Köln – Während die Sieben-Tage-Inzidenz in Köln rasant auf mehr als 250 stieg, stagnierte die Zahl der Covid-Intensivpatienten in den Kölner Kliniken weitgehend. Am Donnerstag meldete die Stadt 55 dieser Patienten, vor einer Woche waren es 48, eine Woche davor 52.
Von einer entspannten Lage jedoch kann nicht die Rede sein. Ein Grund für die stagnierende Belastung ist eine neue Strategie der Kliniken: Stärker als in vorherigen Wellen konzentrieren sich die Intensivmediziner auf die Behandlung von Kölner Patientinnen und Patienten. Aus dem Umland werden nur noch selten Schwererkrankte aufgenommen. Die Feuerwehr hat inzwischen zudem die Intensivbettenkoordination wieder eingeführt, mit der Erkrankte je nach Kapazität schneller innerhalb verlegt werden können. Seit Freitag übernimmt eine Fachkraft diese Aufgabe, um die Kliniken zu entlasten.
„Die Pflegenden sind am Rande ihrer Kräfte“
„Wir schauen im Moment vor allem auf die Situation in Köln und beschränken uns größtenteils darauf“, sagt Horst Kierdorf, Klinischer Leiter der Städtischen Kliniken, dem „Kölner Stadt-Anzeiger“. Er sei darüber sehr glücklich. Denn Köln habe im Vergleich zur zweiten und dritten Welle deutlich weniger Möglichkeiten, den Anstieg zu kompensieren. Die vergleichsweise geringe Zahl der Intensivpatienten – es in diesem Jahr schon einmal 138 – führt er auch auf diesen „künstlichen Effekt“ zurück.
„Damals konnten wir kurzfristig mehr Intensivbetten zur Verfügung stellen. Diesmal wird uns das nicht gelingen: Die Pflegenden sind am Rande ihrer Kräfte und nicht wenige haben uns im vergangenen Jahr verlassen“, so Kierdorf weiter. „Die haben schon drei Wellen hinter sich und sind vollkommen überarbeitet – und einige sind bereits vor der Überlastung geflüchtet. Das kann ich sehr gut verstehen, es macht die Lage bloß noch komplizierter.“
Alex Lechleuthner, Leitender Notarzt der Feuerwehr, sieht derzeit eine „Mischlage“ aus mehr Notfallpatienten, weniger Personal und einer steigenden Zahl an Covid-Intensivpatienten. „Dadurch drohen wir schon im November in eine Lage auf den Intensivstationen zu geraten, die wir ansonsten erst im Januar und Februar haben“, sagt Lechleuthner, der auch im Krisenstab der Stadt sitzt. „Wenn die Lage kritisch ist, sollte keine Klinik sagen: Wir nehmen diesen Patienten aus Krefeld nicht auf, sondern warten auf einen Kölner. Das ist auch nicht die Idee einer solidarischen Zusammenarbeit. Eine zentrale Strategie der Stadt, »weniger« aus dem Umfeld aufzunehmen, gibt es nicht“, betont er. Dafür sei die Lage auf den Intensivstationen zu dynamisch. „Entscheidend ist es, die Bedingungen für die Kliniken zu verbessern.“
„Sehr gute Impfquote“ in Köln als weiterer Grund
Einen weiteren Grund für die vergleichsweise wenigen Covid-Intensivpatienten sieht Horst Kierdorf in der „sehr guten Impfquote“. Tatsächlich steht Köln mit einer gemeldeten Impfquote von rund 73 Prozent der Gesamtbevölkerung besser da als Nordrhein-Westfalen (rund 71 Prozent) und Deutschland insgesamt (knapp 68 Prozent). Dennoch steige die Belegung linear zur Inzidenz an – „nur eben mit einem kleineren Faktor“, sagt Kierdorf.
Er erwartet in den kommenden Wochen weiter steigende Fallzahlen und geht entsprechend auch von einer höheren Zahl an Hospitalisierungen und Intensivbehandlungen aus: „Wir sind noch nicht am Ende.“ Das zeigt auch ein Blick auf die Belegung der Intensivbetten mit Corona-Patienten in ganz Deutschland. Hier hält der steigende Trend der vergangenen Monate weiter an, laut DIVI-Intensivregister lagen am Mittwoch 3376 dieser Patienten auf den Stationen – 96 mehr als am Vortag.
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„Wir stehen intensivmedizinisch am Anfang einer Welle, die sehr kompliziert wird“, sagt Kierdorf. Bislang müsse man niemanden ablehnen. „Es entsteht aber schon das Gefühl, bald nicht mehr umfassend auf alles reagieren zu können.“ Menschen, die gesund und doppelt geimpft sind, seien in Köln bislang nicht von besonders schweren Verläufen betroffen.
„Die schweren Intensivfälle gibt es nur bei Ungeimpften oder – seltener – bei schwer vorerkrankten alten Menschen, die geimpft sind. Andere Fälle sind mir zumindest nicht bekannt“, sagt Kierdorf.