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Florian Hempel im Interview„Könnte 500 Sachen sagen, die ich an Köln liebe“

Lesezeit 6 Minuten
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Florian Hempel beim Interviewtermin.

  1. Florian Hempel, geboren am 10. April 1990 in Dessau, gab 2010 als Torwart sein Debüt für den Dessau-Roßlauer HV in der 2. Handball-Bundesliga.
  2. Seine professionelle Darts-Karriere begann 2018 in Köln, 2021 sicherte er sich die Spielberechtigung bei der PDC.
  3. Aktuell ist Hempel 62. der Weltrangliste. Er lebt mit Frau und Kind im Kölner Süden.
  4. Wir haben mit dem Dartspieler über seine sportlichen Ziele und sein Leben in Köln gesprochen.

KölnHerr Hempel, wie fühlt es sich an, mit „Kölsche Jung“ von Brings in den Ally Pally einzulaufen?Fantastisch, das muss man ganz ehrlich sagen. Ich wusste bis zu dem Moment, als die Musik eingespielt wurde, nicht, ob der WM-Veranstalter PDC den Song akzeptiert. Die sind ja sehr international aufgestellt, und es war eine Wundertüte, ich hatte weder ein Ja noch ein Nein von denen. Als es dann gespielt wurde, war ich enorm glücklich, und ich glaube, das hat noch einige Prozent Leistung gebracht auf der Bühne.Florian Hempel war auch in unserem Podcast-Format „Talk mit K“ zu Gast. Hören Sie hier die ganze Folge.

Wie sind Sie auf den Song gekommen?Das ist eins der schönsten kölschen Lieder, die ich kenne. Das wird auch schon mal international gespielt – Mallorca ist ja wie Köln Zwei. (lacht) Da läuft das als Partylied. Mit „Kölsche Jung“ erreicht man die Kölner im Herzen, aber überall sonst kennt man das eben auch.

Sie haben erst vor knapp fünf Jahren mit Darts angefangen. Jetzt stehen Sie auf der WM-Bühne und schlagen die Nummer 5 der Welt. Was macht das mit Ihnen?Nix. Ich bin weiter der Florian Hempel wie vorher. Klar, es gibt jetzt mehr Termine oder Anfragen von möglichen Sponsoren, aber für mich persönlich, als Mensch, ändert sich nichts.

Und als Sportler?Das bringt mich sportlich natürlich weit nach vorne. Ich bin jetzt in den Top 64 der Welt, das war mein ausgeschriebenes Ziel für Ende des Jahres, um die Tour-Card zu behalten. Es ist schön, wenn ich jetzt ein Jahr Zeit habe, um die Platzierung zu halten und nicht erst da hin muss. Ich kann mit weniger Druck an das Jahr rangehen. Im Grunde kann ich schon ein weiteres Jahr planen.

Sie wirkten beim Spielen sehr abgeklärt. Nicht zuletzt beim Finale zwischen Peter Wright und Michael Smith hat man gesehen, wie viel sich im Kopf der Spieler entscheidet. Waren Sie nicht nervös, oder zeigt man das nicht?Nein, ich war nicht nervös. Ich konnte mich lange genug mental auf die Situation vorbereiten. Dass ich bei der WM dabei bin, stand ja im November schon fest. Das ist die größte Bühne der Darts-Welt, der schönste Venue mit der geilsten Stimmung, und ich habe versucht, das in positive Energie umzuwandeln. Das ist mir zumindest in den ersten beiden Spielen gelungen.

Dart-WM ist ja hochkonzentrierter Leistungssport in durchgeknallter Bierzeltatmosphäre. Wie bereitet man sich darauf vor?Ich habe viel gesprochen mit den deutschen Spitzenspielern Gabriel Clemens, Martin Schindler und Max Hopp, die ja schon WM-Erfahrung hatten. Die haben gesagt, dass der Alexandra Palace kleiner ist, als er im Fernsehen wirkt, aber auch lauter. Ich habe deshalb über meine Airpods laute Stimmung eingespielt, mir quasi Darts-Fans in die Ohren gepackt beim Training und das auch visualisiert. Mir vorgestellt, ich spiele jetzt auf der Bühne. Mein Kopf war vorbereitet.

