Köln – Butlers, Jacobi, Strauss Innovation, das Traditionshaus Franz Sauer: Die Liste der Kölner Traditionshäuser, die aktuell schließen oder kürzlich ihr Ende bekannt gaben, ist lang. Wir haben mit Annett Polster, Geschäftsführerin des Stadtmarketing Köln, über die Situation im Kölner Einzelhandel gesprochen.
Frau Polster, der Kölner Einzelhandel scheint arg gebeutelt: Am Dienstag hatte das Kölner Traditionshaus Franz Sauer zum letzten Mal geöffnet, am Montag wurden die bedenklichen Schwierigkeiten der Firma Butlers bekannt, Jacobi schließt im April. Ist Köln nicht mehr attraktiv für den Handel?
Die aktuellen Entwicklungen sehen wir ebenfalls sehr kritisch. Aber die aktuelle Situation der besagten Händler hat einerseits allgemeine, andererseits sehr unterschiedliche interne Gründe.
Köln ist immer noch ein sehr attraktiver Einzelhandelsstandort. Dies spiegelt sich in den Kundenfrequenzmessungen und auch in den umfangreichen Neuansiedlungen von Ladenkonzepten in der Innenstadt wieder. Allerdings werden wir durch die hohen Filialisierung mit vielen anderen Städten vergleichbar.
Leider verlieren wir den hochwertigen und Inhaber geführten Handel, der den Einzelhandelsstandort Köln so attraktiv gemacht hat und damit bleibt die Kaufkraft für diese Käuferschicht auch nicht mehr in der Stadt. Daran müssen wir arbeiten, denn der Kunde hat am Kölner Standort sehr schnell die Wahl in die Nachbarstädte oder über die Grenze zu fahren oder im Internet zu bestellen.
Worauf führen Sie die zahlreichen Schließungen in den vergangenen Jahren vor allem zurück? Hohe Ladenmieten in der Innenstadt, immer attraktiver werdender Onlinehandel, verändertes Kaufverhalten Kunden?
Die wichtigen Punkte haben Sie bereits angesprochen. Dies sind aber auch generelle Entwicklungen zugunsten des Onlineshopping oder die hohe Filialisierung, die sich national und international im Handel widerspiegelt. Lokale Rahmenbedingungen am Standort, wie z.B. Stadtqualität, Stadtentwicklung und Image spielen dabei aber auch eine wichtige Rolle. Bei den von Ihnen benannten Beispielen kommen sehr unterschiedliche interne Gründe hinzu, u.a. ungeklärte Nachfolgeregelungen u.ä.
Komischerweise laufen die Billiganbieter: Vergangene Woche eröffnete die niederländische Kette Hema in der Hohe Straße, Woolworth ist im DuMont Carré präsent, Primark und TK Maxx sind die Publikums-Magneten am Neumarkt. Wie lässt sich denn wieder hochwertigerer Handel ansiedeln?
Diese Entwicklung sehen auch wir äußerst kritisch, sie verändert das Stadtbild. Wir verlieren eine hohe Anzahl an Einzelhändlern im mittleren und oberen Segment, die das Stadtbild bisher positiv geprägt haben. Dabei bildet z. B. gerade das Kolumbaquartier eine gute Ausgangssituation für eine gegenläufige Entwicklung. Leider haben aber auch hier schon einige Händler ihre Standorte aufgegeben.
Stadtmarketing Köln und die Studenten der TH Architektur haben ein überzeugendes Konzept vorgestellt, dessen Realisierung der Entwicklung entgegenwirken würde. Es stimmt mit den Plänen der Stadt überein. Hier sollte man kurzfristig aktiv werden.
Steht die Befürchtung an, dass irgendwann das Verhältnis zwischen billig und teuer/hochwertig kippt?
Ja, diese Befürchtungen haben wir. Deshalb sehen wir die Entwicklung auch ausgesprochen kritisch. Es muss ein guter Mix zwischen preiswerten und hochwertigen Handelskonzepten in einer Millionenstadt da sein. Dabei ist das Zusammenspiel zwischen Politik, Verwaltung und der Privatwirtschaft wichtig.
In anderen Städten gibt es starke Initiativen, die mit sog. BID’s sehr erfolgreich arbeiten. Dies könnte auch für Köln ein Weg sein. Entscheidend ist aber, dass der gesamte Einzelhandel gemeinsam ein Konzept erarbeitet, um mittelfristig der negativen Entwicklung entgegen zu wirken. Wir von Stadtmarketing Köln wollen mit den Händlern der Innenstadt und weiteren Partnern der Stadt ein Konzept erarbeiten, das auch umsetzbar ist.
Werden die Nebenstraßen zu attraktiveren Schauplätzen? Mittelstraße, Rudolfplatz?
Als Nebenstrassen würde ich diese Flächen nicht bezeichnen, denn die Attraktivität der Innenstadt liegt gerade in der Vielfalt der unterschiedlichsten Konzepte. Gerade für diese Straßen sehen wir gute Chancen, dass sich weitere, qualitativ anspruchsvolle Händler niederlassen.
Wird durch die Verschönerung der Maastrichter Straße das Belgische Viertel attraktiv für größere Händler?
Diese Entwicklung könnte folgen, denn wir haben sie bereits in der Ehrenstrasse erlebt. Hier sind viele individuellen Händler durch neue Konzepte der Filialisten verdrängt wurden. Und auch hier wäre es wichtig, die Initiative zu ergreifen, um den eigenen Charme des Belgischen Viertels zu erhalten. Ein sehr gutes Beispiel haben wir in Ehrenfeld, wo der Inhaber geführte Einzelhandel sich sehr gut entwickelt, da er auf die Wünsche der Bürger eingeht.
Wenn Köln in Zukunft für seine Bürger, die Gäste aus der Region sowie nationale und internationale Touristen weiterhin interessant sein will, brauchen wir die hochwertigen Geschäfte.
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