Thomas Thalau sieht dem 11.11. gelassen entgegen und findet, Köln sei sauberer als sein Ruf. Lachgasbehälter erklärt er aber zum Problem.
SessionseröffnungKölner AWB-Chef: „Glas wollen wir nicht in den Grünanlagen haben“
Herr Thalau, Köln hat bei vielen den Ruf, eine dreckige Stadt zu sein. Wie sehen Sie das?
Thomas Thalau: Wenn man sich anschaut, was wirklich auf dem Boden liegt, dann ist das in Köln gar nicht anders als in anderen Städten auch. Es gibt aber einiges mehr, das auf das Sauberkeits- oder Wohlbefinden in einer Stadt einzahlt: Graffiti, Baustellen, Verkehrsführung, Obdachlosigkeit. Und wir haben in der Kölner Altstadt vielleicht auch nicht so diese Sichtachsen in der Architektur wie in anderen Städten, man hat nicht das Gefühl, dass die Umgebung großzügig und frei ist.
Sie bekommen also ab, was die AWB gar nicht allein in der Hand haben?
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Ich würde sagen, wir haben eine gemeinsame Verantwortung. Jeder muss seinen Teil beitragen. Sauberkeit ist ein Gesamtthema, da geht es eher um Stadtbildpflege, das macht mehr aus als ein Papierchen, das auf dem Boden liegt.
Haben Sie vor dem 11.11. schlaflose Nächte?
Nein. Wir sind Profis, was Karneval angeht. Wir sind mit 210 Mitarbeitenden am Start, die wissen schon seit Jahren, was sie tun müssen und wo die Hotspots sind. Es ist viel Arbeit, gar keine Frage, aber wir sind zuversichtlich, dass wir das wie immer gut und schnell hinbekommen.
Schon seit mehr als einer Woche stehen in Köln mit weißen Planen bespannte Absperrgitter. Das gefällt nicht jedem. Warum müssen die sein?
Erstmal lenken diese Barrieren die Besucherströme, wir wollen sie zu den Entsorgungseinrichtungen führen. Und wir schützen damit die Bereiche, die nicht vermüllt werden sollen. Besonders schwierig ist für uns das Thema Glas, das wollen wir nicht in den Grünanlagen haben. Auch nicht am Brüsseler Platz in den Baumscheiben und Beeten, denn es ist eine absolute Sisyphus-Arbeit, das Glas da wieder rauszuholen.
Deshalb auch die Platten auf der Uniwiese?
Genau. Uns hilft das extrem, weil wir die Platten mit Maschinen befahren können und nicht alles manuell aus dem Rasen holen müssen. Es geht schneller, wir bekommen mehr Müll mit.
Man hat zuletzt von immer mehr Lachgaspatronen im Müll gehört. Wie problematisch ist das?
Im letzten Jahr hatten wir kaum Probleme damit, aber jetzt erreicht uns eine Welle aus den Niederlanden. Lachgas wird immer häufiger von Jugendlichen als Partydroge genutzt. Abgesehen von den schweren gesundheitlichen Problemen, die der Konsum mit sich bringt, haben wir mit den Kartuschen ein immenses Entsorgungsproblem.
Inwiefern?
Die Flaschen sind oft nicht restentleert, landen aber in den Straßenpapierkörben und damit im Restabfall und in der Müllverbrennungsanlage. Dort kann es kleine Explosionen geben. So eine Lachgasflasche schießt dann einfach durch die Anlage und kann Schäden verursachen. Wir nehmen deutlich mehr dieser Störfälle wahr. Deshalb wollen wir auf einem Wertstoffhof eine Annahmestelle für die Lachgasflaschen etablieren.
Glauben Sie, die jugendlichen Partygänger werden die leeren Flaschen dort nach dem Gebrauch hinbringen?
Nein, vermutlich nicht. Aber es ist zumindest ein Angebot. Bei der Straßenreinigung versuchen wir, die Lachgasflaschen aus dem Kehricht zu sammeln. Gleichzeitig wird über eine Pfandpflicht für die Kartuschen nachgedacht. Wenn sie einen Wert hätten, einen Geldwert, dann würden sie nicht weggeschmissen, sondern wieder ganz vernünftig in den Entsorgungskreislauf eingesteuert werden.
Das Restmüllaufkommen in Köln liegt um 25 Kilogramm pro Kopf pro Jahr höher als in anderen Städten mit einer vergleichbaren Einwohnerdichte. Woran liegt das?
Das wollen wir mit der Hausmüllanalyse herausfinden, die gerade läuft. Was genau landet darin? Welche Stoffe gehören woanders hin? Liegt es an unserem Tonnen-Angebot, an der Beratung? Wir wollen den Restmüll deutlich reduzieren. Es soll wirklich nur das in die Müllverbrennung reingehen, was nicht wiederverwertbar ist.
Es gibt Forderungen, die falsche Befüllung der Restmülltonne zu sanktionieren. Würde das helfen?
Es gibt diese Beispiele, insbesondere in Asien, wo es wirklich drakonische Strafen für falsch entsorgten Müll gibt. Da ist es entsprechend sauber. Aber ich glaube, da wollen wir in Deutschland in dieser Form nicht hin. Ein Mittelweg wäre das Richtige. Beim Littering, also bei der Vermüllung im öffentlichen Raum, sollten wir wirklich versuchen, die Verursacher zu identifizieren und entsprechende Strafen zu verhängen. Wir haben rund 20.000 Littering-Stellen pro Jahr, die ziehen fast 13 Millionen Euro an zusätzlichen Entsorgungskosten nach sich. Erstmal sind Aufklärung und Bildungsangebote wichtig, aber reichen wird das nicht. Also werden wir auch einen Weg für Sanktionen finden müssen – die sollten wirksam sein, ohne in ein Denunziantentum abzurutschen.