Der 11.11. steht vor der Tür. Grund genug für viele Kölner Wirte, sich frühzeitig ein Konzept zu überlegen, denn nach zwei Jahren Corona-Pandemie findet das kölsche Event zum ersten Mal wieder weitgehend ohne Beschränkungen statt.
Die Südstadt-Kneipe „Bagatelle“ hat mit einem inzwischen gelöschten Facebook-Post eine Diskussion über die Frage ausgelöst, welche Kostüme an Karneval in welchen Kneipen noch erlaubt sind. Unter anderem hatte die Bagatelle Ganzkörper- und „Swat“-Kostüme als Grund genannt, nicht eingelassen zu werden.
Karneval in Köln: „Bagatelle“ stellt eigene Aussage richtig
„Swat“ steht für die amerikanische Spezialeinheit „Special Weapons and Tactics“, die dem Spezialeinsatzkommando (SEK) der deutschen Polizei entspricht. Zudem nannte die Kneipe Menschen, die sich als Indianer verkleiden, wenn sie damit gegen eine mutmaßlich linke woke Grundhaltung demonstrieren wollen.
Viele Facebook-Nutzer fanden das überzogen und beschwerten sich in den Kommentaren über die strenge Türpolitik. Mittlerweile hat die „Bagatelle“ ihre Aussage in einem weiteren Beitrag relativiert: „NIE haben wir gesagt oder geschrieben, dass bei uns keine Indinaerkostüme [sic!] rein dürfen. Ihr könnt alle als Indianer:in verkleidet sein, wenn ihr Indianer:innen so cool findet wie wir.“
Karneval in Köln: Gespaltene Meinungen bei anderen Kölner Wirten
Weiter heißt es: „Wenn ihr deren Schicksal verstanden habt und das Kostüm simpler Support ist und Erinnerungskultur zugleich. Mega.“ Man habe nur verdeutlichen wollen, „dass wir keinen Bock auf diese Vollpfosten haben, die aus Protest Indianer:in werden, weil es diese verkackte Debatte gab.“
Aber wie sieht es bei anderen Kölner Lokalen bezüglich Kostüm-Vorschriften am 11.11. aus? Der „Kölner Stadt-Anzeiger“ hat sich umgehört und ist dabei auf gespaltene Meinungen gestoßen. Einige Gastronomen zeigen zumindest teilweise Verständnis für die Ansicht der „Bagatelle“.
Karnevalsauftakt in Köln: „Swat“-Verkleidungen unerwünscht
„Das mit dem „Swat“-Kostüm sehen wir eigentlich ähnlich durch die Situation mit der Ukraine und was da in letzter Zeit passiert ist“, sagt Lukas Huber. Er ist Betriebsleitung der „Tausend Bar“ im Belgischen Viertel, das sich aktuell auch für einen Boykott der Fußball-WM in Katar einsetzt.
Davon abgesehen gebe es kein festes Ausschlussprinzip. Eher würde man nach eigenem Ermessen und dem Zustand der Person entscheiden. Wenn „ein rassistischer Hintergrund spürbar ist“, werde aber definitiv aussortiert.
Bisher keine größeren Probleme mit Kostümen
Mario Pirastu, Betreiber der Kneipen „Grünfeld“ und „Zum Knobelbecher“ im Belgischen Viertel, sieht die Debatte nicht ganz so streng wie die „Bagatelle“, stimmt aber grundsätzlich mit ihrer Haltung überein.
So würden Militär- oder SEK-Verkleidungen nicht akzeptiert, Ganzkörperkostüme seien aber in Ordnung. Am Ende werde spontan vor Ort entschieden. In den vergangenen Karnevalsessionen habe man jedoch zum Glück keine größeren Probleme mit Kostümen gehabt, erklärt Pirastu.
In der „Kölschbar“ zählt Eindruck der Verkleideten
Auch in der „Kölschbar“ im Belgischen Viertel gab es bisher keinen Anlass dafür, über ein Ausschlusskonzept nachzudenken. Das Personal ist fest davon überzeugt, dass ihre Stammgäste sie nicht in diese Situation bringen werden.
Sollte es dennoch dazu kommen, zähle, welchen Eindruck die jeweilige Person mache. Man erkläre der Person dann, warum ihre Verkleidung problematisch sei, damit sie es das nächste Mal besser wisse – reagiere sie angemessen auf die Kritik, dürfe sie bleiben.
Kölner Karneval: Positive Entwicklung im Belgischen Viertel
In der „Barracuda Bar“ und der „Forelle blau“, ist man angesichts des anstehenden 11.11. entspannt eingestellt: „In den letzten Jahren hat sich der Karneval im Belgischen Viertel nach meinem Empfinden, anders als an der Zülpicher Straße, weitestgehend positiv entwickelt“, sagt Tobias Mintert, Inhaber der beiden benachbarten Kneipen.
Die Erfahrung zeige allerdings, „dass es sich immer auszahlt, auf eine bestimmte Art und Weise Kostümierte und natürlich übermäßig Betrunkene nicht in den Laden eintreten zu lassen.“ So seien Menschen in „Swat“- und Militärkostümen nicht erlaubt, weil sie in der Vergangenheit häufig negativ aufgefallen seien. Das betreffe aber fast ausschließlich Männer, betont Mintert.
11.11. in Köln: Kritik an der Debatte über kulturelle Aneignung
Auch „Kostüme, die Menschen mit einem anderen ethnischen Hintergrund offensichtlich grob verächtlich machen, wollen wir bei uns nicht sehen“, fügt er hinzu. „Spontan fällt mir aus dem letzten Jahr eine Person ein, mit schwarzer Farbe im Gesicht, rot geschminkten Lippen, Baströckchen und ein Knochen im Haar, die dann Affenlaute imitiert hat. So jemand wird bei uns niemals Einlass finden.“
Eine allgemeine Regel leitet Mintert daraus nicht ab, denn hier brauche es Fingerspitzengefühl und Empathie bei den handelnden Personen am Eingang. Die Debatte über kulturelle Aneignung gehe dabei aber völlig am Ziel vorbei und mache oft progressive Menschen ungerechtfertigt zur Zielscheibe: „Bei mir ist zum Beispiel jedes Indianerkostüm herzlich willkommen, solange es Positivität und Respekt ausstrahlt.“
Im „Schnörres“ und „Johann Schäfer“ sind alle Kostüme erlaubt
Die Bar „Nachtigall“ in Ehrenfeld, in der erst zum zweiten Mal offiziell Karneval gefeiert wird, verfolgt ebenfalls keine grundsätzliche Richtlinie. „Wir gehen da mit gesundem Menschenverstand dran und versuchen, dass sich jeder Gast wohlfühlt und sich keiner von irgendeinem Kostüm angegriffen fühlt“, erklären die Betreiber.
Einen Tag vor dem 11.11. machte auch das Bumann & Sohn eine klare Ansage: „Kein Zutritt für Personen, die als Soldat*in, Kampfpilot*in, SWAT-Offizier*in, FBI-Agent*in, - oder dergleichen - verkleidet sind!“ heißt es auf Instagram.
Das Motto von Philipp Treudt, Inhaber der Südstadt-Kneipe „Im Schnörres“ und der Bar „Im Scheuen Reh“ im Belgischen Viertel ist kurz und knapp: „Jede/r darf rein“. Ähnliche Worte findet das „Brauhaus Johann Schäfer“ in der Südstadt: „Alle Kostüme sind erlaubt, Hauptsache du hast Spaß bei/mit uns.“