Debatte in KölnWirte begrüßen Heizpilz-Erlaubnis, Umweltschützer skeptisch
- NRW-Ministerpräsident Armin Laschet hat eine Erlaubnis der umstrittenen Heizpilze für die Gastronomie ins Spiel gebracht.
- Unter dem Klimaschutz-Aspekt gelten die Geräte als schädlich, doch Gastronomen begrüßen den Vorstoß.
- Die Kölner Politik ist unterdessen unentschieden.
Köln – Der Vorschlag von Ministerpräsident Armin Laschet, in diesem Winter den Gastronomen das Aufstellen der aufgrund ihrer Umweltschädlichkeit umstrittenen Heizpilze zu erlauben, ist auf ein großes Echo gestoßen. Den Gastwirten soll damit die Möglichkeit gegeben werden, ihre Gäste warm über den Winter zu bringen. In einigen Städten in Nordrhein-Westfalen sind Heizpilze aus Klimaschutzgründen verboten.
Die Rechtslage in Köln
In Köln sind Heizpilze nicht verboten. Gasbetriebene Geräte dürfen allerdings in Bereichen mit einer Gestaltungssatzung wie den Ringen und dem Rheingarten nicht aufgestellt werden. Dort dürfen jedoch elektrische Heizstrahler eingesetzt werden, wenn sie in Schirmen oder Markisen eingebaut werden – und damit weniger auffallen.
Die Politik
Einen neuen Drive bekommt das Thema nun, weil in der nächsten Ratssitzung ein gemeinsamer Antrag von CDU, Grünen und der Ratsgruppe Gut gestellt wird, nach dem die Außengastronomie-Saison, die normalerweise Ende Oktober vorbei ist, bis zum 31. Dezember 2021 verlängert werden soll. Damit wäre auch im Winter Draußen-Saison. Das soll auch für die in der Krise genehmigten temporären Erweiterungsflächen zum Beispiel auf Parkplätzen gelten. Weitere Anträge sollen wohlwollend geprüft werden, so auch für Pop-up-Biergärten. Die Verlängerung der Saison würde dann aber auch bedeuten, dass die Heizstrahler im Winter an vielen Stellen in der Stadt kräftig glühen würden. Ist das mit dem Umweltschutz vereinbar?
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Bei den Grünen herrscht zur Zeit ein Meinungsstreit über die Heizpilze. Auf Landesebene hält die Partei den zeitweisen Einsatz der Heizpilze für vertretbar, wenn dadurch die Gastronomie unterstützt werden kann. Etwas zurückhaltender ist da der Geschäftsführer der Kölner Ratsfraktion Lino Hammer. „Erst einmal geht es darum, der Gastronomie durch flexible Genehmigungen zu helfen. Wir hoffen aber, dass die Gastronomen vorrangig auf andere Lösungen setzten als Heizpilze.“ Um es den Gästen im Winter warm zu machen, könnten etwa größere Schirme und Windfänge aufgestellt werden oder Markisen angebracht werden. „Das muss natürlich stadtgestalterisch vertretbar sein“, so Hammer.
Bisher dürfen auf den Flächen mit Corona-Ausnahmegenehmigung allerdings nur Tische und Stühle aufgestellt werden. Die Politik müsste also auch dafür sorgen, dass zusätzliche Aufbauten zugelassen werden.
Bernd Petelkau, Vorsitzender der CDU-Fraktion, plädiert ebenfalls dafür, nicht allein auf Heizpilze zu setzen: „Bis auf wenige Ausnahmen darf die Gastronomie in Köln Heizpilze einsetzen, und das sollten wir auch weiterhin erlauben. In solch einer besonderen Situation und mit Blick auf den Gesundheitsschutz halten wir das für eine vertretbare Maßnahme.“ Trotzdem appelliere die CDU an die Gastronomen, vorrangig Decken und klimafreundlichere Techniken wie solarstrombetriebene Geräte einzusetzen.Die SPD wird den Antrag für die Saisonverlängerung unterstützen, wie der Fraktionsvorsitzende Christian Joisten auf Anfrage des „Kölner Stadt-Anzeiger“ sagte. Heizpilze seien zeitweise akzeptabel. „Wir müssen helfen, damit die Gastronomie den Winter überlebt. Und da muss man auch Kompromisse eingehen. Alles, was räumlich an Außengastronomie möglich ist, muss großzügig und schnellstmöglich genehmigt werden.“ Eine zugige Außengastronomie sei aber nicht allein durch Heizpilze zu retten, hier müsse man großzügig weitere Baumaßnahmen genehmigen.
