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„Ignorant und zynisch“Ärger nach Laumanns Cannabis-Ablehnung – Köln kann doch noch Modellstadt werden

Lesezeit 3 Minuten
ARCHIV - 15.04.2023, Berlin: ILLUSTRATION - Ein Mann baut einen Joint. Forscher haben herausgefunden, dass Männer unter 30 Jahren am häufigsten infolge einer Cannabiskonsumstörung an Schizophrenie erkranken. (zu dpa «Männliche Kiffer unter 30 erkranken häufiger an Schizophrenie») Foto: Hannes P. Albert/dpa +++ dpa-Bildfunk +++

Cannabis im Fachgeschäft kaufen: Das soll in Köln nach Willen des Stadtrats bald möglich sein. (Symbolbild)

NRW-Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann ist gegen Cannabis-Modellregionen. Das schließt aber nicht aus, dass diese trotzdem kommen könnten.

Aussagen von NRW-Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann (CDU) zu Cannabis-Modellregionen haben in Köln zu Verunsicherung und Verärgerung geführt. Das Gesundheitsministerium lehne die Modellregionen ab, hieß es am Mittwoch. Damit sind die Modellregionen jedoch noch nicht vom Tisch – auch wenn es in vielen Medien und Teilen der Politik so verstanden wurde.

Stadtrat hat Kölns Bewerbung zur Cannabis-Modellstadt beschlossen

„NRW will keine Modellregionen“, „Köln darf nicht Vorbild sein beim Cannabis“, titelten diverse Medien am Mittwoch und Donnerstag. Die Reaktionen in der Kölner Politik, beispielsweise von der SPD-Ratsfraktion, ließen nicht lange auf sich warten. „Die NRW-Landesregierung aus CDU und Grünen tritt erneut auf die Fortschrittsbremse. CDU und Grüne in NRW wären gut beraten, erst einmal den Gesetzentwurf der Bundesregierung abzuwarten, statt alles schlecht zu reden und eine fortschrittliche Drogenpolitik zu hintertreiben“, sagte Viola Recktenwald, gesundheitspolitische Sprecherin.

Der Kölner Stadtrat hatte sich vergangene Woche mit großer Mehrheit für die Bewerbung als Modellstadt ausgesprochen, lediglich CDU und AfD stimmten dagegen. Damit war der Weg aus Kölner Sicht frei, um sich, sobald der entsprechende Gesetzentwurf aus dem Bundesgesundheitsministerium vorliegt, als Vorreiter für die Abgabe von Cannabis zu bewerben.

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Aus Laumanns NRW-Gesundheitsministerium hieß es nun allerdings: „Grundsätzlich spricht sich das Gesundheitsministerium gegen die Zulassung von Modellvorhaben aus, gerade auch mit Blick auf die Gefahren cannabisbedingter Hirnschädigungen bei jungen Erwachsenen bis 25 Jahren.“

Dabei ist nicht nur unklar, ob das Land die Bewerbungen zur Modellregion überhaupt untersagen kann. Laumann spricht auch lediglich in seiner Rolle als Gesundheitsminister, nicht für die gesamte Landesregierung aus CDU und Grünen.

Ein Regierungssprecher machte das auf Anfrage des „Kölner Stadt-Anzeiger“ am Donnerstag deutlich: „Gesundheitsminister Laumann hat in dieser Debatte seine Ansicht deutlich gemacht, dass für ihn insbesondere der Gesundheitsschutz im Vordergrund stehen muss“, heißt es. Der Sprecher verwies außerdem auf den Koalitionsvertrag, in dem steht:

„Ein vom Bundestag zur Vermeidung von unkontrolliertem Cannabis-Konsum auf den Weg gebrachtes Cannabis-Kontrollgesetz werden wir mit Blick auf Jugend- und Verbraucherschutz sowie Gesundheitsschutz ergebnisoffen prüfen und bei einem Inkrafttreten in Nordrhein-Westfalen konsequent umsetzen.“ Eine pauschale Absage im Hinblick auf Cannabis-Legalisierungsschritte erteilt die Staatskanzlei nicht.

Kritik von NRW-SPD: „Riesen-Fehler“

Jochen Ott, neu gewählter SPD-Fraktionsvorsitzender im Landtag, hält die Haltung des NRW-Gesundheitsministeriums daher für einen „Riesen-Fehler“. Seine Fraktion erwarte, „dass sich das Land selbst an dem Modell beteiligt und den Städten den Versuch ermöglicht. Wir brauchen eine andere Drogenpolitik“, sagte Ott. Mona Neubaur, Grüne und stellvertretende Ministerpräsidentin, äußerte sich auf Anfrage nicht zur Frage, ob es in der Koalition zur Cannabis-Frage bereits einen Konsens gebe.

In der Grünen-Ratsfraktion in Köln kommt das nicht gut an. „Ich erwarte von den Grünen-Mitgliedern der Landesregierung, insbesondere von Mona Neubaur, dass sie das Anliegen der Cannabis-Legalisierung ernst nimmt und der ignoranten und zynischen Position von Herrn Laumann einen differenzierten Lösungsansatz entgegensetzt“, sagt Ralf Unna, gesundheitspolitischer Sprecher. Die Grünen in Köln würden das Thema weiter verfolgen und am Vorhaben der Modellregion festhalten.

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„Für mich kam der Vorstoß von Herrn Laumann überraschend. Denn formal ist das Gesetz gar nicht da – und wir haben Hinweise dafür, dass es vorsehen wird, dass die Landesgesundheitsminister gar nicht zuständig sein werden“, so Unna.

Die Modellregionen sind ein geplanter Schritt in der von Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach geplanten Cannabis-Legalisierung. Seinem Ministerium zufolge soll in den Modellregionen der kommerzielle Verkauf von Cannabis in lizenzierten Fachgeschäften möglich sein, der Versuch soll wissenschaftlich begleitet werden. Der Gesetzentwurf dazu wird nach der Sommerpause des Bundestags erwartet und muss der Europäischen Kommission zur Prüfung vorlegt werden. Der Cannabis-Verkauf in den Modellregionen, zu denen Köln gehören könnte, wird also nicht vor 2024 starten.