Einfach von Kneipe zu Kneipe ziehen, das geht nicht mehr überall in Köln. Immer mehr Wirte nehmen an Karneval Eintritt – sogar bis zu 111 Euro.
Kneipenkarneval immer teurer111 Euro pro Gast an Weiberfastnacht – Kölner Wirt erklärt, warum
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Karneval in der Kneipe – für viele Jecken gibt es nichts Schöneres an den tollen Tagen.
Copyright: Uwe Weiser
Wenn an Weiberfastnacht der Kneipenkarneval in Köln startet, dann gibt es in Anlehnung an das bekannte Lied der Bläck Fööss vielerorts nur ein Motto: „Drink doch ene met, stell dich bitte an“. Schlange stehen vor der dem Lokal – entweder weil es noch gar nicht geöffnet oder bereits zum Bersten voll ist – das gehört seit jeher zum Brauchtum dazu.
Doch die Tradition des Wartens bei Wind und Wetter schwindet. Immer mehr Wirte nehmen nicht nur Eintritt, sondern gehen in den Vorverkauf: Nur mit einem vorab erworbenen Bändchen gibt es Zutritt. Preise zwischen 10 und 20 Euro sind längst keine Seltenheit. Hinzu kommen dann die Ausgaben für Getränke.
Brauhaus Unkelbach mit All-Inclusive-Angebot
Für Aufsehen sorgt nun eine Karnevals-Institution im Stadtteil Sülz: Das Haus Unkelbach verlangt pro Eintrittskarte 111 Euro. Dafür sei alles inklusive, sagt Inhaber Alexander Manek und listet auf: „Kölsch, Wein, Prosecco, Softgetränke, Livemusik von den Bands Scharmöör und Bohei.“ Zudem soll es kleine kulinarische Überraschungen geben. Und: „In den 111 Euro ist das Trinkgeld auch inbegriffen. Bei mir arbeitet keiner, der kein ordentliches Trinkgeld bekommt.“
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Manek weiß, dass viele Jecke bei 111 Euro erst einmal schlucken müssen und verweist auf die gestiegenen Preise für das Kneipenpersonal, Sicherheitsdienste, DJs, Aufräum- und Putzdienste. Er wolle mit dem All-Inklusive-Angebot einen neuen Weg gehen und auch älteres Publikum zurückgewinnen. Karteninhaber müssen mindestens 21 Jahre alt sein. „Wir hatten in der Vergangenheit Gäste, die sich ihr Kölsch am Kiosk gegenüber gekauft haben und vor dem Laden getrunken haben“, berichtet der Wirt. „Was soll man da machen? Beim Rausgehen die Eintrittsbändchen abschneiden? Schwierig.“
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Schlange stehen gehört für viele Jecken zum Brauchtum dazu.
Copyright: Herbert Bucco
Ob Maneks Konzept aufgeht? Noch gibt es Karten. Dagegen sind andere Lokale bereits ausverkauft, die ebenfalls auf einen Ticketvorverkauf setzen. Zum Beispiel der Kölsche Boor am Eigelstein. Hier sind die Ticketpreise nach Einlasszeiten gestaffelt und reichen von 7,89 bis 30 Euro. Gar 40 Euro werden im Brauhaus ohne Namen in Deutz verlangt, immerhin sind fünf Verzehrbons im Preis enthalten. Auch hier heißt es: ausverkauft. In der Erwartung, dass bis zum Abend nicht jeder Jeck durchhält, gibt es ab 18 Uhr Tickets an der Abendkasse für 15 Euro. Andere Wirte haben nur eine Abendkasse, werben aber damit, dass im Gegensatz zu anderen Lokalitäten der Kölschpreis an den Karnevalstagen nicht angehoben wird.
Traditionalisten sehen mit dem Vorverkauf das Wesen des Kneipenkarnevals in Gefahr: „Kumm mer trecke einfach loss, weil ne Jecke trecke muss“, heißt es in einem alten Lied von Brings. Doch das geht nicht mehr so einfach, wenn eine Karnevals-Kneipe zur „geschlossenen Gesellschaft“ mutiert.
Karneval in Köln: Immer mehr Kneipen setzen auf Vorverkauf
Viele Gastronomen, die auf den Vorverkauf setzen, argumentieren mit einer besseren Planbarkeit. Zudem profitierten die Gäste, da sie nicht mehr zum Teil stundenlang anstehen müssten. Anna Heller von Hellers Brauhaus hingegen sah sich sogar zu dem Schritt gezwungen: „Wir bieten den Vorverkauf erst an, seitdem unser Veedel abgesperrt wird. Nicht alle unsere Gäste wollen morgens schon um 8 Uhr auf der Zülpicher Straße stehen, aber wenn sie um 12 Uhr kommen, ist das Veedel schon abgesperrt, sodass sie gar nicht mehr hereinkommen.“ So können die Feiernden mit den gekauften Tickets die Absperrungen im Uni-Viertel passieren. Es gebe aber auch eine Tageskasse.
Bei vielen Jecken sorgen die Vorverkäufe aber auch für Unmut. So wurden im Januar für die Karnevalsfeiern im Gasthaus Im Viertel in Nippes Tickets an einem Mittwoch im Januar ab 17 Uhr verkauft. Schnell bildete sich in der Zeit davor eine Schlange von rund 200 Metern – nicht alle konnten sich Karten sichern und zogen wieder ab. Wer am späten Nachmittag noch arbeitete, hatte erst recht das Nachsehen.
Doch es geht auch noch ohne Einlassbändchen oder Vorverkauf, wie etwa im Mainzer Hof in der Südstadt: „Wir haben schon immer nach dem Motto gefeiert: ,Wer kütt, der kütt‘“, sagt Michael Schnabel. Das klassische Konzept „Anstellen und fertig“ habe immer super geklappt. Schnabel: „Das geben uns auch unsere Gäste wieder.“ Das spontane Losziehen im Veedel sei wesentlicher Bestandteil des Kneipenkarnevals. Diese Tradition wird auch in anderen bekannten Karnevalskneipen wie Lotta (Südstadt) oder Petersberger Hof (Klettenberg) gelebt.
Aus unternehmerischer Sicht seien alle Konzepte nachvollziehbar, sagt ein Kölner Wirt, der anonym bleiben will: „Wenn ich Tickets vorab verkauft habe und im Laufe des Nachmittags gehen die ersten Leute, dann wird die Kneipe leerer und die Party schlechter. Es kommt ja kein Nachschub.“ Aber seine Einnahmen hat der Wirt schon gehabt. Das gelte auch fürs Unkelbach: „Habe ich 111 Euro pro Karte genommen und es sind nicht mehr so viele Gäste da, dann läuft es für den Wirt natürlich umso besser.“