Vertikalseil-Akrobatin Anna Abrams führt backstage in die „heiligen Hallen“ des Cirque Bouffon. Zum Aufwärmen fährt sie Einrad um den Altar.
Cirque Bouffon in St. MichaelArtistin Anna Abrams wärmt sich in Krypta auf
„Das Geistliche schwingt mit“, sagt Artistin Anna Abrams über ihren Auftritt in der Show „Cupido“. Sie findet in der Kirche St. Michael am Brüsseler Platz statt, einer ungewöhnlichen Location für einen Zirkus. „Mit dem Setting hier und der Live-Musik ist das ein besonderer Moment für mich“, vergleicht die Vertikalseil-Akrobatin ihre Performance in Köln mit den anderen ihrer Karriere als freiberufliche Artistin. In der Weihnachtsshow wickelt sich die 39-Jährige in bis zu sieben Metern Höhe in der Mitte des Kirchen-Hauptgangs in ein Seil, das von der Decke herab hängt. Von ringsherum schauen ihr während der Vorstellungen 400 Besucherinnen und Besucher zu.
Die Artistin hat den „Kölner Stadt-Anzeiger“ an einen noch außergewöhnlicheren Ort mitgenommen: den Backstage-Bereich von „Cupido“. Über eine alte steinerne Treppe vor dem Altar führt die Artistin in die „heiligen Hallen“ der Weihnachtsshow. Wortwörtlich, denn Abrams und ihr Kollegium wärmen sich in der Krypta von St. Michael auf. Das hat einen ganz praktischen Grund: Als einziger abgetrennter Raum kann dieser beheizt werden.
Hier, unter dem Chor, isst das Ensemble gemeinsam zwischen den Doppelshows am Wochenende, hier, um den Altar der Unterkirche herum, liegen ihre bunten Kostüme bereit. Es sind noch drei Stunden bis zur abendlichen Show. Eine weitere Artistin ruht sich auf einem Sofa aus. Teppiche sind ausgerollt, die bei Dehnen-Übungen vor den kalten Fliesen schützen. Zum Aufwärmen fährt Anna Abrams mit dem Einrad um den Altar.
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„Ich muss meine Kraft behalten“: Artistin Anna Abrams trainiert regelmäßig
Im Zirkus aufzutreten, war schon immer der Traumjob von Abrams. Wie so viele Kinder hat auch sie nach ihrem ersten Besuch in einem Zirkus von der zauberhaften Welt der Akrobatik geträumt. Doch Abrams hat tatsächlich angefangen, sich dieses Leben zu erarbeiten. Einradfahren war die erste Kunst, die sie sich selbst beigebracht hat. Und zwar so erfolgreich, dass sie damit die Aufnahmeprüfung in der Londoner Artistenschule bestand. Erst hier hat sie das Vertikalseil entdeckt und sich darauf spezialisiert.
Zum Alltag der freiberuflichen Artistin gehören nicht nur Auftritte. Sie trainiert regelmäßig: „Ich muss meine Kraft behalten.“ Denn was sie am Ende so leicht aussehen lässt, fordert den ganzen Körper heraus. Das war eine besondere Herausforderung während der Zeit mit coronabedingten Absagen. Varietés in der Nähe ihres Wohnorts Essen ließen sie glücklicherweise trainieren. Zwar hat sie zu Hause auch ein Seil hängen, „aber die Höhe kann ich nicht ersetzen“, erzählt Abrams. „Im Urlaub hänge ich mein Seil auch mal in Bäume“, sagt die Artistin, die niemals aus der Übung kommen möchte, „damit es sicher bleibt“. Der Plan ist bisher aufgegangen, ernsthaft verletzt hat sie sich noch nicht.
Die Sinnlichkeit, die das Setting in der Kirche in die Show einbringt, ergänzt sich mit der achtsamen Einstellung Anna Abrams‘ zu ihrem Job: „Ich fühle mich sehr wohl in meinem Körper, ich mag es, ihn zu benutzen.“ Und obwohl Abrams nicht aus einer Zirkus-Familie kommt, gibt sie ihre Leidenschaft bereits weiter. Der ältere ihrer zwei Söhne, gerade erst sieben Jahre alt, kann ebenfalls schon Einradfahren und das Seil hochklettern.
Der Cirque Bouffon führt die Weihnachtsshow „Cupido“ in St. Michael am Brüsseler Platz noch bis zum 8. Januar auf. Aufführungen sind jeweils Mittwoch bis Freitag 19.30 Uhr, Samstag 14.30 und 19.30 Uhr, Sonntag 14.30 und 17.30 Uhr. Gespielt wird auch zu Silvester und Neujahr. Tickets ab 35,40 Euro über Köln Ticket.