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Erzbistum KölnWeihbischof Puff wirbt verdeckt für umstrittene Bewegung

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Weihbischof Ansgar Puff

Köln – Eine verdeckte Werbung von Weihbischof Ansgar Puff für das „Neokatechumenat“, eine umstrittene geistliche Bewegung, bei vier Chor-Ensembles des Kölner Doms – darunter auch eine Jugendformation – hat Unruhe in der Elternschaft ausgelöst.

Wie Domkapellmeister Professor Eberhard Metternich auf Anfrage des „Kölner Stadt-Anzeiger“ bestätigte, verteilte Puff, selbst Anhänger der Gemeinschaft, in den laufenden Proben für die Kar- und Osterliturgien einen Flyer, der zu einer Reihe von Gesprächsabenden im Domforum unter dem Titel „Deine Mission?! Glaubensfragen und -antworten“ einlädt.

Verantwortliche für die Gesprächsabende nicht erkennbar

Aus dem Text geht nirgends hervor, welche Gruppierung für dieses Angebot verantwortlich ist. Nur für Eingeweihte ist die Verbindung zum Neokatechumenat aus der Tatsache ersichtlich, dass die als Bildmotiv verwendete Christus-Ikone vom Gründer der Gemeinschaft, dem spanischen Kunstmaler Kiki Argüello, stammt und das Veranstaltungs-Design mit 14 Treffen in zwei Monaten den Einführungskursen der Bewegung entspricht.

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Auf dem Flyer wird nicht auf das „Neokatechumenat“ hingewiesen.

Puff habe zunächst die Glaubensstärke und das Engagement der jungen Chorsänger gelobt. Danach habe er sie im Beisein einer weiteren Person gebeten, den Flyer an Interessierte zu verteilen und mit ihnen – wenn möglich – zu den Gesprächsabenden zu gehen.

So steht es auch auf dem Flyer selbst: „Du kennst eine Person, die über Gott nachdenkt? Die sich Glaubensfragen stellt? Die nach dem Glück sucht? Gib ihm/ihr diese Einladung … und begleite sie/ihn zu den Gesprächsabenden im Domforum!“

Domkapellmeister zeigt sich irritiert

Metternich sagte, Puff habe ihm die Werbe-Aktion als eigene Initiative angekündigt. „Mir war aber nicht bekannt, wer dahintersteht.“ Von seiner Seite sei es einem Weihbischof nicht zu verwehren, wenn dieser sich an die Chöre des Doms wenden wolle, sagte Metternich weiter. Etwas Vergleichbares sei bislang „in 30 Jahren nicht vorgekommen“. „Wir sind als Dommusik kirchenpolitisch nicht aktiv. Wir wollen eine möglichst liberale Chorgemeinschaft sein, in der viele ihren Glauben leben können. Vielleicht müssen wir sensibler werden für das, was künftig so auf uns zukommt.“

Vater von Chormitgliedern wirft Puff Intransparenz vor

Ein besorgter Vater, der seinen Namen zum Schutz seiner Kinder nicht nennen wollte, sprach mit Blick auf Puffs Vorgehen von „Geheimnistuerei“ und Intransparenz. „Ich finde es suspekt, dass der Bischof nicht mit offenen Karten spielt. Das sollten wir Eltern von jemandem mit seiner Autorität und Funktion erwarten dürfen.“

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Am Rande des Karfreitags-Gottesdienstes machte Puffs Auftritt die Runde unter den Eltern und sorgte dem Vernehmen auch dort für Irritationen. Offenbar will sich der Chorbeirat als Elternvertretung mit dem Vorfall befassen. Vom Erzbistum war weder über die Pressestelle noch den Newsdesk eine Stellungnahme zu erhalten.

Geistliche Erneuerungsbewegung

Der „Neokatechumenale Weg“, so der offizielle Name, ist Teil einer geistlichen Erneuerungsbewegung in der katholischen Kirche und genießt seit seiner Gründung in den 1960er Jahren durch den heute 79 Jahre alten spanischen Kunstmaler Argüello, eine charismatische Gestalt, die Sympathie und Unterstützung der katholischen Kirchenführung.

Nach Recherchen der Wochenzeitschrift „Die Zeit“ ist sie mit 20.000 Gemeinschaften in 1300 Bistümern weltweit vertreten. Das Neokatechumenat versteht sich als Parallelstruktur zu den Pfarrgemeinden, was immer wieder zu Konflikten führt. Außerdem unterhält es eigene Priesterseminare.

Eigenes Priesterseminar auch in Köln

In Deutschland befindet sich eines davon im Erzbistum Köln. Kritiker sprechen von einem elitären Selbstverständnis, mit dem die Anhänger des Neokatechumenats einen Spaltkeil in die Gemeinden trieben, aber auch von einem internen Gefüge, das an die Organisation von Sekten erinnert.

Warnung von Papst Franziskus

Eine Teilnahme an den Gottesdiensten der Bewegung ist nicht ohne Weiteres möglich. Papst Franziskus versicherte das Neokatechumenat bei einem Treffen mit 7000 Mitgliedern 2016 in Rom seiner Begleitung und Unterstützung. Er warnte die Gemeinschaft aber auch davor, sich von den anderen unterscheiden zu wollen.

In der Kölner City ist das Neokatechumenat seit mehr als 20 Jahren in der Nippeser Gemeinde St. Marien angesiedelt. Nach Auskunft der Nachbarpfarreien hat das zu einer spürbaren Abwanderung von Gemeindemitgliedern geführt, die sich dem „Weg“ nicht anschließen wollen.

Meisners Aufsehen erregender Auftritt

Für bundesweites Aufsehen sorgte ein Auftritt des verstorbenen Kardinals Joachim Meisner bei einer Neokatechumenats-Veranstaltung mit Argüello in Köln im Januar 2014. Kurz vor dem Ende seiner Amtszeit als Erzbischof lobte Meisner damals die Ausrichtung der Mitglieder am traditionellen Familienbild und ihren Kinderreichtum. In diesem Zusammenhang sagte Meisner wörtlich: „Eine Familie von euch ersetzt mir drei muslimische.“