Köln – Trillerpfeifen statt Alarmsirenen, weite Trainingsplätze im Tausch gegen Schutzräume in Kellern: Dieser dramatische Vergleich ist seit dem vergangenen Wochenende für drei Jugend-Fußballmannschaften aus der ukrainischen Hauptstadt Kiew Realität. In Reisebussen sind die 44 Jugendlichen und ihr aus zwölf Personen bestehende Trainings- und Betreuerstab 36 Stunden lang unterwegs gewesen, bis sie in Köln erreicht haben.
Vertreter der Stiftung 1. FC Köln hatten die drei Teams des Fußballvereins Dynamo Kiew nach einem Hilfeersuchen des Traditionsclubs am Samstagnachmittag am Dorint-Hotel an der Messe Köln in Empfang genommen. Der 1. FC Köln und seine Stiftung finanzieren zwar die vorübergehende Unterbringung, suchen nun aber gemeinsam mit den städtischen Behörden nach längerfristigen Möglichkeiten der Hilfe.
Hoffnung auf eine schnelle Lösung für die Unterbringung
„Als uns die Anfrage der Dynamo Kiew Football Academy vor einigen Wochen erreichte, haben wir alle Hebel in Bewegung gesetzt, um eine Unterbringung in Köln zu organisieren“, sagte FC-Präsident Werner Wolf am Montag. „Dass wir im Zuge unserer Ukraine-Hilfe einem solch traditionsreichen Club des europäischen Fußballs, dessen Existenz gerade vollständig wegbricht, helfen können, freut uns“, führt der Vorstandsvorsitzender der FC-Stiftung weiter aus. „Wir hoffen, mit den Behörden schnell eine Lösung zu finden.“ Eine erste Reaktion von Kölns Sozialdezernent Harald Rau auf seine Anfrage sei „sehr positiv“ ausgefallen, so Wolf.
Bereits am Montag sollen Gespräche dazu erfolgen. Am Montag konnten die Nachwuchsspieler aus den Bereichen U-12 bis U-15 des ukrainischen Rekordmeisters auf dem Trainingsgelände des FC neben dem Geißbockheim das erste Mal Fußball spielen. „Wir sind froh und dankbar hier zu sein“, sagte am Rand des Spielfelds der Dynamo-Torwarttrainer Volodomir Ikonnikov. „Für die Jugendlichen bedeutet dies seit langer Zeit das erste Mal, ohne Angst und die permanente Bedrohung durch den Krieg in der Heimat hier ihrem Sport nachgehen zu können“, so der 40-Jährige, unterstützt durch die mitgereiste Dolmetscherin Olga Onkalyub.
Training wurde immer wieder durch Bombenalarme unterbrochen
Das bestätigt auch die eindringliche Beschreibung des Alltags in Kiew von Spieler Yaroslav Harkevych. „Wenn die Sirenen vor Luftangriffen gewarnt haben, haben wir sofort das Training abgebrochen und sind in die Keller gegangen“, schildert der 13-Jährige die Erlebnisse der vergangenen Wochen. „Wenn es mehr als zwei Stunden ruhig blieb, kamen wir wieder raus, um weiterzuspielen.“ Die Gruppe hoffte monatelang darauf, dass der fürchterliche Angriffskrieg Russlands endet, berichtet auch der ukrainische Delegationsleiter Yuriy Yastrebinskiy. Die Aussicht darauf schwinde aber von Tag zu Tag. „Aus diesem Grund hat Dynamo Kiew alles versucht, um den Jugendlichen die Flucht zu ermöglichen“, so der U-14-Trainer.
Weil die Sonderausreisegenehmigung für die teilweise wehrpflichtigen Mitglieder des Trainer- und Betreuerstabs nur noch kurzzeitig gültig war, nutzten sie jetzt die letzte Chance, um aus dem Kriegsgebiet zu fliehen und die lange Busreise nach Köln auf sich zu nehmen. „Die für die Ausreise notwendige Kommunikation mit den Ansprechpersonen war sehr aufreibend“, sagte Nicole Fischer, geschäftsführendes Vorstandsmitglied der FC-Stiftung.
„Herzensangelegenheit“ des 1. FC Köln
„Wir sind sehr glücklich, dass wir die benötigten Dokumente rechtzeitig besorgen konnten und es ist uns eine Herzensangelegenheit, den Teams von Dynamo Kiew, insbesondere aber den Jugendlichen, zu helfen.“ Der Kölner Bundesligist werde „alles geben“, um für die Betreuung der Gruppe hier sowie die Organisation von Ausrüstung, Trainingsmöglichkeiten und Freizeitangeboten Sorge zu tragen.
Um weiterhin in der Ukraine-Hilfe tätig zu sein und den davon betroffenen, hier ankommenden Menschen Sicherheit bieten zu können, ruft die FC-Stiftung zu Spenden auf. Alle Informationen dazu sind auf den Seiten des 1. FC Köln im Internet zu finden.