Der Leiter des Ordnungsamts informierte, wie das Verweilverbot voraussichtlich umgesetzt werden soll und was das für die Außengastro bedeutet.
Stadt informiert AnwohnerKein Verweilverbot ab 1. Februar – Was am Brüsseler Platz gelten soll
Ordnungsamtsleiter Ralf Mayer hat am Dienstag 250 Anwohnern und Gastronomen vom Brüsseler Platz vorgestellt, wie die Stadt dort für Nachtruhe sorgen will. „Nach 20 Jahren Experimentierens müssen wir jetzt wirkungsvoll agieren“, sagte Mayer in der Kirche St. Michael. Was bedeutet das? Die wichtigsten Fragen und Antworten im Überblick.
Was passiert im Februar am Brüsseler Platz?
Im jahrelangen Streit um die Nachtruhe der Anwohner hatte die Stadtverwaltung im Dezember angekündigt, ab Samstag, 1. Februar, ein Verweilverbot am Brüsseler Platz zu erlassen. Jetzt teilt die Stadt auf Anfrage mit, dass am ersten Februar-Wochenende noch nichts passieren werde, das Verbot aber „voraussichtlich im Februar 2025“ in Kraft trete.
Grund sei, dass die Allgemeinverfügung, über die das Verbot zunächst geregelt sein soll, aktuell finalisiert werde. Angekündigt war, dass ein Verbot vorübergehend freitags, samstags und vor Feiertagen von 22 bis 6 Uhr rund um die Kirche und auf der Straße davor gelten soll. Das bedeutet, man darf einen Platz queren, sich dort aber nicht aufhalten. Auch erhalten Gastronomen für den Betrieb ihres Außenbereichs nur noch Genehmigungen bis 22 Uhr, teilt die Stadt mit.
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Der Brüsseler Platz ist auch auf der Tagesordnung der Sitzung des Rechtsausschusses des Stadtrats am kommenden Montag zu finden. Die Politik soll in den kommenden Wochen entscheiden, ob das vorübergehend von der Stadt geplante Verweilverbot ausgedehnt wird oder wie die Stadt alternativ den Lärm am Platz reduzieren soll.
Was sagte die Stadt den Anwohnern?
Thomas Fenzke, Leiter des Ordnungsdienstes, bereitete die Anwohner am Dienstagabend auf das von der Stadt angestrebte Verweilverbot vor. Für dessen Umsetzung sei ein „mehrstufiges Verfahren“ geplant, Plakate würden aufgehängt und Personen angesprochen, um auf das Verbot hinzuweisen. Nach 22 Uhr werde notfalls ein Zwangsgeld angedroht, gegebenenfalls auch festgesetzt. Man beginne mit einem Bußgeld von 100 Euro pro Verstoß, sagte Mayer; der Betrag erhöhe sich bei weiteren Verstößen.
Wieso will die Stadt ein Verweilverbot erlassen?
Das Oberverwaltungsgericht Münster (OVG) hatte die Stadt Köln nach Klagen wegen Lärms von fünf Anwohnern verurteilt, mehr für die Gesundheit der Bürger zu tun. Das Verweilverbot ist eine der Maßnahmen, die das OVG der Stadt vorgeschlagen hat. Auch ein Zaun um die Kirche St. Michael in seiner Mitte oder ein Alkoholkonsum- oder Verkaufsverbot zählten dazu. Auf Anfrage teilt die Stadt mit: „Ob eine Umfriedung notwendig ist, hängt davon ab, ob die Menschen sich an das Verweilverbot halten.“ Das Alkoholverbot lehnte sie bisher wegen Zweifeln an seiner Wirkung ab.
Was sagen Anwohner jetzt?
Sabine Vonderstein, die sich maßgeblich in der Bürgerinitiative Belgisches Viertel engagiert, sagt im Nachgang zur Info-Veranstaltung: „Das Verweilverbot ist heftigst diskutiert worden. Ich bin auch nicht glücklich darüber, weil es eine Einschränkung für die gesamte Nachbarschaft bedeutet.“ Nachbarn könnten sich nach 22 Uhr nicht mehr miteinander unterhalten und seien verunsichert, ob sie dann noch mit dem Hund um die Kirche Gassi gehen könnten.
Immerhin gebe es mittlerweile auch versöhnliche Töne zwischen den Parteien, „Zwischen Klägern und Gastronomen entsteht ein Verständnis füreinander, es ist vielleicht etwas spät, aber das passiert gerade“, sagt Vonderstein, die im Austausch mit den Beteiligten steht. Die häufige Kritik, dass die Maßnahmen wegen einzelner Kläger ergriffen werden, wehrt sie ab: Eine Sammelklage sei nicht möglich gewesen, die Kläger hätten nicht nur eigene Interessen verfolgt, sondern sich für das Anliegen vieler Anwohner und Geschäftsleute starkgemacht, so Vonderstein.
