Meine RegionMeine Artikel
AboAbonnieren

Das Arbeitsgericht in KölnGesunkene Kündigungsschutzklagen und Digitalisierung

Lesezeit 3 Minuten
Haupteingang des Arbeitsgerichts in Köln

Der Haupteingang des Arbeitsgerichts in Köln

Entgegen allen Erwartungen berichtet das Kölner Arbeitsgericht, dass die Kündigungsschutzklagen trotz wirtschaftlicher Probleme dieses Jahr nicht gestiegen sind. Außerdem hat auch hier die Digitalisierung Einzug erhalten.

Die wirtschaftlichen Verwerfungen durch die Corona-Pandemie und den Ukraine-Krieg haben allgemein erwarten lassen, dass Firmen verstärkt Personal abbauen und in der Folge die Zahl der Kündigungsschutzklagen steigt. Das Kölner Arbeitsgericht verzeichnet alledings einen gegenläufigen Trend. Lag die Zahl der neuen Klagen 2016 bis 2020 jährlich bei 9200, so hat sie sich im vorigen und diesem Jahr bei 7300 eingependelt.

„Ich finde das sehr überraschend“, sagte Direktor Dirk Gilberg beim Jahrespressegespräch. Unter dem Vorbehalt, dass die Entwicklung am Gericht nicht „eins zu eins“ abbilde, was sich auf dem Arbeitsmarkt tut, erklärt er sich den Rückgang zum einen damit, dass die Firmen wegen des Fachkräftemangels bemüht seien, Personal zu halten; zum anderen würden etliche Arbeitgeber den „notwendigen Personalabbau flexibel gestalten“, das heißt im Rahmen von Sozialplänen, zu denen die Zahlung von Abfindungen gehöre.

Frederik Brand, stellvertretender Direktor des Arbeitsgericht, sagte ergänzend, in der Hochzeit der Pandemie habe das Kurzarbeitergeld Wirkung gezeigt; überdies hätten gekündigte Arbeitnehmer gute Chancen, eine neue Stelle zu finden, und verzichteten daher eher darauf zu klagen. Gilberg rechnet damit, dass die Zahlen wieder steigen werden; man habe es mit einer „vorübergehenden Sonderlage“ zu tun.

Digitalisierung im Kölner Arbeitsgericht

Rund 20 Richter und 40 weitere Beschäftigte zählt das Gericht. Je nachdem, wie es das Arbeitsaufkommen zulässt, können Richter abgeordnet werden, zum Beispiel an das Bundesministerium für Arbeit und Soziales. Die Corona-Krise habe bei der ohnehin geplanten Digitalisierung als „Beschleuniger“ gewirkt, sagte Gilberg.

Seit Mai 2021 werden die Neuzugänge ausschließlich digital bearbeitet, sodass inzwischen nur noch vereinzelt Papierakten auf dem Richtertisch liegen; stattdessen stehen dort Monitore, auf denen die elektronischen Akten erscheinen. Zudem sind alle neun Sitzungssäle mit einem Großbildschirm und zwei Kameras ausgestattet. Das ermöglicht es, Sitzungen abzuhalten, ohne dass die Parteien physisch anwesend sein müssen. Gerade bei den Güteterminen, die in der Regel kurz ausfallen, sei dies von Vorteil, weil es Anwälten lange Anreisen erspare, sagte Gilberg.

Auch Arbeitnehmer, die eine Klage auf den Weg bringen möchten, profitieren von der Digitalisierung. Sie können online einen Termin buchen, ohne Anwalt in die Rechtsantragsstelle kommen, wo ihre Kündigung gescannt wird, und von einem auf einem Videobildschirm zugeschalteten Rechtspfleger die Klage aufnehmen lassen. Kommt es beim Gütetermin zu einer Einigung, entstehen dem Kläger beziehungsweise der Klägerin keinerlei Kosten.

Umbauarbeiten für Barrierefreiheit im Arbeitsgericht in Köln

Das viergeschossige Gebäude an der Blumenthalstraße, in dem sich auch das Landesarbeitsgericht und der IT-Dienstleister der Justiz des Landes NRW befindet, wird seit längerem umgebaut. Vor wenigen Monaten ist der neue Eingang fertiggestellt worden. Eine Rampe und Markierungen für Sehbehinderte garantieren Barrierefreiheit, und die Sicherheitstechnik der Eingangskontrolle ist verbessert worden. Wenn die Arbeiten Mitte oder Ende 2024 abgeschlossen sind, soll hier das Sozialgericht einziehen. Bisher hat es seinen Sitz in der Nähe des Hauptbahnhofs.


Zu den Fällen, die das Arbeitsgericht demnächst verhandelt, zählt der des WDR-Redakteurs Jürgen Döschner, der den Sender wegen Nichtbeschäftigung verklagt hat; der Gütetermin ist für den 21. Dezember angesetzt. Am 12. Januar steht der Kammertermin im Fall Frank Sahler an; der langjährige Marketingchef des 1. FC Köln wehrt sich gegen seine Kündigung.