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„Wir können stolz sein“Grüne in Köln feiern trotz Wahlniederlage

Lesezeit 4 Minuten
Trotz Zweitstimmenverlusten feiern die Grünen in Köln den Gewinn von zwei Direktmandaten.

Trotz Zweitstimmenverlusten feiern die Grünen in Köln den Gewinn von zwei Direktmandaten.

Die Grünen gewinnen erstmals seit 2017 eine Wahl in Köln nicht, holen aber dennoch die meisten Erststimmen und damit zwei Direktmandate.

Ein wenig enttäuscht ist Christiane Martin schon, dass es den Grünen in Köln nicht gelungen ist, bei einer Wahl in Köln zum sechsten Mal in Folge stärkste Kraft zu werden. Von einer krachenden Niederlage bei einem Minus von sechs Prozent will sie in der Eventlocation an der Aachener Straße 48 am Sonntagabend aber nichts wissen.

Kölner Grüne trotz Verluste stolz auf Wahlergebnis

„Das schmerzt mich schon“, sagt die Vorsitzende der Ratsfraktion. Das Ergebnis könne sich angesichts des überraschend starken Abschneidens der Linken aber durchaus sehen lassen. „Ich nehme das sportlich.“

Ganz ähnlich sieht das auch die Oberbürgermeister-Kandidatin Berivan Aymaz. Sie verspricht den Grünen ein paar Tage Pause, um dann sofort den Kommunalwahlkampf einzuläuten.

Auf Bundesebene habe das Thema Migration alle anderen überlagert. „Auf das Ergebnis, auch wenn wir nicht stärkste Kraft geworden sind, können wir stolz sein. Köln steht für Menschenrechte, für Weltoffenheit“, sagt Aymaz. „Diese Stadt ist in den letzten Wochen zu Zehntausenden auf die Straße gegangen, gegen diese Hetze, gegen Hass und gegen Polarisierung.“

Katharina Dröge gewinnt Direktmandat gegen SPD-Chef Rolf Mützenich

Die Kölner Grünen feiern am Sonntagabend ihr blaues Auge. Und Katharina Dröge spendiert das Trostpflaster. Als um Mitternacht endlich feststeht, dass es die Fraktionschefin der Grünen im Bundestag mit der Auszählung der letzten Stimmbezirke doch noch geschafft hat, Rolf Mützenich den Wahlkreis Köln III im Nordwesten abzujagen, ist die Party längst zu Ende. Bei seinem siebten Anlauf gelingt es dem SPD-Fraktionschef im Bundestag nicht mehr, das Direktmandat zu holen. Folgen hat das für ihn nicht. Er wird über die Landesliste erneut nach Berlin kommen.

Als Co-Fraktionsvorsitzende von Bündnis 90/Die Grünen feiert Katharina Dröge (r.) ihr Direktmandat aus Köln bei der Wahlparty der Grünen in Berlin.

Als Co-Fraktionsvorsitzende von Bündnis 90/Die Grünen feiert Katharina Dröge (r.) ihr Direktmandat aus Köln bei der Wahlparty der Grünen in Berlin.

Als Dröge gemeinsam mit Annalena Baerbock aus Berlin zugeschaltet wird, steht dieser Erfolg noch längst nicht fest. Die Bundesaußenministerin bedankt sich dennoch bei den Kölnern. Sie seien bei Wahlen für die Grünen auch in Krisenzeiten immer eine Bank.

Sven Lehmann kann seinen Wahlkreis in Köln verteidigen

Sven Lehmann, der seinen Wahlkreis Köln II im Kölner Süden mit rund 34 Prozent souverän verteidigt hat, gibt zu: „Das ist ein Wahlergebnis, von dem wir uns gewünscht hätten, dass es besser ausfällt“, sagt er. „Wenn es so kommt, wie die Prognosen sagen, sind wir von den Ampelparteien die einzige, die ihr Ergebnis nahezu halten konnte. Darauf können wir stolz sein.“

Das Ergebnis „der Rechtsextremen“ sei auch eine Folge der „Normalisierung der AfD im Wahlkampf, in Talkshows und in Abstimmungen im Bundestag und damit von „rechtsextremistischen und faschistischen Positionen. Für uns Grüne werden diese Positionen niemals normal sein.“

Sven Lehmann freut sich über seinen Erststimmen-Erfolg am Wahlabend bei den Grünen in Köln.

Sven Lehmann freut sich über seinen Erststimmen-Erfolg am Wahlabend bei den Grünen in Köln.

Die Grünen „werden sehr genau hinschauen“, welche Regierung der kommende Bundeskanzler Friedrich Merz bilden wird. „Möchte er eine Regierung bilden, die das Land nach Jahren der Spaltung wieder zusammenführt, die den Pfad des Klimaschutzes weitergeht und für mehr soziale Gerechtigkeit sorgt?“

Dann seien die Grünen zu „konstruktiven Gesprächen bereit. Je nachdem, ob wir gebraucht werden oder nicht.“ Sollte er aber weiterhin „die breite Mitte der Gesellschaft als linke und grüne Spinner bezeichnen, wird er auf unseren entschlossenen Widerstand stoßen.“ Später am Abend stellt sich die Frage nicht mehr. Die Grünen sind raus aus der Regierung.

AfD bei 10 Prozent: Grüne sieht Köln als Positivbeispiel

Die hohe Wahlbeteiligung von 84 Prozent ist bei den Grünen auch ein erfreuliches Thema. „84 Prozent habe ich persönlich, seit ich auf der Welt bin und Wahlen verfolge, noch nie erlebt“, sagt der Bundestagskandidat Roman Schulte, was angesichts seines Alters von 29 Jahren auch nicht verwunderlich ist. Erschreckend sei das Abschneiden der AfD. Da könne man durchaus mal positiv auf Köln schauen.

„Uns ist es in den letzten Jahren gelungen, die AfD klein zu halten. Wir sind überall laut geworden, wo es gegen Minderheiten ging. Deshalb würde ich mir für ganz Deutschland ein bisschen mehr Köln wünschen. Dass wir da klare Kante zeigen.“

Der Kreisvorsitzende Stefan Wolters wendet sich mit Dankesworten an die rund 4000 Mitglieder, die einen „großartigen Wahlkampf“ hingelegt hätten. Vor allem das Zusammenwirken „der vielen neuen Mitglieder mit den alten“ habe herausragend funktioniert. „Wir haben hier eine tolle Mannschaft am Start.“