BauvorhabenFrühlingsgras statt Flüchtlingsheim an der Dürener Straße
Lindenthal – Neben der vielbefahrenen Dürener Straße herrscht gespenstische Ruhe. Sie ist nahezu unheimlich. Und auf dem Areal an der Dürener Straße 283 hätten schon längst die Bagger anrollen sollen. Doch statt einer Baustelle hat sich dort wieder ein grüner Teppich aus frischem Frühlingsgras ausgebreitet - zum vierten Mal, seit der Stadtrat Ende 2014 beschlossen hat, dass an der Dürener Straße ein Wohnheim für bis zu 150 geflüchtete Menschen gebaut werden soll. Während die Stadtverwaltung jüngst wieder in die Kritik geriet, weil Flüchtlinge langfristig in sehr teuren Hotelunterkünften untergebracht sind, geschieht auf dem brachliegenden Areal erstaunlich wenig.
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Gründe äußerte die Stadtverwaltung in den vergangenen Jahre viele unterschiedliche: Zunächst konnte das Grundstück wegen der Vogelschutzperiode nicht gerodet werden. Dann standen eine Menge Prüfungen und Überlegungen an. Schließlich handele es sich um einen "sehr sensiblen Standort", hatte die Stadtverwaltung argumentiert. Das gut 2000 Quadratmeter große Gelände der ehemaligen und in der Zwischenzeit abgebrochenen Villa des verstorbenen Gartenbaudirektors Kurt Schönbohm stehe unter Landschaftsschutz.
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Schließlich hatte die Stadt erklärt, dass aus Denkmalschutzgründen nur ein eingeschossiges Gebäude für 22 Menschen entstehen könne. Ein größerer Bau würde in das grüne Denkmal Stadtwald eingreifen, zu dessen Fläche das Grundstück gehört, und die Reste des Hofguts Kitschburg beeinträchtigen.
Bauarbeiten sollten im Februar beginnen
Über diese Auskunft empörten sich Bezirkspolitiker und die Mitglieder der Willkommensinitiative "Netzwerk Integration Lindenthal". Die Oberbürgermeisterin schaltete sich ein. "Denkmalpflegerische Belange sind immer angemessen zu berücksichtigen", so Henriette Reker, "in diesem Fall überwiegt aber das besondere öffentliche Interesse daran, den geflüchteten Menschen eine Unterkunft zu verschaffen." Sie stellt klar, dass die Verwaltung an der Dürener Straße eine Unterkunft für 60 Menschen errichten wird.
Im Juli vergangenen Jahres informierte die Stadt Köln dann die Anwohner im Rahmen einer Veranstaltung genauer über das Vorhaben. Danach sollten die Bauarbeiten Februar diesen Jahres beginnen. In Systembauweise, ähnlich einem Fertighaus, soll ein zweistöckiges Wohnheim entstehen, dass 14 Wohneinheiten jeweils mit eigener Küche und sanitären Anlagen bietet, und zwar für Familien - so wie sie derzeit in dem Dellbrücker Hotel der CDU-Politikerin Andrea Horitzky untergebracht sind.
Mittlerweile ist es Mai und wieder ist nichts geschehen. Das Wohnungsamt nennt Gründe für die Verzögerung: Die Erarbeitung umfangreicher Genehmigungsunterlagen und die erforderlichen Abstimmungen mit der Denkmalbehörde seien dafür verantwortlich, sagt Sabine Wotzlaw, Sprecherin der Stadt. "Der Bauantrag ist beim Bauaufsichtsamt eingereicht und man geht von einer Fertigstellung im vierten Quartal 2018 aus", versichert sie. Ende diesen Jahres soll das Flüchtlingswohnheim dann wohl endlich stehen.
Paradies am Stadtwald
Die Mitglieder der Lindenthaler Willkommensinitiative ärgern sich trotzdem: "Ich finde diese Auskunft vor dem Hintergrund des seit Anfang 2015 Geschehenen beziehungsweise Nicht-Geschehenen an der Dürener Straße im Zusammenhang mit der aktuellen Hotel Affäre geradezu beschämend", sagt Claus Otten, Mitglied des Netzwerks Integration Lindenthal. "Dort hat man formale Vergabekriterien möglicherweise vorsätzlich umgangen, sich gleich auf sieben Jahre verpflichtet und damit Kosten in Höhe von mehreren Millionen verursacht. Dafür hätte man den Bau des Heimes auf der Dürener längst realisiert."
Die schutzbedürftigen Familien hätten am Stadtwald ein Paradies im Vergleich zu dem Hotelbiergarten in Dellbrück. Im vorigen Jahr habe Henriette Reker bei einem Flüchtlingsgipfel eine Verteilungsgerechtigkeit im Hinblich auf die Flüchtlinge eingefordert, so sollten in allen Kölner Stadtteilen Unterkünfte entstehen, explizit auch in Lindenthal, Rodenkirchen und ähnlichen Veedeln. "Das sind offensichtlich nichts anderes als Lippenbekenntnisse und Fensterreden", ärgert sich Otten.