Das „Salera“ im Agnesviertel öffnet nur noch drei Tage die Woche. Grund sind unter anderem Personalmangel und hohe Kosten.
Gastronom verkürzt Öffnungszeiten„Warum fünf Tage, wenn an drei fast das Gleiche rauskommt?“
Hohe Betriebskosten, zurückhaltende Kunden und die verzweifelte Suche nach Personal: Diese Themen bereiten der Gastronomie, insbesondere seit Ende der Corona-Pandemie, ständiges Kopfzerbrechen. Ein Kölner hat für sich nun eine Lösung gefunden: die Vier-Tage-Woche. Und er ist sich sicher, dass noch viele weitere Gastronomen nachziehen werden.
„Wir sind früh dran, aber ich glaube, wir sind nicht die Letzten“, sagt Yannik Bürger. Er betreibt mit seiner Frau Beatrix das beliebte Tapas-Restaurant „Salera“ im Agnesviertel. Und dort soll die Tür ab September nur noch von Donnerstag bis Samstag statt von Dienstag bis Samstag öffnen. Mittags gibt es weiter Fish and Chips, abends dann Tapas – aber eben nur noch an drei Tagen pro Woche.
Vier-Tage-Woche in der Gastronomie
Der Mittwoch dient Vorbereitungen, Einkäufen und Büroarbeiten, so arbeitet Bürger nun insgesamt viermal die Woche. Setzt sich jetzt ausgerechnet in der Branche, die eigentlich für lange Arbeitszeiten und Sechs-Tage-Wochen bekannt ist, das viel diskutierte Arbeitszeitmodell der Vier-Tage-Woche durch?
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Yannik Bürger ist mit seiner Entscheidung nicht alleine. Wobei die meisten Gastronomen eher mit dem Streichen des Mittagsangebots als direkt mit ganzen Tagen reagieren. So auch Till Riekenbrauk mit dem Brauhaus Johann Schäfer in der Südstadt: „Wir selbst lieben unseren Lunch sehr. Aber um ehrlich zu sein hat es sich einfach noch nie wirklich gerechnet“, verkündete das Brauhaus-Team Mitte Juli auf Facebook die Kürzung der Öffnungszeiten. Montag, Dienstag und Mittwoch geht es erst um 17 Uhr los, Donnerstag und Freitag gibt es mittags weiter Schnitzel, bzw. Backfisch. Auch das „Stukmans“ in Sülz ist mittlerweile nur noch an zwei statt drei Abenden geöffnet.
Aber die Entwicklung ist keinesfalls eine neue: Im Gespräch erzählt Yannik Bürger vom „Salera“ etwa auch von seinem Nachbarn „Meister Lampe“ von Christian Matthäi. Vor der Pandemie gab es unter der Woche noch täglich mittags gut bürgerliche Küche, oft auch abends. Mittlerweile öffnet das Restaurant nur noch donnerstags zum Schnitzeltag mittags. An drei weiteren Tagen ist das Restaurant abends geöffnet.
Dass der Trend sich schon länger anbahnt, bestätigt auch Christoph Becker, Geschäftsführer des Hotel- und Gaststättenverbands Dehoga Nordrhein im Regierungsbezirk Köln. Eingeläutet durch die Corona-Pandemie sei er besonders auf dem Land zu beobachten, aber auch in Köln arbeiteten immer mehr Gastronomen mit verkürzten Öffnungszeiten. Rund um die Kölner Dehoga-Geschäftsstelle auf dem Hohenzollernring etwa sei das Mittagsgeschäft mittlerweile „tot“, beobachtet Becker. Und auch er ist sich sicher: Es ist ein Trend, der sich weiter ausbreiten wird.
„Corona hat vielen Gastronomen das Selbstbewusstsein gegeben“, sagt Becker. Denn die Zeit habe gezeigt: Die Gäste kommen wieder. Neben dem Wunsch nach mehr Freizeit, der in anderen Branchen die Diskussion um die Vier-Tage-Woche antreibt, sind in der Gastronomie zwei Gründe für die verkürzten Öffnungszeiten ausschlaggebend: Personalmangel und der Zwang, Kosten zu sparen. „Es ist im Augenblick eine sehr schwierige Situation in der Gastronomie“, sagt Becker. Die Dehoga beobachte weiter eine hohe Zahl an Gewerbe-Abmeldungen.
Auch die IG Gastro vermerke viele Schließungen in der Kölner Gastronomie-Szene, sagt Martin Schlüter, Vorstandsmitglied und Wirt im „Reissdorf am Hahnentor“. Und er fürchtet, dass sich die Situation weiter verschlechtert. Auch in seinem Brauhaus bleiben wie bei vielen weiteren die Türen seit Corona unter der Woche in der Mittagszeit geschlossen. Und montags – ein sonst als schwach geltender Tag – verbuche er mittlerweile stets gute Umsätze, weil die meisten anderen Gastronomien geschlossen sind. „Es ist ein trauriger Trend“, sagt Schlüter.
Gestiegene Kosten in nahezu jedem Bereich sorgten bei vielen dafür, dass sich die Öffnung an schwächeren Tagen und mittags schlichtweg nicht mehr lohne. „Es rechnet sich oftmals einfach nicht.“ Schlüter wünsche sich mehr Unterstützung vonseiten der Politik, etwa durch eine erneute Senkung der Mehrwertsteuer, die seit Beginn des Jahres wieder bei 19 Prozent für Speisen liegt. „Das würde extrem helfen.“
Doch neben den hohen Betriebskosten ist der Personalmangel das deutlich größere Problem: Beim „Reissdorf am Hahnentor“ arbeiteten derzeit fünfmal die Woche Leiharbeiter in der Küche, eine kostspielige Angelegenheit für Schlüter. Doch er finde einfach keine Alternative.
Auch Yannik Bürger vom „Salera“ habe händeringend nach neuem Personal gesucht. Es sei schon häufiger vorgekommen, dass er mit Bewerbern einen Termin zum Probearbeiten ausmacht – und die dann ohne Absage einfach nicht auftauchen. Die Zeiten, in denen Jobs in der Gastronomie hart umkämpft waren, sind lange vorbei.
Mit den komprimierten Öffnungszeiten laufe die Suche nun schon deutlich besser, sagt Bürger. Insgesamt überwiegen für ihn die Vorteile: „Warum fünf Tage im Restaurant stehen, wenn an drei Tagen fast das Gleiche rauskommt?“ Etwas weniger Geld werde nach seiner Rechnung am Ende übrigbleiben, dafür habe er aber eben mehr Zeit für seine Familie. „Alle freuen sich darauf, gerade die Kinder.“