordert bauliche Veränderungen.“

Zahlreiche behördliche Auflagen und fehlende Parkplätze

Hinzu komme das Parkplatzproblem. Behinderten Personen könne schließlich kein weit entfernter Platz angeboten werden. Im direkten Umfeld des Stadions habe der FC in der vergangenen Saison wegen Bauarbeiten am Radstadion und der Sporthochschule viele Standplätze verloren. „Das macht es noch einmal schwerer, immer mehr Menschen zusätzliche Parkplätze anzubieten“, so Rejek. Man sei „in engem und intensivem Austausch“ mit der „Kölner Sportstätten GmbH“, die für das Stadion zuständig ist, betont der FC-Geschäftsführer.

Dass derzeit über das Rollstuhl-Thema gesprochen werde, bestätigte auch Sportstätten-Sprecher Lukas Wachten. „An wen die Plätze“ im Stadion vergeben würden, sei aber „ausschließlich Sache des Veranstalters, bei FC-Heimspielen die des 1. FC Köln“.  Wie beispielsweise den Konzertveranstaltern werde auch dem Fußball-Club lediglich die „bestehende Stadioninfrastruktur zur Verfügung“ gestellt, heißt es in der allgemein gehaltenen Stellungnahme. Eine weitere Anfrage des „Kölner Stadt-Anzeiger“, etwa zum Stand der Gespräche mit den FC-Verantwortlichen, blieb unbeantwortet.

Derzeit stehen bei Spielen des 1. FC Köln auf einer Plattform der Osttribüne 100 Plätze für Rollstuhlfahrer und den jeweils in unmittelbarer Nähe sitzenden Begleitpersonen zur Verfügung. 62 Plätze seien an Dauerkarteninhaber vergeben und zehn Plätze würden an die Fans der gegnerischen Mannschaft gehen, heißt es in einer Antwort des Vereins auf Anfrage des „Kölner Stadt-Anzeiger“. Weil die Nachfrage hoch sei, würden die 28 verbleibenden Tageskarten, die nur für FC-Mitglieder zur Verfügung stünden, jeweils vor den Spieltagen verlost.

„Mittels eines rollierenden Verfahrens“ werde sichergestellt, dass beim Losverfahren für das darauffolgende Heimspiel zuvor leer ausgegangene Ticketinteressenten bevorzugt werden. Während der Spiele würden die Behindertenbetreuer des 1. FC Köln eine „permanente Unterstützung gewährleisten“, so der Verein.

FC erfüllt nur 0,24 Prozent der „Rollstuhl-Quote“

Mit den bisherigen hundert Plätzen liege das Kölner Stadion, gemessen an der behördlichen Versammlungsstättenverordnung, mit einer Erfüllungsquote von 0,24 Prozent im Bundesliga-Mittelfeld. Schlusslicht sei Borussia Dortmund mit 0,14 Prozent. Die Uefa hatte angekündigt, in Köln während der Europameisterschaft 34 weitere Plätze einzurichten. Dem Vernehmen nach sollen davon tatsächlich aber lediglich zwölf umgesetzt worden sein.