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Knapp 700 HektarGeplante Überflutungsfläche in Köln soll bei Hochwasser schützen

Lesezeit 4 Minuten
Die Verantwortlichen stellen die Planungen vor.

Oberbürgermeisterin Henriette Reker, NRW-Umweltminister Oliver Krischer sowie Thomas Wilk, Regierungspräsident der Bezirksregierung Köln und die Steb-Vorsitzende Ulrike Franzke (von rechts) stellen die Planungen vor.

Als letzter großer Schritt des „Aktionsplans Hochwasser“ soll in Worringen die größte künstliche Überschwemmungsfläche in NRW entstehen.

Das Naturschutz- und Naherholungsgebiet Worringer Bruch im Kölner Norden ist nun auch offiziell das größte Hochwasser-Entlastungsgebiet entlang des Rheins in ganz Nordrhein-Westfalen. Die knapp 700 Hektar umfassende Fläche, ein weiter Teil des gesamten Bruch-Gebiets, stellt als sogenannter Retentionsraum jetzt ein riesiges Notbecken dar, das bei extremen Hochwasserereignissen bis zu 30 Millionen Kubikmeter Wasser aufnehmen kann.

Zur feierlichen Übergabe des Genehmigungsbescheides durch die Landesregierung für die Maßnahme zum Schutz mehrerer Zehntausend Menschen bei Hochwasser im Kölner Norden und in der gesamten Region, ist am Freitag Oliver Krischer, Minister für Umwelt, Naturschutz und Verkehr, in den Kölner Norden gekommen.

Der Grünen-Politiker überreichte auf dem das Gebiet umfassenden Rhein-Deich das offizielle Dokument für den Abschluss der Planfeststellung für das Projekt aus dem Jahr 2016 an Ulrike Franzke, Vorständin der für Planung, Bau und Betrieb der künstlich geschaffenen Überschwemmungsfläche zuständigen Stadtentwässerungs-Betriebe Köln (Steb).

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Auch Kölns Oberbürgermeisterin Henriette Reker (parteilos) sowie Thomas Wilk, Regierungspräsident der Bezirksregierung Köln, waren vor Ort und bekundeten die laut Reker „enorme Bedeutung des Vorhabens für die Menschen“ und die Gewährleistung ihrer Sicherheit vor der „immensen und mitunter zerstörerischen Kraft des Wassers“, wie Wilk mit Bezug auf die Hochwasser-Katastrophe im Ahrtal 2021 ergänzte.

Das Hochwasser-Entlastungsgebiet kann Überflutungswellen um 17 Zentimeter senken

Die Einrichtung des neuen Retentionsraums soll es bei Rhein-Hochwasser ermöglichen, die Spitzen von seltenen – aber wie bei den extremen Hochwässern 1993 und 1995 durchaus möglichen – Überflutungswellen am Rhein um bis zu 17 Zentimeter zu kappen. Dafür werden umgrenzende Bauwerke wie Deiche, Dämme und Pumpwerke geschaffen, die ein kontrolliertes Fluten und später wieder Ablassen des Wassers auf einer Fläche von insgesamt exakt 670 Hektar ermöglichen.

„Wir können dieses Becken wie eine Badewanne steuern – mit einem Riesen-Schutzeffekt für die Menschen. Das hilft nicht nur Köln, sondern auch allen Rheinunterliegern – bis in die Niederlande“, sagte Krischer. Durch Begradigung und Verbau hätten viele Flüsse in den vergangenen Jahrhunderten ihre natürlichen Überschwemmungsbereiche verloren, so der Minister weiter. Für einen besseren Hochwasserschutz sei es darum essenziell, „den Flüssen durch Maßnahmen wie diese sowie Renaturierungen wieder Raum zu geben“, führte Krischer aus.

Der Retentionsraum Worringen ist der letzte große Schritt des „Aktionsplans Hochwasser“

Wenn die Wasserstandsvorhersage im Stadtgebiet unter dem Titel „Kölner Pegel“ künftig eine Höhe von mindestens 11,70 Meter erreicht und eine Hochwasserwelle von mehr als 11,90 Metern prognostiziert wird, dann soll der Retentionsraum in Worringen gezielt geflutet werden. Mit 22 Stunden Fülldauer des Gebiets schafft das im Ernstfall sowohl für die Menschen, als auch für die vor Ort ansässigen großen Unternehmen zusätzliche Zeit, um sich in Sicherheit zu bringen, weitere Maßnahmen wie Bergungs- und Rettungsaktionen zu initiieren.

„Die Stadtentwässerungsbetriebe haben die Schutzmaßnahmen kontinuierlich erhöht, die gesamte Hochwasserschutzlinie entlang des Rheins wurde verstärkt und der Retentionsraum in Langel ist bereits in Betrieb“, betonte Henriette Reker. Mit dem Retentionsraum Worringen folge jetzt der letzte große Schritt des „Aktionsplans Hochwasser“, der im Rahmen der Klimafolgeanpassung der Stadt Köln umso dringlicher geworden sei, so die Oberbürgermeisterin weiter.

Die Planungen stoßen nicht nur auf Begeisterung

Nach dem Ratsbeschluss von 2006 und dem Abschluss des Planfeststellungsverfahrens liegt damit nun die Genehmigung durch die Bezirksregierung Köln vor. Der Regierungspräsident begründete am Freitag die lange Projektdauer mit dessen hohen Komplexität: „Bei einem Vorhaben dieser Größe sind vielfältige Belange zu beachten, etwa Fragen des Wassermanagements und der Bauausführung, Auswirkungen auf Nutzungen und das Naturerleben und Naturschutzaspekte“, führte Wilk auf.

Indes stößt der neue Retentionsraum nicht nur auf Begeisterung: Zahlreiche Mitglieder des Bürgervereins (BV) Worringen und einer daraus entstandenen Bürgerinitiative gegen das Vorhaben hatten sich vor Ort versammelt, hielten Plakate hoch und kritisierten, dass sie „die Leidtragenden des Projekts“ seien, wie Anwohnerin und BV-Mitglied Andrea Roßmar dieser Zeitung sagten.

Die Stadtentwässerungsbetriebe übernehmen Planung, Bau und späteren Betrieb der Anlage

Die Steb Köln haben für die Anliegen der Bürgerinnen und Bürger ein Büro in Worringen eröffnet, und hätten mit Infoabenden und Austausch gezielt Anlaufstellen für Sorgen und Kritik geschaffen, hieß es seitens der Projektverantwortlichen. Auch während der nun beginnenden detaillierten Ausführungsplanung und der Vergabe der Bauleistungen, die ab 2027 bis 2034 stattfinden sollen, würde weiterer Austausch ermöglicht und Transparenz geschaffen.

Die Dimension und Maßnahmen für die Anlage des Retentionsraumes erläuterte Vorständin Ulrike Franzke: „Zur Realisierung sind unter anderem Deiche, Hochwasserschutzwände sowie Ein- und Auslassbauwerke zur gezielten Steuerung des Hochwassers erforderlich. Mit 30 Jahren Erfahrung im Hochwasserschutz übernehmen die Steb Köln die Planung, den Bau und den späteren Betrieb des Retentionsraums Worringen.“ Das Land NRW leistet neben dem Bund einen erheblichen Anteil an der Finanzierung des Projekts mit geplanten Kosten in Höhe von 226 Millionen Euro, sowohl zur Ertüchtigung des Rheindeichs zwischen Worringen und Chorweiler als auch für den Bau des dahinter liegenden Retentionsraums.

Weitere Informationen zum Hochwasserschutz in Köln und der Arbeit der Steb im Internet. https://steb-koeln.de