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Für ein Bällebad auf die Severinstraße

Lesezeit 4 Minuten

Innenstadt – Zwischen den beiden Geschäften liegen nur wenige Meter. Doch Einrichtung, Geschäftsmodell und Zielgruppe trennen Welten. Nopic heißt das eine. Seit Mai ist der Fotoladen, der eben nicht auf Laufkundschaft setzt, auf der altehrwürdigen Severinstraße vertreten: Die Kunden buchen das Studio online. Für 20 Minuten, um Selfies zu machen.

Utensilien für drei Motive stehen dafür im Ladenlokal zur Auswahl. Ein mit rosa Bällen gefülltes Planschbecken, eine Toilettenkabine und eine Matte in Schwimmbad-Optik bilden die Kulisse für Erinnerungsfotos. Junggesellenabschiede, Firmenfeiern, Freundeskreise gehören zu den Kunden, erzählt Fotograf Daniel Ludwig, der als Angestellter im Laden Hilfestellung leistet. Hinter der Idee stehen Investoren, die in mehreren deutschen Städten unter dem Namen Picture People ähnliche Konzepte betreiben, und in Köln schon im Rheincenter und auf der Ehrenstraße vertreten sind. Die Bilder erhalten die Kunden im Anschluss per E-Mail.

Vollständig analog funktioniert dagegen das bewährte Geschäftsmodell von Rüdiger und Elke Rabanus auf der anderen Straßenseite. Ihr Uhren- und Schmuckgeschäft gibt es seit 1867. Diese Information prangt stolz außen auf dem Ladenschild. Die beiden aktuellen Inhaber führen es seit nunmehr 30 Jahren. Jetzt aber – beide sind schon länger in einem Alter jenseits der Pensionsgrenze – suchen sie einen Nachfolger, der im Idealfall Haus, Geschäft und die wertvollen Werkzeuge übernimmt. „Wir machen das immer noch gerne“, sagt Elke Rabanus. Doch es sei Zeit in den Ruhestand zu wechseln.

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Tradition, Moderne und Gastronomie: Daniel Ludwig arbeitet im Fotostudio für Selfies. Gegenüber gibt es seit 1867 das Uhren- und Schmuckgeschäft des Ehepaars Rabanus. Vor dem erfolgreich neu eröffneten, salonartigen Löwen Café gibt es nun Sitzplätze in einer ehemaligen Parkbucht.

Interessenten für das Haus gebe es genug, berichten die beiden. Bislang stimmt der Preis aber noch nicht. „Vielleicht halten manche von denen uns für unbedarft, weil wir etwas älter sind“, sagt Rabanus. Seit sie ihren Plan, das Geschäft aufzugeben, angekündigt haben, schauen viele Stammkunden vorbei und drücken ihr Bedauern aus. Noch steht zwar kein Zeitpunkt fest. „Uns hetzt keiner“, sagt Rabanus. Sie haben aber mit dem Räumungsverkauf begonnen.

Wandel und Generationenwechsel sind auf der Severinstraße Konstanten. Doch nach dem U-Bahnbau, dem Einsturz des Stadtarchivs und angesichts der massiven Konkurrenz aus dem Internet sorgt jedes leer stehende Ladenlokal zunächst für ein mulmiges Gefühl. Aktuell sind knapp zehn Läden dunkel und verrammelt. Thorsten Fröhlich sieht das gelassen. Das mag daran liegen, dass der Vorsitzende der Immobilien- und Standortgemeinschaft Severinstraße (ISG) nicht zum Schwarzmalen neigt. Er macht aber klar, dass es dafür derzeit auch gar keinen Grund gibt. In den meisten Fällen ist ein neuer Mieter bereits gefunden.

„Viele investieren in ihre Läden“, sagt Fröhlich. Die Katharinen-Apotheke auf der Straße ziehe in einen größeren Laden um. Mit Sanierung erklärt er auch die vorübergehende Schließung einer Bäckerfiliale, das neu gemachte vietnamesische Lokal und die angekündigten Eröffnungen eines hochwertigen Burgerbraters nebst Pasta-Restaurant in einem kernsanierten Haus an der Ecke Kartäuserhof. Ein weiterer Leerstand ist mit dem Bauvorhaben begründet, das den eingeschossigen Bau ersetzen soll. Ein Craft-Beer-Laden ist auf einem anderen Baustellenschild angekündigt, der Umbau noch im Gange. Auch wenn sich unter den Eröffnungen der jüngeren Zeit ein Fahrradladen und eine Fahrradwerkstatt finden: Immer mehr Gastronomen versuchen ihr Glück auf der Straße. Einzelhändler könnten sich nur halten, wenn sie zugleich im Internet stark vertreten seien, hat Thorsten Fröhlich beobachtet. Auch wenn Gastronomen größere Umsätze erzielen und die Straße spürbar attraktiver wird, nicht zuletzt durch die Aktivitäten der Standortgemeinschaft: Fröhlich ist optimistisch, dass die Eigentümer ihre Mieten nicht ins Unermessliche erhöhen. Ein vor wenigen Jahren teuer an ein Friseur-Franchise vermietetes Ladenlokal steht derzeit leer. Der Betreiber habe aufgeben müssen, was laut Fröhlich auch dem Eigentümer zu denken gegeben habe. Ein großer Teil der Häuser in der Straße gehört Privatpersonen. Auch das stimmt Fröhlich zuversichtlich. An Mietinteressenten scheint es dennoch nicht zu mangeln, lange werden die Läden nicht leerstehen, glaubt Fröhlich.

BUDGET FÜR VERSCHÖNERUNG

Zehn weitere Bäume für die Severinstraße sind bestellt. Sie kommen aus der Toskana und sind speziell für das Stadtklima gezüchtet. Die Pflanztröge werden nicht wie die ersten zehn Bäume im nördlichen Abschnitt zusammen stehen, sondern der Länge nach an der Straße verteilt. Sie gehören zum Programm der Immobilien- und Standortgemeinschaft, die sich aus Abgaben der Hauseigentümer finanziert. 300 000 Euro sammelte die Stadt ein und stellt sie Fröhlich und seinen Mitstreitern in drei Raten zur Verfügung. Neben der Begrünung gehören Werbung, Beleuchtung und Events zum Konzept, das mehr Menschen zum Einkaufen in die südliche Altstadt locken soll. (phh)

Elke Rabanus, die einen Käufer sucht