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Schwerer Unfall mit MaybachFC-Fan am Heumarkt totgefahren – Urteil gegen Fahrer gefallen

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Kerzen und Blumen liegen am Heumarkt an der Stelle eines tödlichen Unfalls.

Kerzen und Blumen liegen am Heumarkt an der Stelle des tödlichen Unfalls.

Unter Kokaineinfluss fuhr der Fahrer eines Mercedes-Maybach einen FC-Fan am Heumarkt tot. Nun stand er vor Gericht.

Eine Flagge des 1. FC Köln, Fotos und Spruchtafeln kennzeichnen noch heute die Stelle an der Haltestelle Heumarkt, an der sich im vergangenen Oktober ein tödlicher Unfall ereignet hat. Das Opfer aus Düren war großer Fan der Geißböcke, er hatte mit seinem Sohn das Bundesligaspiel gegen den VfB Stuttgart verfolgt. „Der Sohn kam wieder zu Hause an, der Vater nicht“, so formulierte es der Anwalt der Angehörigen. Am Freitag stand der Unfallfahrer wegen fahrlässiger Tötung vor Gericht.

Köln: Angeklagter war mit Mercedes-Maybach

Ein 2,8 Tonnen schwerer Mercedes-Maybach hatte den 44-jährigen Dürener am Überweg nach der Deutzer Brücke erfasst. Der Mann flog etwa 20 Meter durch die Luft, zog sich schwerste Verletzungen zu und verstarb wenige Stunden später im Krankenhaus. Beim Fahrer fuhr unter Kokaineinfluss, auch leidet er an einer wahnhaften Störung. Das habe zu einer Verzögerung der Reaktion geführt. Ansonsten, so der Staatsanwalt, hätte der Fahrer rechtzeitig bremsen können.

Der angeklagte Maybach-Fahrer mit seinem Verteidiger Stefan Chilecki im Amtsgericht Köln.

Der angeklagte Maybach-Fahrer mit seinem Verteidiger Stefan Chilecki im Amtsgericht Köln.

„Mein Mandant möchte erstmal sein Bedauern über den frühen und plötzlichen Tod Ihres Vaters aussprechen“, sagte der Verteidiger des Angeklagten an den Sohn des Verstorbenen gewandt, der als Nebenkläger an der Verhandlung in Saal 29 teilnahm. Den Vorwurf der fahrlässigen Tötung weise man allerdings zurück. Das Opfer sei so schnell auf die Straße gelaufen, dass eine Kollision nicht mehr zu vermeiden gewesen sei. Die Ampel für den Fußgänger hatte auf Rot gestanden.

Maybach-Fahrer berichtet von Leben in Los Angeles

Skurril verlief die Befragung zur Person des Angeklagten. Nach Ausbildungen und Meisterprüfungen im Friseur- und Baugewerbe habe er Probleme mit dem Finanzamt bekommen. Man habe ihm die Konten gesperrt. „Ich habe danach meine Immobilien verkauft und plötzlich hatte ich 2,8 Millionen Euro auf dem Konto“, sagte der 58-Jährige. Dann sei er nach Los Angeles ausgewandert. Über die „Finanzamt-Affäre“ habe er ein Hollywood-Drehbuch geschrieben, das verfilmt werden soll.

Gegenüber einer psychiatrischen Gutachterin hatte der Mann noch angegeben, Online-Beziehungen zu den Schauspielerinnen Sandra Bullock und Jennifer Aniston zu pflegen. In Köln habe er sich damals aufgehalten, um seinen bestellten Maybach abzuholen. Er habe einen Termin im Hotel Hyatt gehabt, habe dann zu seiner Bleibe in der Pfälzer Straße fahren wollen. Er sei dann über die Deutzer Brücke gefahren, die wegen des anstehenden Marathons nur für Anlieger freigegeben gewesen sei.

Köln: Verkehrsgutachter spricht von vermeidbarem Unfall

Er sei mit höchstens 50 Stundenkilometern unterwegs gewesen und habe den Fußgänger vor dem Aufprall nicht gesehen. „Ich habe dann reflexartig gebremst, da flog der schon 20 Meter“, sagte der Angeklagte. Menschen hätten ihn danach von der Bahnhaltestelle aus als Mörder bezeichnet, beklagte der Autofahrer. Eine Polizistin sagte im Zeugenstand, der Maybach-Fahrer habe danach von einem Stuntman gesprochen, der ihm da professionell auf die Motorhaube gesprungen sei.

Ein Verkehrsgutachter sagte im Prozess, dass der Fußgänger in der Dunkelheit – Unfallzeitpunkt war 0.49 Uhr – frühzeitig zu erkennen gewesen sei. Aufgrund des Flugwinkels sei das Opfer auch nicht auf die Straße „gesprintet“, wie ein Zeuge ausgesagt hatte, sondern langsamer und damit für den Autofahrer erkennbar gewesen sei. Zur Frage einer möglichen Fahruntüchtigkeit sagte ein Gerichtsmediziner, dass er diese, trotz des Kokainkonsums, nicht sicher habe feststellen können.

Kölner Amtsgericht: Bewährungsstrafe für den Todesfahrer

Richter Rolf Krebber und seine Schöffen verurteilten den Angeklagten nach fast sieben Stunden Verhandlung zu einem Jahr Gefängnis auf Bewährung, was eine Angehörige des Opfers mit hämischen Applaus quittierte. „Es ist immer schwierig, strafrechtlich mit dem Tod eines Menschen umzugehen, das sieht man auch an dieser Reaktion“, sagte der Richter. Man müsse aber auch berücksichtigen, dass der Verstorbene eine Mitschuld trage. Weil er über Rot gegangen sei.

Als Bewährungsauflage setzte das Gericht eine Schmerzensgeldzahlung an den Sohn des Opfers in Höhe von 5000 Euro fest. Den Haftbefehl gegen den Autofahrer, der sich seit mehreren Monaten im Gefängnis befindet, hob der Richter auf. Nicht nur fahrlässige Tötung stellte das Gericht im Urteil fest, sondern auch einen Verstoß gegen das Pflichtversicherungsgesetz. Der Angeklagte hatte keine aktuelle Autoversicherung für seinen Luxus-Mercedes. Die Entscheidung ist noch nicht rechtskräftig.