Nach drei Jahren hat das Kölner Ordnungsamt die Parkkonzerte bekannter Musiker gestoppt. Der Unmut ist groß, die Stadt verteidigt ihr Vorgehen.
Profimusiker wütendKölner Ordnungsamt beendet Parkkonzert und verhängt Knöllchen
Immer wieder sonntags war im Bickendorfer Rochuspark bei gutem Wetter ein Stündchen Zeit für entspannten Lounge-Jazz. Was vor drei Jahren in der Corona-Pandemie aus der Not heraus geboren wurde, entpuppte sich zum beliebten Kulturtreff: Bernd Delbrügge und Ebasa Pallada packten einmal im Monat ihre Musikinstrumente aus, setzten sich auf eine Bank und fingen an zu spielen.
Doch die Parkkonzerte sind jetzt vorerst Geschichte. Den Schlussakkord setzten Mitarbeiter des Ordnungsamts. Als sie mit einem Dienstwagen am vergangenen Sonntag im Park Streife fuhren, zogen sie dem Saxofonisten und dem Trompeter den Stecker. Zudem brummten die städtischen Mitarbeiter den Musikern ein Knöllchen in Höhe von 35 Euro auf – unbeeindruckt von Protesten enttäuschter Zuhörerinnen und Zuhörer.
Ordnungsamt Köln: Knöllchen für Musiker Delbrügge und Pallada
Zwei Tage nach dem Vorfall trifft der „Kölner Stadt-Anzeiger“ die beiden Musiker am Ort des Geschehens: Delbrügge ist immer noch wütend, dass man ihn mit Straßenmusikern in einer Fußgängerzone gleichsetzt. Die Mitarbeiter des Ordnungsamtes seien mittlerweile „außer Kontrolle geraten“, schimpft er. Die Oberbürgermeisterin solle sie zurückpfeifen.
Alles zum Thema Ordnungsamt Köln
- Alkoholverkauf Jugendliche Testkäufer decken vor Sessionsstart 39 Verstöße in 50 Kölner Kiosken auf
- Bombensprengung in Köln-Merheim Patienten in Kliniken zurückgekehrt – Halteverbote nicht mehr gültig
- Bombenfund in Köln-Merheim Aufwendigste Evakuierung seit Kriegsende – Hinter den Kulissen eines Ausnahme-Einsatzes
- Leserbriefe zum Straßenmusiker-Casting „Regelung längst überfällig“
- Kölns einsame Tote „Der Boden war voller Fliegen, man ging wie auf Popcorn“
- „Verweigerung ist unverständlich“ Stammgäste starten Petition für Kaffeemobil in Lindenthal
- Geräte neu im Einsatz Bodycam half Kölner Ordnungsamt an Karneval bei Einsatz gegen Schläger
Er mache das nicht, um Geld zu verdienen. Delbrügge ist in der Musiker-Szene kein Unbekannter: So gründete er unter anderem die Band Soulcats, war Bandleader in der „RTL Nachtshow“ und spielte mit Nina Hagen oder Guildo Horn. Pallada studierte bei Markus Stockhausen, Auftritte mit Größen wie Bobby McFerrin folgten. Außerdem genießt er im Karneval bei „Deine Sitzung“ als „Ebasa, der Meister“ Kultstatus.
„Wir haben ein niedrigschwelliges Kulturangebot für die Stadt geschaffen“, betont Delbrügge. Entstanden sei es während des Corona-Lockdowns vor drei Jahren. Durch die Auftrittsverbote in Clubs kam ihm mit Pallada die Idee, an der frischen Luft und mit dem nötigen Abstand für Unterhaltung zu sorgen. Seitdem spielten die beiden Profimusiker regelmäßig vor etwa 50 bis 80 Menschen, die ihnen spontan oder auch mit Picknickdecke oder Piccolo zuhörten.
Dementsprechend groß ist das Unverständnis in den sozialen Netzwerken. „Ich sehe in der Maßnahme des (Un)ordnungsamts keinen Sinn. In anderen Städten ist so etwas Kultur“, heißt es da etwa. Oder: „Das ist Kölle: nach außen weltoffen und tolerant – nach innen aber kleingeistig und spießig!“
Die Stadt Köln verteidigt ihr Vorgehen. „Damit das Zusammenleben vieler Menschen auf engem Raum funktioniert, müssen gewisse Regeln gelten“, argumentiert eine Sprecherin und verweist auf die Kölner Stadtordnung. Diese, wie auch das Landesemissionsschutzgesetz, verbietet den Einsatz von Verstärkern im öffentlichen Raum – „wenn hierdurch andere belästigt werden könnten“. Die Musiker seien mit dem Verwarngeld aufgrund dieser Ordnungswidrigkeit einverstanden gewesen.
Trompeter Pallada jedoch vermisst den Ermessensspielraum der Ordnungskräfte. „Die entspannte, friedliche Atmosphäre machte es gerade aus. Davon kann sich doch niemand ernsthaft gestört fühlen.“ Fragen nach Unterstützung durch das Kulturamt blieben erfolglos, berichtet Delbrügge. Beide suchen dennoch nach Möglichkeiten, legal weiter spielen zu können. „Es müsste Zonen in Parks geben, wo solche kleinen Konzerte möglich sind“, schlägt Pallada vor. Immerhin gebe es doch auch Freilaufflächen für Hunde. Delbrügge fügt lakonisch an: „Für das Ordnungsamt sind wir Musiker unterhalb von Hunden angesiedelt.“