AboAbonnieren

Leerstand in Köln-BickendorfDie Flut von 2021 hinterlässt noch immer Lücken

Lesezeit 3 Minuten
Ein sehr großes Eckhaus mit gelbem Anstrich und Ladenlokal im Erdgeschoss ist zu sehen.

Das klobige Eckhaus an der Ecke Teich-/Subbelrather Straße in Bickendorf hat durch den Starkregen am 14. Juli 2021 sehr gelitten.

Das markante Wohnhaus an der Teichstraße steht leer. Es war im Juli 2021 durch die Wassermassen beschädigt worden.

Manche Bickendorfer erinnern sich noch an die Zeit, als im Haus an der Ecke Teichstraße/Subbelrather Straße ein Puff betrieben wurde. Die Prostituierten seien immer im Pelzmantel in der Kneipe erschienen, die heute als „Kääzmanns“ bekannt ist. In den 1960er Jahren sei das gewesen, erzählt ein Nachbar. An der Stelle hat das überdimensioniert wirkende Gebäude an der Teichstraße 2 wohl tatsächlich schon in den 50er-Jahren gestanden, wie ein Bericht im „Kölner Stadt-Anzeiger“ vom 2. August 1955 belegt.

Schweres Unwetter über Köln forderte im Jahr 1955 drei Menschenleben

Damals hatte ein schweres Unwetter für eine Überschwemmung gesorgt. „Stundenlang tobte das Gewitter, das sich aus vier Gewittern zusammenballte, über der Stadt, belgeitet von Sturmböen, die bis Windstärke 9 erreichten. Innerhalb von 45 Minuten wurden über 250 Blitzschläge gezählt.“ Das Unwetter forderte drei Menschenleben. Die Schwarz-Weiß-Bilder von damals ähneln denen vom 14. Juli 2021: Die Subbelrather Straße hat sich in einen Flusslauf verwandelt. Häuser, Fahrzeuge und Menschen versinken im Wasser.

Das markante Haus an der Teichstraße 2, das auf dem alten Zeitungsbild zweifelsfrei zu erkennen ist und schon damals große Schäden davongetragen haben muss, steht heute noch immer.

Das leerstehende Ladenlokal eines Kiosks mit verschmierter Fassade und mit Zeitung verklebter Eingangstür ist zu sehen.

Der Kiosk 2 an der Teichstraße ist infolge des Starkregens vom Juli 2021 geschlossen.

Der Kiosk im Erdgeschoss ist seit dem 14. Juli 2021 geschlossen, Zeitungen kleben von innen an den Fenstern. Auch die Wohnungen sind inzwischen verwaist. Es stehen zwar noch zahlreiche Namen an den Klingelschildern der schmucklosen Eingangstür, doch geöffnet hat sie seit Monaten niemand mehr. Der Leerstand sei bekannt, sagt eine Stadtsprecherin.

„Der Verfügungsberechtigte hat der Wohnungsaufsicht seine Planungen zu den Sanierungsarbeiten mitgeteilt, das konkrete Konzept jedoch noch nicht eingereicht. Die Wohnungsaufsicht überwacht den Vorgang engmaschig“, so die Sprecherin weiter. Man darf also gespannt sein, was mit dem Klotz an Bickendorfs neuralgischem Tiefpunkt geschehen wird.

Eine Straßenkreuzung ist überflutet, Häuser stehen bis zur Fensterunterkante im Wasser.

Die überflutete Teichstraße in Bickendorf 14.Juli 2021, das Eckhaus mit dem Kiosk steht heute leer.

Ob Abriss oder Sanierung an der Stelle sinnvoll ist, ist eine Frage, die alle Nachbarn in Bickendorf bewegt. Viele von ihnen waren selbst vom Hochwasser betroffen. Einige, allen voran die „Künstler für Bickendorf“, setzen sich darum vehement dafür ein, dass auf dem Gelände der Förderschule Lindweiler Hof, das dem Haus gegenüber liegt, ein Dorfteich angelegt wird. Die Schule ist genau wie das Haus mit dem Kiosk durch die Wassermassen zum Sanierungsfall geworden.

Dorfteich am Lindweiler Hof soll Hochwasserschutz bieten

„Das Fassungsvermögen der Retentionsmulde kann unsere Häuser wirksam schützen und liefert den ökologischen und klimaresilienten Ansatz zu nachhaltiger Wasserwirtschaft. Alle anderen Optionen führen weiterhin zur Überschwemmung unserer Häuser, bedrohen letztlich unsere Existenzen. Schon jetzt sind erste Leerstände eine Folge der Fluten seit 2017, insbesondere jedoch der Flut von 2021“, schreibt Wolfgang Stöcker von den Künstlern für Bickendorf in einem Brief an die Stadt. Die Bürger wünschen sich die Wiederherstellung eines Dorfteichs, wie es ihn am Ende des 19. Jahrhunderts schon einmal gegeben hatte.

Dem „Kradepohl“ ist auch eine Tafel des Bickendorfer Kulturpfades gewidmet, die am Pumpwerk angebracht ist, das an der Subbelrather Straße gegenüber dem Haus Teichstraße 2 liegt. Dem Pumpwerk, das die Stadtentwässerungsbetriebe Köln als Konsequenz aus dem letzten Hochwasser ertüchtigen wollen. Außerdem planen sie, auf dem Areal des Lindweiler Hofs ein unterirdisches Auffangbecken zu installieren.

Den Bürgern reichen diese Maßnahmen nicht. In der Zeit zwischen 1955 und 2017 habe es laut der Erinnerung des alteingesessenen Bickendorfers keine größeren Überschwemmungen gegeben. Seit dem Jahr 2017 standen die Häuser im Bereich der Senke an der Teichstraße aber schon drei Mal im Wasser.