Die Branche
„Ohne die Dinger geht es nicht“, sagt Mathias Johnen, stellvertretender Geschäftsführer des Hotel- und Gaststättenverbandes Dehoga Nordrhein. Natürlich seien Heizpilze aus ökologischer Sicht fragwürdig, aber es gebe keine Alternative. „Vor allem, wenn jetzt die Außengastronomie-Saison verlängert wird, was wir sehr begrüßen.“ Die Heizpilze seien ja nur ein Vehikel, um die Baustelle zu umschiffen. „Viele Leute trauen sich einfach noch nicht in die Innenräume. Wir wollen den Sommer in den Herbst und Winter ziehen“, so Johnen.
Auch Gastronomen sehen die Aussicht, mit Heizpilzen und einer Verlängerung der Außengastronomie-Erlaubnis über die Wintermonate zu kommen, positiv. Josef Rayes, der den Biergarten am Aachener Weiher betreibt, hat Heizpilze auf Lager und will sie auch einsetzen. Er ist zuversichtlich, dass die Besucher auch im Winter im Außenbereich sitzen wollen.
„Ich glaube, dass die Menschen draußen sitzen werden, wenn es ihnen drinnen zu riskant ist.“ Rayes hofft, dass die Stadt bald erklärt, ob die Gebühren für den Betrieb der Außengastronomie weiterhin erlassen werden, so könnten Betriebe die finanziellen Risiken besser abwägen. Insgesamt ist er mit den Maßnahmen zufrieden: „Es ist ein schönes Gefühl, man weiß, dass man in der Stadt und im Land gut aufgehoben ist.“
Isabelle Tariverdi von „Tapeo & Co.“ an der Lindenstraße möchte weiter in die Außengastronomie investieren – die Saisonverlängerung finde sie deshalb gut. „Das würde der Gastronomie sehr helfen. Man hat dann länger was von dem Mobiliar, den Decken und den Jacken für die Angestellten, wenn wir wissen, dass wir die bis Ende nächsten Jahres nutzen können. Wir haben Schirme angeschafft, damit unsere Gäste überdacht draußen sitzen können.“
Filinta Adsiz betreibt das „Monkeys“ im Hotspot gegenüber dem Stadtgarten. Er hält Heizpilze für sehr nützlich. Um den Gastronomen wirklich zu helfen, müsse aber mehr geschehen. Es müsse erlaubt werden, Pavillons aufzubauen und Markisen anzubringen, damit die Wärme auch gehalten werden kann.
Für seinen Standort wäre es wichtig, die Sperrstunde, die bisher bei null Uhr liegt, zu verlängern. „Sonst holen sich die Leute ihre Getränke am Kiosk und machen unkontrolliert weiter.“ Außengastro funktioniere auch bei kalten Temperaturen, ist er überzeugt – wenn sie gut gemacht ist. Und zur Not mit Glühwein. „Jede halbe Stunde mehr Umsatz ist für uns wertvoll.“
Marc Schinköth, Geschäftsführer von „Wilma Wunder“ am Friesenplatz, hat ohnehin eine Ganzjahreskonzession für die große Außenfläche. „Wir haben bereits feste Elektrostrahler in den Schirmen integriert. Ich glaube aber definitiv, dass viele Gastronomen von einer zeitweisen Aufhebung des Heizpilz-Verbotes profitieren können.“
Die Umweltschützer
Die Klimaschädlichkeit der Heizpilze ist oft beschrieben worden. Bei maximaler Leistung von etwa 14 Kilowatt stößt ein gasbetriebener Heizpilz bis zu 3,5 Kilogramm Kohlendioxid pro Stunde aus – bei einer durchschnittlichen Betriebsdauer von 36 Stunden in der Woche entstehen so bis zu vier Tonnen Kohlendioxid pro Jahr. Das entspricht dem Ausstoß eines Neuwagens, der 20.000 Kilometer im Jahr fährt.
Elektrische Strahler produzieren das Kohlendioxid an anderer Stelle, nämlich bei der Stromerzeugung in den Kraftwerken. Für Experten sind beide Versionen Klimakiller.Dirk Jansen, Sprecher des Bundes für Umwelt und Naturschutz in NRW, ist von Laschets Vorstoß deshalb nicht begeistert. „Bei allem Verständnis für die Lage der Gastronomie: Heizpilze sind da auch keine Lösung. Die Leute wollen doch nicht bei Minustemperaturen draußen sitzen.“ Vielmehr sollte den Betrieben bei der Anschaffung von Raumluftfiltern und anderen Lösungen für den Innenbereich geholfen werden. „Corona sollte nicht ein Vorwand dafür sein, den Klimaschutz zurückzufahren.“ (mit bec, leh, rol)