Neben dem Recyclinghof im Kölner Stadtteil Humboldt-Gremberg steht ein Hochhaus. Seit 30 Jahren kämpfen die Bewohner um mehr Wohnqualität.
„Wir können nicht mal Fenster öffnen“Wohnen am Kalker Recyclinghof – Gestank, Fliegen und Ratten
Vor einigen Wochen brannte es an der Odenwaldstraße lichterloh: Eine „Anhäufung mit circa 100 Tonnen Abfällen“ war auf dem dortigen Recyclinghof der PK Pressbetrieb Köln GmbH in Brand geraten, wie es im Bericht der Feuerwehr heißt. „Wegen der erheblichen Rauchausbreitung wurde eine vorsorgliche Warnung der Bevölkerung herausgegeben und eine benachbarte Strecke der Deutschen Bahn gesperrt, um eine Gefährdung des Zugverkehrs auszuschließen.“ Weil die „Löschwasserversorgung im Bereich der Einsatzstelle“ nicht ausreichte, musste „mit einem Tanklöschfahrzeug im Pendelverkehr Löschwasser von einem weit entfernten Hydranten zur Einsatzstelle gebracht werden“.
Unmut der Bürger an der Odenwaldstraße nach Brand umso größer
Mit Unterstützung der Freiwilligen Feuerwehr gelang es schließlich, den Brand zu kontrollieren. Doch für Helmut Clausen sind die Zustände nicht akzeptabel: „Der Recyclinghof grenzt direkt an die Gleisanlage, auf den Schienen werden auch gefährliche Stoffe transportiert. Und dann haben sie noch nicht einmal einen Hydranten auf dem Gelände.“ Clausen lebt in einem Hochhaus an der Odenwaldstraße gleich gegenüber vom Gelände der PK Pressbetrieb, die heutigen Bewohner hatten die ehemaligen Eisenbahner-Wohnungen vor etwa 30 Jahren gekauft.
Damals seien die jetzigen Zustände noch nicht absehbar gewesen, sagen sie, auf dem Gelände zwischen Bahndamm und Odenwaldstraße seien noch einige andere Firmen ansässig gewesen: „Die haben aber nach und nach den Betrieb eingestellt, das Recyclingunternehmen hat sich vergrößert.“ Auch die Abfallwirtschaftsbetriebe (AWB) liefern an der Odenwaldstraße beispielsweise Weißblechdosen oder Papier und Pappe ab, Müll also, der hier als Teil des Dualen Systems gepresst und dann der Weiterverwertung zugeführt wird.
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An Grillen im Garten ist am Recyclinghof nicht zu denken
Dass dies in unmittelbarer Nähe zu den Wohnungen auf der anderen Straßenseite geschieht, ruft auch unabhängig von spektakulären Ereignissen wie Bränden längst großen Unmut hervor: „Wir können ja nicht mal die Fenster öffnen, dann kommen gleich die Fliegen rein“, schimpft Clausens Nachbarin Dagmar Galler. Das bestätigt Peter Peterlini, der ebenfalls in dem Hochhaus lebt. „An einen Kaffee auf dem Balkon oder Grillen im Garten ist gar nicht zu denken.“
Schließlich verwesten in den Dosen häufig Nahrungsreste, und das sorge nicht nur für eine Fliegenplage, sondern je nach Windrichtung außerdem für unangenehme Gerüche: „Auch Ratten sieht man hier auf den Straßen häufig herumlaufen“, sagt Peterlini.
Interessengemeinschaft will gegen Zustände vorgehen
Clausen und Peterlini sind Mitglieder der IG Humboldt-Gremberg, Peterlini ist ihr Vorsitzender, in dieser Funktion werden sie regelmäßig angesprochen: „Auf der letzten Eigentümerversammlung wurden wir wieder aufgefordert, etwas gegen die Belästigungen zu unternehmen“, berichtet Peter Peterlini. „Auch Nachbarn aus anderen Häusern sprechen mich oft auf der Straße an.“
Doch das ist nicht so einfach. Bei Verwaltung und Politik, erzählt Clausen, habe man wohl eingesehen, dass diese Form des Nebeneinanders von Wohnen und Arbeiten nicht wünschenswert sei und dem Betrieb andere Standorte angeboten. Bislang ohne Erfolg. Auch hat die Kalker Bezirksvertretung zugesichert, für diesen Teil von Humboldt-Gremberg einen Bebauungsplan aufzustellen, der störendes Gewerbe ausschließt – nur genösse die schon ansässige PK Pressbetrieb auch dann noch Bestandsschutz.
Rechtlich kann man offensichtlich nicht gegen das Unternehmen vorgehen: „lm Rahmen der Immissionsschutz-, Wasser- und abfallrechtlichen Überwachungen gibt es im Betrieb keinen Anlass für Beanstandungen“, hatte Konrad Peschen vom Amt für Umwelt- und Verbraucherschutz der IG schon 2019 mitgeteilt: „Ein Verstoß gegen geltendes Recht durch die PK Pressbetrieb Köln GmbH ist nicht festzustellen.“
Speziell die Belästigung durch Fliegen sei „nicht zu vermeiden“, auch der Einsatz von Pestiziden als Gegenmaßnahme könne aufgrund der offenen Betriebshallen nicht dauerhaft zum Erfolg führen und sei überdies „aus Gründen des lnsektenschutzes nicht möglich“. Peschen hatte beim Gesundheitsamt nachgefragt und konnte die Anwohner wenigstens in einer Hinsicht beruhigen: „Eine Gesundheitsgefährdung im Sinne des lnfektionsschutzgesetzes gehe von Fliegen nicht aus.“ Die PK Pressbetrieb wollte sich zu den Beschwerden nicht äußern.