Mit Trommeln und Plakaten sind am Samstag Zehntausende Menschen durch Köln gezogen, um gegen Rechtsextremismus zu demonstrieren. Der Protest richtete sich nicht nur gegen die AfD.
„Köln stellt sich quer“Zehntausende setzen Zeichen gegen Rechtsextremismus – Reker: „Ich bin so stolz“
Köln hat ein beeindruckendes Zeichen gesetzt. Am Samstag fanden sich laut Veranstalter-Angaben rund 75.000 Demonstranten in der Kölner Innenstadt zusammen, um geschlossen gegen Rechtsextremismus und für Demokratie zu demonstrieren. „Wir akzeptieren nichts unter 75.000“, erklärten die Veranstalter auf der Bühne am Kölner Rudolfplatz. Die Polizei sprach unterdessen von rund 40.000 Teilnehmern. Am Ende des Tages stand fest: Es waren weit mehr als die 5000 Menschen, die die Veranstalter zunächst erwartet hatten.
Mit Trommeln und Trillerpfeifen, lauter Musik und Sprechgesängen ließen die Demonstrierenden ihre Botschaft bis auf die andere Rheinseite erklingen. Damit setzten sie das Protest-Motto „5 vor 12: Laut für Demokratie“ deutlich hörbar in die Tat um. Aufgerufen hatte des Bündnis „Köln stellt sich quer“ (KSSQ), das von zahlreichen Vereinen, Parteien, Gewerkschaften und Initiativen unterstützt wird. Die Demonstration verlief nach ersten Angaben der Polizei störungsfrei.
Der Marsch begann um 11.55 Uhr am Heumarkt, begleitet von den Worten des KSSQ-Sprechers Jörg Detjen, der die Anwesenden aufforderte, „gemeinsam als Demokraten geschlossen ein Zeichen gegen den Rechtsruck in Deutschland zu setzen“. Wegen der deutlich höheren Zahl der Teilnehmenden dauerte es über dreieinhalb Stunden, bis die letzten am Heumarkt aufbrachen und über Neumarkt, Richmodstraße und Hohenzollernring zum Rudolfplatz liefen.
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„Der Tag war ein absoluter Erfolg“, resümierte Brigitta von Bülow, Bürgermeisterin der Stadt Köln und Sprecherin von KSSQ, in Anbetracht dieses Andrangs und ergänzte: „Diese gewaltige Partizipation zeigt das riesige Bedürfnis der Kölner, sich laut gegen Rechtsextremismus zu engagieren.“
„5 vor 12: Laut für Demokratie“: Großdemonstration bewegt Köln
Die Veranstalter trafen offenbar den Nerv vieler Menschen in Köln und der Region. Denn auch aus dem Kölner Umland waren viele Menschen angereist. Familien demonstrierten neben Parteien, Vereine neben Künstlern und Kirchen mit Sozialverbänden. Auch Amelie (25) aus Köln war unter den Demonstrierenden. Die aktuelle politische Entwicklung in Deutschland habe sie „motiviert, an der Demonstration teilzunehmen. Ich setze mich für Demokratie, Menschenrechte und Frauenrechte ein.“
Die 84-jährige Christa fand deutlichere Worte: „Ich bin 1940 geboren und habe noch selber das letzte Kriegsjahr im Nationalsozialismus aktiv miterlebt. Ich finde es erschreckend und es bereitet mir Angst, wie sich heute die Rechtsextremen wieder an die Mitte der Gesellschaft annähern.“
Daher demonstrierte sie am Samstag für unbedingte Menschenrechte und Freiheit. Der siebenjährige Erstklässler Theo hingegen, der die Demonstration mit Vater Michael besuchte, erklärte: „Ich möchte, dass es allen meinen Freunden gut geht und keiner wegen seinem Aussehen ausgeschlossen wird.“
Viele Plakate richteten sich nicht nur gegen die AfD, sondern ausdrücklich auch gegen den Unionskanzlerkandidaten Friedrich Merz (CDU). „Merz baut die Brandmauer jetzt schon vor der Wahl sukzessive ab“, erklärte Demonstrantin Tanja. In der Hand hielt sie ein Schild mit der Aufschrift: „Merz ist auch gemeint“. Sie befürchtete: „Wenn Rechtsextremismus salonfähig wird, ist es mit der Demokratie dahin. Und so auch mit der Vielfalt und unserer bunten Gesellschaft. Gerade aus Köln, wo Pluralismus so gut funktioniert, sollte daher eine Stimme gegen Rechtsextremismus laut werden.“
Gerade die Vielfalt unterstrich auch Oberbürgermeisterin Henriette Reker, die am Rudolfplatz in ihrer Rede betonte: „Ich bin so stolz, dass heute zig Tausende Menschen erschienen sind. Wir Kölner wollen keine rechte, misslaunige Gesellschaft, in die uns Extremisten drängen wollen. Wir wollen stattdessen unsere multikulturelle Vielfalt bewahren, die in unserer Stadt so gut funktioniert.“
Für ihre Worte erntete die Oberbürgermeisterin viel Applaus.
Neben Brings stand auch der Kölner Künstler Eko Fresh auf der Bühne. Der Rapper gab seinen Song „Ich bin kein Nazi, aber“ zum Besten. „Ich mache mir Sorgen um die Zukunft, aber nach Köln zu kommen und euch hier alle zu sehen, das bedeutet mir viel“, erklärte Eko Fresh sichtlich bewegt auf der Bühne. „Wenn ich euch sehe, bin ich froh und habe Hoffnung.“
Laut einer Polizeisprecherin habe es weder Gegenproteste noch Ausschreitungen gegeben.