Der Kölner Rosenmontagszug startete das erste Mal seit 2020 wieder in der Südstadt. Die Stimmung war ausgelassen.
„Da geht das Herz auf“Kölner Rosenmontagszug zieht bei Sonnenschein durch die Südstadt
Am Vormittag reißen die Wolken über der Südstadt auf. Die Sonnenstrahlen erhellen die schmale Vringsstroß, Clowns, Zebras und Minions blinzeln in die Sonne. Einige zücken ihr Smartphone, um den perfekten Moment einzufangen. Kostüme und Konfetti glitzern im Sonnenlicht.
Rund zwei Stunden vorher sieht es noch anders aus: Ein durchsichtiger Regenschirm schützt Zugleiter Holger Kirsch vor dem Nieselregen, der gegen 9 Uhr morgens auf den Sand an der Severinstorburg plätschert. Schon Weiberfastnacht fiel ins Wasser, Kölns Straßen waren zur Eröffnung des Straßenkarnevals vergleichsweise leer geblieben. Kirsch ist trotzdem zuversichtlich, dass Petrus ne Kölsche ist: „Er weiß ganz genau, dass es erst um 10 Uhr losgeht und dann ist das Regenwölkchen auf jeden Fall weg.“ Wetterfrosch Kirsch verspricht nicht nur einen trockenen Rosenmontag – er verspricht Sonne. Und behält Recht.
Jungfrau Frieda fährt als Stockpuppe mit
Von kurzen Nieselregen-Phasen abgesehen bleibt es während des Zochs trocken, zeitweise sogar sonnig. Nur eines läuft nicht wie gehofft: Statt einer freudestrahlenden Jungfrau Frieda steht auf dem Wagen neben Bauer Werner nur eine mit blonder Perücke und Krone geschmückte Stockpuppe. Friedrich Klupsch musste am Sonntag wegen einer Entzündung am Hüftgelenk operiert werden und konnte nicht am Höhepunkt der Session teilnehmen. Bitter nicht nur für ihn, sondern auch für seinen Bruder Bauer Werner und seinen Sohn Prinz Sascha I., die als Zweigestirn das Finale des Rosenmontagszugs bilden.
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Das kann die gute Stimmung der Jecken am Boden nicht trüben. Mit Bierbänken und Gartenstühlen machen sie es sich auf der Severinstraße gemütlich – da sind Profis am Werk. „Kamelle“- und „Strüßjer“-Rufe schallen durch die enge Straßenflucht. Die Zugteilnehmer lassen sich nicht zweimal bitten, großzügig werfen sie den Jecken im Severinsviertel Schokolädchen zu.
Besonders gut läuft es für die fünfjährige Sidney. Als Goldbärchen verkleidet werden ihr nicht nur von den Zugteilnehmern Kamelle und Strüßjer zugeworfen, auch die umstehenden Erwachsenen am Zugrand stecken ihr regelmäßig ihre Beute zu. Zum Ende des Zuges am Nachmittag sind drei große Tüten prall gefüllt. Eine erfolgreiche Premiere: Sidney kommt aus Frankfurt am Main, bisher kannte sie den Kölner Rosenmontagszug nur aus dem Fernsehen. Aber Mama Jana, deren Mutter Rheinländerin ist, wollte sie unbedingt mit nach Köln nehmen: „Sie ist Gardemädchen. Da dachte ich, sie muss auch den richtigen Karneval mal erleben.“
Für den Ausflug haben Jana und Sidney sich das richtige Jahr ausgesucht: Nach Corona-Schreck, Friedensdemo und einem turbulenten Jubiläumsjahr geht 2024 alles wieder seine gewohnten Wege. Das freut auch Martina, die als verrückter Maulwurf mit ihrem Mann Jörg den Zug genießt. „Da geht das Herz auf“, sagt sie. „Diese Stimmung, das gemeinsame Singen, das hat gefehlt.“ Die Kölnerin sieht sich den Rosenmontagszug das erste Mal seit 2020 wieder vom Zugrand aus an – so lange ist es her, dass er wie traditionell von der Severinstorburg bis zur Mohrenstraße ging.
Schunkeln in der Severinstraße
Im vergangenen Jahr zog der Zoch vom Rechtsrheinischen über die Deutzer Brücke und endete an der Severinstorburg. „Da war es schon dunkel“, erinnert sich Gertrud. Sie und Marga stehen jedes Jahr in der Südstadt, um den Zug zu sehen. „Wir sind erfahrene Karnevalisten“, sagt Marga. Dabei kommen beide gebürtig nicht aus Köln, leben aber schon seit rund 60 Jahren hier und sind jeck durch und durch.
Egal ob aus Kölle oder nicht, in der Vringsstroß wird gemeinsam geschunkelt. Nicht nur „Unsere Stammbaum“ singen die Jecken begeistert mit, auch bei „Viva Colonia“ und „Heidewitzka, Herr Kapitän“ beweisen die Jecken Textsicherheit. „Hier ist einfach die beste Stimmung“, sagt Lothar aus Hessen. Da stimmt Carina zu: „10 von 10. Mega!“, ruft sie. Mit ihren Schulfreundinnen Elli und Madlen aus der Heimat in der Nähe von Bielefeld sieht sie das erste Mal den Kölner Rosenmontagszug. „Alaaf“ und „Strüßjer“ hat Carina, die im August nach Köln gezogen ist, schon sicher in ihren Wortschatz übernommen. Besonders gefällt ihr, wie alle gemeinsam feiern: „Alle sind so verbunden, das ist richtig schön.“