Köln – So richtig wohl fühle er sich im Rampenlicht schon nicht mehr, bekannte Jürgen Roters – schließlich liege sein letzter Tag als Oberbürgermeister inzwischen schon acht Monate zurück. Und es habe sich einiges getan in der Zeit: „Die Last des Amtes ist von mir abgefallen.“
Am Samstag aber drehte sich im Historischen Rathaus noch einmal alles um den Alt-OB – der Stadtrat war zu einer festlichen Sitzung mit Gästen zusammengekommen, um Jürgen Roters für sein Wirken um die Stadt Köln zu danken.
Das übernahm neben Roters Nachfolgerin Henriette Reker vor allem Professor Johann-Dietrich Wörner. Der Chef der europäischen Weltraumagentur ESA, zuvor Leiter des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt in Porz und wie Roters kein gebürtiger Kölner, hatte den OB seinerzeit im Karneval kennengelernt.
In seinem äußerst launigen Vortrag setzte er etwa die Amtszeit des Alt-Oberbürgermeisters in Bezug zur Entwicklung der Welt seit ihrem Entstehen, verglich Roters mit den Eigenschaften der Planeten und wies ihm schließlich in einer Filmeinspielung gar die Rolle des Superman zu.
„Ich konnte ihm alles sagen, auch das Unangenehmste“
Es war eben ein Rückblick und ein Abschied, Aktualitäten wie die EU-Krise, die wirtschaftliche Situation der Stadt oder der angekratzte Ruf nach der Silvesternacht spielten keine Rolle. Henriette Reker, die Roters nach fünfjähriger Amtszeit an der Stadtspitze ablöste, rühmte an ihrem Vorgänger vor allem dessen bescheidene, unprätentiöse Art – und seine Fähigkeit, zuhören zu können. „Ich konnte ihm alles sagen, auch das Unangenehmste“, so Reker.
„Ich habe ihn dabei nie wütend oder gar cholerisch erlebt.“ Die frühere Sozialdezernentin war 2010 aus Gelsenkirchen nach Köln gekommen und arbeitete seitdem im Stadtvorstand mit Jürgen Roters zusammen. Dabei sei ihr der Amtsvorgänger durchaus zum Vorbild geworden, bekannte Henriette Reker: „Er hat mich gelehrt, geduldig zu sein und praxisorientiert zu denken.“
„Ich weiß unsere Stadt bei Ihnen in guten Händen“
Besonders beeindruckt habe sie, dass Jürgen Roters oftmals nach einem anstrengenden Arbeitstag noch ganz alleine in der der Stadt unterwegs gewesen sei, um sich ein Bild zu machen von den aktuellen Problemen, von Baustellen, Flüchtlingsunterbringungen – oder auch von den Menschen seiner Stadt: „Dann setzte er sich in die KVB und redete mit seinen Kölnern.“ Nachtschwärmer und akribischer Arbeiter am Tag: Insgesamt habe Roters ein immenses Pensum absolviert. „Dafür hat er für viele Jahre seine persönlichen Interessen und seine Familie zurückgestellt“ , sagte Reker und bedankte sich ausdrücklich auch bei Angela Roters, der Ehefrau des Alt-OB.
„Ich weiß unsere Stadt bei Ihnen in guten Händen“, gab Jürgen Roters den Dank an seine Nachfolgerin zurück, nachdem er sich ins Goldene Buch der Stadt eingetragen hatte. Danken wolle er aber auch dem Stadtrat, dessen Sitzungen er in seiner Amtszeit mehr als 50 Mal geleitet hatte. Der Alt-OB hob vor allem das gute Miteinander hervor, das es trotz aller politischen Differenzen im Stadtrat gebe. Vor allem rühmte er die Solidarität aller anderen Parteien, die er bei seinen Auseinandersetzungen mit den „Pro Köln“-Vertretern im Rat erfahren habe. „Wenn es gegen Rechtsaußen ging, gegen Hass und Fremdenfeindlichkeit, habe ich immer ein großes Zusammengehörigkeitsgefühl gespürt.“
Zum Schluss dann nachdenkliche Worte: Er sorge sich um die schleichende Entfremdung der Menschen von der Politik – und mahnte Rat wie Verwaltung, die Ängste gerade jener Bürger ernst zu nehmen, die nicht zu den Besserverdienenden gehören. „Wir müssen das Ohr nahe am Menschen haben“, sagte Roters, bevor er seine allerletzte Ratssitzung verließ – mit einer Bitte nach oben („Gott segne unsere Stadt“) und einem Wunsch, perfekt auf Kölsch vorgetragen: „Maat et joot.“