Während die Polizeihochschule Aslans Rückkehr möglich machen will, gibt es bei der Kölner Lehrerin nach dem Urteil gemischte Gefühle.
Rauswurf von Kölnerin rechtswidrig„Vertrauen zerbrochen“ – Bahar Aslan und Polizeihochschule äußern sich zu Urteil
Das Oberverwaltungsgericht (OVG) von Nordrhein-Westfalen hat entschieden, dass die Hochschule für Polizei und öffentliche Verwaltung NRW (HSPV) im Fall Bahar Aslan rechtswidrig gehandelt hat. Nach einem Post der Kölner Dozentin auf „X“ wurde ihr im April auslaufender Lehrauftrag nicht verlängert und der für den Zeitraum Januar bis April 2024 erteilten Lehrauftrag widerrufen.
Aslan hatte am 20. Mai auf X folgenden Post veröffentlicht: „Ich bekomme mittlerweile Herzrasen, wenn ich oder meine Freund*innen in eine Polizeikontrolle geraten, weil der ganze braune Dreck innerhalb der Sicherheitsbehörden uns Angst macht“.
Die Polizeihochschule argumentierte gegenüber dem „Kölner Stadt-Anzeiger“ damals, dass die Kölnerin ungeeignet sei, „eine vorurteilsfreie, respektive fundierte Sichtweise im Hinblick auf Demokratie, Toleranz und Neutralität zu vermitteln“. Aslans Post löste einen Shitstorm aus. Die Dozentin, die in „Interkultureller Kompetenz“ an der HSPV lehrte, wurde zudem wegen ihres Posts unter anderem von der Gewerkschaft der Polizei scharf kritisiert. Zeitgleich zeigten sich auch viele mit Aslan solidarisch.
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Oberverwaltungsgericht erkennt Mängel in Eignung von Aslan an – Widerruf jedoch rechtswidrig
Aslan hatte dagegen beim Verwaltungsgericht Gelsenkirchen per Eilantrag eingereicht und im September Recht bekommen. Daraufhin reichte das Land NRW Beschwerde ein. Die wurde per Beschluss vom 15. Dezember, die drei Tage später am Montag veröffentlicht wurde, vom OVG zurückgewiesen. Unanfechtbar. Der Widerruf sei rechtswidrig, weil sich die HSPV in „fehlerhafter Weise auf weitere, sachfremde Umstände gestützt“ habe.
So wurde beanstandet, dass Aslan, die als verbeamtete Lehrerin an einer Gelsenkirchener Hauptschule unterrichtet, für ihre Nebentätigkeit als Dozentin eine Genehmigung benötige. Die sei jedoch nicht der Fall. Der Widerruf wurde zudem mit Drohungen Dritter in Richtung der Polizeihochschule begründet, die Aslans Post ausgelöst haben soll. Das OVG beurteilt, dass der Widerruf nicht darauf gestützt werden kann.
Für das Oberverwaltungsgericht sei zwar aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden, dass durch Aslans Tweet auf „Mängel in Bezug auf ihre Eignung für die Wahrnehmung des Lehrauftrags zu schließen“ sei. Ähnliche Gründe nannte auch schon das Verwaltungsgericht Gelsenkirchen.
Polizeihochschule will, dass Bahar Aslan wieder lehrt
Trotzdem könnte Bahar Aslan bald wieder an der Hochschule für Polizei und öffentliche Verwaltung lehren. Sie habe sich schon im Juni „lösungsorientiert mit der Hochschulleitung ausgetauscht“, heißt es auf Nachfrage des „Kölner Stadt-Anzeiger“ von der HSPV. Damals sei vereinbart worden, dass der „Dialog in einer weniger aufgeladenen Gesamtsituation konstruktiv“ fortgeführt wird.
Die HSPV will dafür sorgen, dass Aslans Lehrauftrag – 24 Unterrichtseinheiten, jeweils 45 Minuten in der ersten Jahreshälfte 2024 – im Fach „Interkulturelle Kompetenzen“ von ihr wahrgenommen werden kann.
„Wir respektieren die Würdigung und Entscheidung des OVG NRW“, schreibt die Polizeihochschule. Zeitgleich betont sie aber auch erneut die Bewertung der Gerichte, der Post von Aslan könnte „als Diskreditierung großer Teile von Polizistinnen und Polizisten verstanden werden“.
Nun besteht dennoch die Hoffnung, dass Ruhe einkehrt und die Bemühungen in dem Fach und dem „wichtigen wie erfolgskritischen Diskurs im Kampf gegen Extremismus und Rassismus kritisch, differenziert und hochschulgerecht“ weitergeführt und gestärkt werden können.
Bahar Aslan weiß nicht, ob sie zur Polizeihochschule zurück möchte
Grundsätzlich freut sich Bahar Aslan über die Entscheidung des OVG. „Das war eine sehr, sehr kräftezehrende Zeit für mich“, sagt sie im Gespräch mit dem „Kölner Stadt-Anzeiger“. Es sei etwas anderes, als normale Person negativ im Rampenlicht zu stehen, über die öffentlich diskutiert wird.
„Die Formulierung war Mist, dazu stehe ich“, sagt Aslan. „Aber der Inhalt ist ja nicht ganz so abwegig, das sollte man auch so benennen und formulieren dürfen.“ Ihr sei es nie darum gegangen, Kritik am demokratischen System zu äußern, sondern darum, unrechtmäßiges Verhalten und rassistische Umtriebe innerhalb der Polizei zu kritisieren.
Deshalb ist sie auch nicht vollends zufrieden: „Die Aufgabe des Oberverwaltungsgerichts wäre es ja eigentlich gewesen, mit ihrem Urteil einen Weg zu ebnen, weil das eben auch ein Präzedenzfall gewesen ist.“ Das OVG habe nicht die grundrechtlichen Dimensionen berücksichtigt und nicht wegen Aslans kritischer Meinungsäußerung entschieden, dass der Widerruf ihres Lehrauftrags rechtswidrig ist.
Einer möglichen Rückkehr an die Polizeihochschule sieht Aslan mit gemischten Gefühlen entgegen. Selbst habe sie noch nichts von der HSPV gehört. Aber das ist gar nicht der springende Punkt. „Grundsätzlich bilde ich gerne junge Leute aus“, sagt Bahar Aslan. „Ich weiß allerdings nicht, wie ich mich fühlen werde, wenn ich wieder in den Räumlichkeiten bin.“ Sie sei sich unsicher, wie einzelne Mitarbeitende sie empfangen werden. „In dieser Hinsicht ist in mir ein Stück weit Vertrauen zerbrochen“.