Unter den Anwohnern herrsche aber keine einheitliche Meinung. Konsens scheint aber zu sein, dass ein Zaun nicht die Probleme lösen könne. In einem Positionspapier hatte die Bürgerinitiative Belgisches Viertel bereits vergangene Woche ihre Forderungen klargemacht: die konsequente Sanktionierung von Lärm- und Müllverstößen auf der Grundlage bestehender Gesetze, ein zeitlich begrenztes Alkohol- und Verzehrverbot, das nicht für die Gastronomie gelten soll und die Wiederaufnahme des Bebauungsplans, der die Anzahl von Kiosken und Fast-Food-Ketten regulieren soll.
Was gilt für Restaurants?
Die Außengastronomie soll bereits um 22 Uhr statt um Mitternacht schließen. Unter den Wirten herrscht deswegen Unmut. In St. Michael sprach auch Christoph Becker, Geschäftsführer der Dehoga Rheinland: „Die Gastronomen treiben existenzielle Ängste um.“ Mayer und Horst Janke vom Ordnungsamt wiesen auf Kulanzregelungen hin: Auch nach 22 Uhr könnten Gastwirte ihr Mobiliar draußen wegräumen und Gäste zum Rauchen vor die Tür treten. Mayer stellte zudem in Aussicht, mit den Wirten über Möglichkeiten der Kompensation – etwa durch Erweiterung der Außengastronomie-Flächen vor 22 Uhr – zu sprechen.
Wie reagieren die Gastronomen?
Als die neuen Regelungen verkündet wurden, waren die Gastronomen laut IG-Gastro-Vorstand Till Riekenbrauk „überrascht“. In diversen Gesprächskreisen, auch mit der Stadt, sei stets über andere Lösungen wie einen Biergarten am Brüsseler Platz gesprochen worden. „Da war die Rede davon, dass die Gastronomie kein Störfaktor, sondern ein guter Partner ist, weil sich dort alles gesittet abspielt“, sagte Riekenbrauk.
Ein Gastronom, der namentlich nicht erwähnt werden möchte, sagt: „Unter der Woche verdient man nicht mehr so gut wie früher, die Kosten sind gestiegen, die Pachten auch. Gerade weil wir die Außenflächen bespielen dürfen, können wir überhaupt noch was verdienen.“ Die Gastronomen hatten in den vergangenen Wochen schon vorübergehend ihre Fenster schwarz abgehangen, um gegen das Vorgehen der Stadt zu protestieren.
Wie laut ist es denn am Brüsseler Platz?
Die Stadt präsentierte am Dienstag aktuelle Messwerte. Gemäß dem Landes-Immissionsschutzgesetz dürfen zwischen 22 und 6 Uhr Geräusche in einem Mischgebiet (Wohnen und Gewerbe) 45 Dezibel nicht überschreiten. Bei Messungen vom 5. bis zum 16. Dezember 2024 auf dem Balkon eines Anwohners lag der Wert an allen Tagen nachts darüber, in fünf Nächten sogar über 60 Dezibel, was dem Tagesgrenzwert entspricht. Obwohl am 7. Dezember um 23 Uhr die Flächen der Außengastronomie nur zu 15 Prozent ausgelastet waren und sich auf dem Platz bloß fünf Menschen aufhielten, wurden 61,3 Dezibel gemessen.
Ist es dann nicht auch an anderen Orten in Köln zu laut?
Experte Thomas Steiner, der unter anderem zu Lärm, Öffentlichem Raum und Quartierentwicklung forscht, sagt dem „Kölner Stadt-Anzeiger“: „Wenn wir die Lärmschutzverordnungen ernst nehmen, ist eigentlich kein Stadtleben möglich.“ Der Dozent und Projektleiter am Institut für Soziokulturelle Entwicklung an der Hochschule Luzern sagt, nach den Richtlinien sei es schon gar nicht zulässig, Wohnungen über einer Bar zu haben.
Er ordnet das Verweilverbot als eine Möglichkeit ein, „die Lärmquelle zu eliminieren“, wirft aber gleichzeitig die Frage auf, wie weit man den öffentlichen Raum einschränken dürfe. „Die eine Antwort gibt es nicht. Wir bewegen uns in einem rechts-unsicheren Raum“, sagt Steiner, „das heißt: Wir müssen Lösungen finden, die von allen akzeptiert werden können.“ Welches Vorgehen in seiner Erfahrung am meisten gebracht habe? Nur der Dialog mit allen Beteiligten.