„Jetzt wird man nur noch geblendet“Das halten Kölner vom Flutlicht am Aachener Weiher
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Köln – Das Licht der Flutlichtanlage reicht vom Aachener Weiher bis zur Bachemer Straße. Fast die gesamte Rasenfläche ist mit weißem Licht ausgeleuchtet. Seit vergangenem Wochenende schaltet die Stadt Köln die Anlage ab 21 Uhr ein.
Zwei Stunden nach Beginn der Beleuchtung ist es ruhig um den Weiher: Es ist Samstagabend. Jugendliche sitzen in kleinen Grüppchen auf dem Rasen, andere spielen Trinkspiele, laut ist es nicht. Seit es rund um den Aachener Weiher vermehrt zu Ausschreitungen zwischen jungen Feiernden und der Polizei gekommen ist, will die Stadt mit einem neuen Lichtkonzept weitere Zusammenstöße verhindern.
Einsatzkräfte mit Flaschen beworfen: Erneut Ärger am Aachener Weiher
Im Großen und Ganzen scheint das Konzept am ersten Wochenende aufgegangen zu sein. Ganz ruhig verlief es am Ende aber nicht. Wie die Polizei am Sonntag berichtete, haben Randalierer in drei Fällen Polizisten und Sanitäter mit Flaschen beworfen.
Am frühen Samstagmorgen war aus einer Menschengruppe heraus eine Glasflasche auf Rettungskräfte, die am Aachener Weiher einen Verletzten versorgten, geflogen. Die anderen Vorfälle ereigneten sich am Uni-Hauptgebäude und an der Frankenwerft.
Aachener Weiher: Kölnerinnen und Kölner fühlen sich sicherer
Zumindest sorgte das neue Konzept aber schon für ein besseres Gefühl bei den jungen Erwachsenen, die ihren Abend am Aachener Weiher verbringen. „Ich finde das Licht gar nicht schlecht. Es ist ganz cool, dass ich meine Freunde sehen kann“, sagt Lea S. Die 19-jährige sitzt mit vier Freundinnen auf einer Picknickdecke und trinkt Wein, alle kennen sich noch aus der Schule. Die jungen Frauen überlegen, später noch in einen Club zu gehen: „Hier vorzutrinken ist jetzt ja richtig entspannt, ich fühle mich mit dem Licht auch sicherer“, sagt S.
Hundert Meter weiter, nahe der Dürener Straße, wohnt Frederic Lehmann. Er kann den Weiher von seinem Zimmerfenster aus sehen. Auch die Ausschreitungen der vergangenen Wochen hat er von hier aus beobachtet: „Das war heftig. Als die Krankenwagen kamen dachte ich, die seien für Feiernde. Dass die dann für Beamte kamen, hat mich überrascht“, sagt Lehmann. Laut dem Anwohner seien vor allem junge Personen an den Ausschreitungen beteiligt gewesen: „Ich kann mir vorstellen, dass sich durch Corona viel Frust angestaut hat. Jetzt hat man das Abitur gemacht und kann das nicht gebührend feiern. Das stelle ich mir schwierig vor.“
Das Flutlicht hält er für keine schlechte Idee, dass die Stadt überhaupt Initiative zeigt, findet Lehmann gut. Sein Mitbewohner ist anderer Meinung, er hält das Licht für zu stark: „Der Vibe am Weiher war romantischer, jetzt wird man nur noch geblendet. Ich finde mehr Helligkeit gut, aber nicht durch Flutlicht“, sagt er. Er hält mehrere kleinere Laternen für eine bessere Idee.
Ausschreitungen in Köln: Auch Zülpicher besser beleuchtet
Über Straßenlaternen will die Stadt auch das Kwartier Latäng stärker beleuchten. Die Rheinenergie hat als zuständiges Unternehmen die LEDs neu programmiert, sodass die Zülpicher Straße seit dem Wochenende besser ausgeleuchtet ist. Grund waren auch hier Ausschreitungen zwischen Feiernden und der Polizei, die Situation eskalierte, als Ende Juli ein 18-jähriger nach einem Messerangriff starb. Am Tatort weist nichts mehr auf den Vorfall hin. Das Restaurant, vor dem sich die Tat ereignete, ist geschlossen, die Stühle stehen auf den Tischen und vor dem Eingang parkt ein KVB-Rad.
Für einen Samstagabend ist es erstaunlich ruhig auf der Zülpicher Straße, der Verkehr kommt problemlos voran, nur vereinzelt stehen Personen auf der Straße und trinken. Polizei und Ordnungsamt sind nicht präsent. „Das fühlt sich komisch an, irgendwie erwarte ich viel mehr Menschen, wenn ich herkomme“, sagt eine angetrunkene Frau. Sie merkt von der Beleuchtung her keinen Unterschied, wünscht sich aber mehr Musik und Getummel auf der Straße: „Ich komme her zum Feiern, aber vielleicht hat die Party einfach nur noch nicht angefangen.“
Zülpicher Straße: Gastronomen hoffen auf ruhigere Nächte
Die Gastronomen entlang der Straße sehen das anders. Der Besitzer einer Bar nahe dem Südbahnhof möchte anonym bleiben. Bis sich die Lage vor Ort nicht vollends entspannt hat, will er mit seinem Namen kein weiteres Aufsehen erregen: „Heute wird es wohl auch eine entspannte Nacht. Ich hoffe das sehr, nach all den negativen Dingen, die wir über unsere Straße gehört und gelesen haben“, sagt er. Dass die Stadt mit einem neuen Lichtkonzept gegen Ansammlungen und Ausschreitungen vorgehen will, findet er einen Versuch wert: „Ich hoffe, dass sich die Leute mehr im Griff haben, wenn sie einander sehen.“
Für Gastronomen hat die Stadt Köln seit 2020 eine Anlaufstelle eingerichtet, die Beratungsgespräche anbietet. In einem Schreiben appellierte sie außerdem jüngst an Wirte, gemeinsam an einem Strang zu ziehen. So müssen Feiernde mit privaten Musikboxen damit rechnen, Verwarnungsgelder zu zahlen. Auch Ordnungswidrigkeiten wie Wildpinkeln, Vermüllung und Ruhestörung sollten vom Ordnungsamt stärker geahndet werden.
Tatsächlich ist vor allem der Müll im Kwartier Latäng ein immer wiederkehrendes Thema: Veedel-Bewohner und Gastronomen weisen schon lange auf das Problem hin. So auch der Anwohner des Aachener Weihers, Frederic Lehmann: „Dass die Leute hier Trinkspiele spielen, finde ich total in Ordnung, aber gerade zerbrochene Flaschen sind ein Problem. Ich fahre Fahrrad und verstehe manchmal nicht, warum Leute ihren Müll nicht mitnehmen.“