Die meisten Geschäftsleute ziehen ein positives Fazit: Öffnen am Sonntag bedeutet viel Arbeit, aber es lohnt sich. So wie auf der Dürener Straße.
„Hüpfburg aufstellen reicht nicht“Warum Kölner verkaufsoffene Sonntage meistens ein Erfolg sind
Es ist so weit. An diesem Wochenende packt Cristina Steffen wieder die riesige Holzeisenbahn aus. Sie wird beim „Lindenthaler Sommerfest“ auf der gesperrten Dürener Straße neben einem Verkaufspavillon vor ihrem Spielzeuggeschäft „Der Rabe“ stehen. „Von der Bahn sind die jüngeren Kinder immer begeistert, die fasziniert sie einfach“, sagt Steffen. Aus Anlass des Sommerfests sind „Der Rabe“ und die anderen Läden auf der Dürener Straße am Sonntag von 13 bis 18 Uhr geöffnet. Ein verkaufsoffener Sonntag bedeute zwar mehr Arbeit, so Steffen. „Aber das lohnt sich auch.“
Es kämen viele Menschen, einige auch von weit her, weil das traditionelle Fest einen guten Ruf habe. Das Angebot sei hochwertig, es gäbe schöne Stände. „Manchmal sagen die Leute auch: Ich wohne hier schon lange, aber ich habe ihr Geschäft nie so richtig wahrgenommen.“ Die Kunden freuten sich dann über die gute Beratung und die Auswahl. „Außerdem haben die Leute am Sonntag einfach mehr Zeit. Und sehen, dass es schön ist, Dinge anzufassen und auszuprobieren statt im Internet zu bestellen.“ Der verkaufsoffene Sonntag habe eine langfristige Ausstrahlung: „In den Wochen danach merke ich das am Umsatz.“
Nach Rodenkirchen kommen sogar Besucher aus Düsseldorf
Auch Petra Walterscheidt, Inhaberin des „Bistro Verde“ in Rodenkirchen, bestätigt den langfristigen Effekt der Sonntagsöffnung. „Wir liegen ja etwas versteckt, viele entdecken uns da ganz neu.“ Etwa die Hälfte der Besucher kämen aus dem Veedel, die andere Hälfte aus Düsseldorf, Bergisch Gladbach und dem weiteren Umland. „Viele kommen wieder und buchen dann bei uns Familienfeiern, weil sie von unserem Innenhof so begeistert sind.“ Das Fest in Rodenkirchen findet am Wochenende 31. August/1. September statt. Im „Bistro Verde“ gibt es dann Live-Musik und Häppchen.
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Dachte man bei Straßenfesten und verkaufsoffenen Sonntagen eine Zeitlang vor allem an Fressbuden, Stände mit Handyhüllen und billige Bespaßung, hat sich das Bild vielfach gewandelt. So sieht auch Köln-Business, die städtische Wirtschaftsförderung, die Sonntage als wichtigen Wirtschaftsfaktor. Im vergangenen Jahr unterstützte Köln-Business rund 20 Feste mit rund 150.000 Euro, unter anderem wurden Werbeanzeigen entworfen und platziert. „Mit unserer Werbe-Unterstützung wollen wir mehr Menschen zum Besuch der Veedel motivieren und so auch den Handel dort stärken“, sagt Geschäftsführer Manfred Janssen.
Geschäftsleute in Neuehrenfeld wollten weg von Kirmesveranstaltung
„Durch die zusätzliche Bewerbung des verkaufsoffenen Sonntags im Rahmen von ‚Deutz feiert‘ am ersten Augustwochenende sind wir mittlerweile das größte Familienfest in NRW in den Sommerferien“, so Daniel Wolf von der Interessengemeinschaft Deutz.
Die Interessengemeinschaften (IG) der Geschäftsleute können sich auch an Köln-Business wenden, um die verkaufsoffenen Sonntage genehmigen zu lassen. Denn das ist gar nicht so einfach. Da Kirchen und Gewerkschaften Arbeit und Kommerz am Sonntag kritisch sehen, gelten strenge Vorschriften. Eine Sonntagsöffnung wird nur erlaubt, wenn es dazu einen Anlass gibt: einen Markt, eine Messe oder ein Fest. Es gibt eine jährliche Höchstgrenze und die Öffnungszeit ist beschränkt. Die Stadt Köln hat für dieses Jahr 19 verkaufsoffene Sonntage genehmigt.
In der Neuehrenfelder Landmannstraße zwischen Subbelrather Straße und Lenauplatz haben sich die Geschäftsleute erst vor zweieinhalb Jahren zu einer IG zusammengeschlossen und veranstalten am 14./15. September zum dritten Mal das „Neuehrenfest“. Zwar gibt es auf der Landmannstraße schon seit Jahrzehnten ein Straßenfest mit Sonntagsverkauf. Das wurde allerdings von der Firma Werbepraxis von der Gathen, die stadtweit zahlreiche Feste organisiert, bespielt. Nur wenige der inhabergeführten Geschäfte beteiligten sich, unter anderem weil sie an der Veranstalter mehrere Hundert Euro Standgebühr zahlen mussten.
Öffnung funktioniert nicht in jeder Kölner Straße
Weil die IG die Veranstaltung nun selbst anmeldet, entfallen diese Gebühren. „Wir wollten außerdem weg von der reinen Kirmesveranstaltung“, sagt Heinz-Josef Meller, Inhaber der Parfümerie Meller. Nun machen fast alle mit, präsentieren sich mit Ständen auf der Straße. „Wir sehen viele neue Gesichter. Viele Leute sagen: Wir wussten gar nicht, dass es hier so tolle Geschäfte gibt“, berichtet Heike Sommnitz, die in ihrem Laden „Pantine und die bunte Bande“ vor allem Kinderschuhe verkauft. „Wir habe hier ein richtiges Flair geschaffen und gewinnen Neukunden.“
Laut einer deutschlandweiten Umfrage von 2020 des in Köln ansässigen Instituts für Handelsforschung (IFH) sehen 88 Prozent der größeren Städte mit mehr als 100.000 Einwohnern die Wirkung von verkaufsoffenen Sonntagen positiv. Allerdings funktioniere das nicht für jede Straße. IFH-Geschäftsführer Boris Hedde: „Die Wertigkeit des Angebots ist wichtig. Die Straße, das Veedel muss sich inszenieren. Und das klappt in Köln an vielen Orten richtig gut. Dazu braucht man aber auch eine gute Planung. Eine Hüpfburg macht noch keine Sonntagsöffnung.“
Die Besucher schätzten den Mix aus Unterhaltung, Kultur, Gastronomie und Shoppen. „Es reicht nicht, nur einfach die Tür aufzumachen am Sonntag. Man muss den Menschen schon etwas mehr bieten: Musik, Getränke, Gewinnspiel – der Eventcharakter macht den Sonntagsbummel besonders.“ Am Wochenende wird das auf der Dürener Straße wieder versucht.