Wie und wie viel trainieren Sie?Ich trainiere täglich vier bis sechs Stunden. Zwischen 10 und 14 Uhr stehe ich immer am Bord, und dann abends nochmal ein, zwei, drei Stunden. Mein Ziel ist es, mich nie mit einem negativen Gefühl vom Practiceboard zu verabschieden.

Sie sind, eher untypisch für die Szene, der eher durchtrainierte Typ. Hilft das?Meine Vergangenheit als Fitnesstrainer und Ernährungsberater hilft schon. Ich weiß, was ich machen muss, dass die Muskulatur für diesen einseitigen Bewegungsapparat funktioniert und steuere die Belastung entsprechend, um Verspannungen oder Verletzungen entgegen zu wirken. Ernährung ist auch extrem wichtig.

Es gab viel Kritik an der PDC, dass sie die WM trotz stark steigender Corona-Fallzahlen und ja auch einigen infizierten Spielern vor 3000 Besuchern durchgezogen hat. Was sagen Sie dazu?Die PDC hat nur das gemacht, was die Regierung erlaubt hat. Wenn die Bundesregierung dem FC erlauben würde, morgen vor vollem Haus zu spielen, würden die das ja auch machen. Alle wollen Geld verdienen. Kein Veranstalter würde doch von sich aus auf Publikum verzichten.

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Die Euphorie hier in Köln war groß. Was haben Sie davon mitgekriegt?Sehr viel. Ich habe unglaublich viele Zuschriften bekommen auf Social Media, Videos, die zeigen, wie die Leute vor dem Fernseher mitgefiebert haben. Der Match-Dart gegen Dimi van den Bergh, da gibt es hunderte Videos von. Die Emotionen, die der Sport hochkochen lässt, ob in der Halle oder vor dem Fernsehgerät, die im Nachhinein miterleben zu können in dem Wissen, selbst dafür gesorgt zu haben, das ist eine tolle Anerkennung.

Sie sind 2014 aus Dessau/Roslau über Leipzig nach Köln gekommen. Wie erleben Sie die Stadt?Kölle is e Jeföhl – Köln ist keine Stadt, sondern eine Mentalität. Ich könnte 500 Sachen sagen, die ich an Köln liebe, ortsbezogen und mental. Ich habe hier so viel erlebt, dass schöner war als vorher. Ich habe immer gedacht: Wann kommt hier eigentlich mal was Schlechtes? Aber das kam nicht. Ich fühle mich hier zu 100 Prozent wohl. Karneval wird nirgends so gefeiert wie hier. Dann diese Offenheit, diese Warmherzigkeit, das Multikulti-Denken. Wie Homosexualität hier ausgelebt wird, diese Weltoffenheit. Leben und leben lassen. Du gehst in die Wirtschaft op d’r Eck, trinkst ein Kölsch mit, und alles is jot. Egal wie du aussiehst, du bist überall willkommen.

Heute wird das Dreigestirn proklamiert. Feiern sie Karneval?Ich liebe das. Das Feiern in der Kneipe, sich verkleiden. Die kölschen Lieder, die so viel Herz übertragen und auch ausdrücken. Da feiert der Kölner seine Mentalität, seine Kultur, seine Historie – das ist einfach toll.

Ihr letztes Kostüm?Air Force-Flieger.

Sie haben einen dreijährigen Sohn. Wie kommt das Familienleben mit Ihrer Karriere als Dartprofi klar?Schwierig, so ehrlich muss man sein. Ich bin sehr oft auf Reisen. Ich vermisse das sehr, wenn ich drei Wochen weg bin und den Kleinen nicht aufwachsen sehe. Aber das ist eben mein Job.

Was ist Ihr sportlicher Traum?Ich hab keine Träume. Ich lebe doch aktuell einen Traum. Ich kann mit meinem Hobby Geld verdienen, kann Miete bezahlen und meinen Kühlschrank füllen. Ob ich 62 oder 30 der Welt bin, spielt gerade primär keine Rolle, was das Träumen betrifft.