Kardinal Rainer Woelki hat eidesstattlich versichert, dass er erst Ende Juni 2022 mit dem „Fall Pilz“ befasst worden sei. Der Name des 2019 gestorbenen früheren „Sternsinger-Präsidenten“ Winfried Pilz ist aber bereits 2015 auf einer internen Liste von Missbrauchstätern aus dem Erzbistums Köln aufgeführt, die eigens für Woelki erstellt wurde. Das sagte die dafür verantwortliche Mitarbeiterin dem „Kölner Stadt-Anzeiger“.
Enthüllung zu WoelkiWarum das Interview mit einer Mitarbeiterin so brisant ist
Aussagen einer leitenden Mitarbeiterin des Erzbistums Köln zum Missbrauchsskandal belasten Kardinal Rainer Woelki schwer. Die frühere Assistentin des Personalchefs sagte dem „Kölner Stadt-Anzeiger“, sie habe Anfang 2015 für Woelki persönlich eine Liste mit Missbrauchstätern erstellt, deren Fälle zum damaligen Zeitpunkt aktuell waren. Einer der insgesamt 14 Namen ist der Name des früheren „Sternsinger-Präsidenten“ Winfried Pilz.
Woelki hatte zu seinem Kenntnisstand zwei eidesstattliche Versicherungen abgegeben. Er will demnach erst in der vierten Juniwoche 2022 mit dem Fall Pilz befasst worden sein. „Das ist nicht wahr“, sagte Dahm. „Mag sein, dass er sich das Blatt mit Pilz und den anderen 13 Namen nicht angeschaut hat. Aber befasst habe ich ihn damit. Ganz eindeutig. Deshalb war ich auch so entsetzt über die Selbstdarstellung des Kardinals in der Öffentlichkeit.“
Der 2019 verstorbene Pilz wurde 2014 von Woelkis Vorgänger, Kardinal Joachim Meisner, nach Missbrauchsvorwürfen mit einer Geldstrafe und einem Kontaktverbot zu Minderjährigen belegt. Eine Meldung an Pilz’ Wohnbistum Dresden-Meißen hierüber unterblieb pflichtwidrig. Woelki behauptet, auch dies nicht gewusst und daher keinen Handlungsbedarf gesehen zu haben. Das Erzbistum erklärte, die Akte Pilz sei zu Beginn von Woelkis Amtszeit 2014 geschlossen gewesen.
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Erzbistums-Mitarbeiterin: „Fall Pilz war nicht abgeschlossen“
Auch dem trat die Mitarbeiterin entgegen. Auf der von ihr Anfang Januar 2015 erstellten Liste ist eigens vermerkt, dass Pilz von seiner Strafe in Höhe von 4000 Euro damals erst eine Rate an das Erzbistum gezahlt hatte. Die Liste, erklärte die Mitarbeiterin weiter, sei Woelki in einer Besprechung von ihrem damaligen Chef, Pfarrer Stephan Weißkopf, vorgelegt worden. Eine Kopie des Dokuments liegt dem „Kölner Stadt-Anzeiger“ vor. Nach der Besprechung, so die Mitarbeiterin weiter, habe Weißkopf zur Liste mit den Täternamen gesagt, das habe den Kardinal „überhaupt nicht interessiert“.
Nach mehreren Strafanzeigen gegen Woelki wegen möglicher Falschaussage zum Fall Pilz sah die Staatsanwaltschaft Köln bislang keine hinreichenden Verdachtsmomente und lehnte Ende September Ermittlungen ab.
Neue Erkenntnisse zum Agieren des Erzbistums nach Pilz' Tod
Neue Erkenntnisse lieferte die Mitarbeiterin auch zum Agieren der Bistumsspitze nach Pilz‘ Tod im Jahr 2019. In einem offiziellen Nachruf wurden die Missbrauchsvorwürfe verschwiegen, die auf der Leitungsebene bekannt waren.
Die Mitarbeiterin war von 2013 bis 2017 im Erzbischöflichen Generalvikariat beschäftigt. Danach übernahm sie in einem Kirchengemeindeverband die Verwaltungsleitung. Zu ihrem Gang in die Öffentlichkeit sagte sie dem „Kölner Stadt-Anzeiger“, sie habe es nicht mehr ausgehalten, Dinge aus erster Hand zu wissen, „die den öffentlichen Aussagen von Kardinal Woelki widersprechen“.