Rüstung und Verteidigung waren bislang an deutschen Messeplätzen kein Thema. Das hat sich geändert. In Hannover und Essen wird künftig Waffentechnologie gezeigt – und weitere Standorte könnten folgen.
Bislang in Deutschland ein TabuZwei neue Rüstungsmessen in Essen und Hannover
Deutschland ist nach wie vor einer der wichtigsten Messeplätze weltweit. In kaum einem anderen Land finden so viele Branchenschauen statt wie hierzulande. Leitmessen wie die Hannover Messe, die Ernährungsmesse Anuga und die Gamescom in Köln, die Boot und der Caravan Salon in Düsseldorf, oder die Bau in München sind nur einige prominente Beispiele der Branchenvielfalt.
Sorge vor Protesten
Waffen und Rüstungsgüter hingegen galten bislang in der deutschen Messewirtschaft als Tabu. Die wenigen kleineren Gastveranstaltungen, die es in den vergangenen Jahren immer mal wieder gab, wurden oftmals gar nicht im offiziellen Kalender der jeweiligen Messestandorte aufgelistet – aus Sorgen vor Protesten und Imageschäden.
Das hat sich nun geändert. Mit dem Beginn des Ukrainekrieges und der sogenannten Zeitenwende hat es an den deutschen Messeplätzen offenbar ein Umdenken gegeben.
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So wird im Januar 2027 in Hannover die „Defence & Security Equipment International Germany“ stattfinden (DSEI Germany). Alle zwei Jahre soll die Veranstaltung für „moderne militärische Ausrüstung, Rüstungsgüter, Technologien, Produkte, Prozesse und Materialien“ stattfinden, so der Veranstalter Deutsche Messe AG. Dafür ist Hannover eine Partnerschaft mit dem britischen Unternehmen Clarion Events eingegangen, das alle zwei Jahre die DSEI in London veranstaltet. In Hannover sollen ab 2027 Angebote für alle Streitkräfte gezeigt werden, also für Heer, Marine und Luftwaffe. Neben Industrieunternehmen und Zulieferern sollen auch militärische Führungskräfte und politische Entscheidungsträger die Messe nutzen, um strategische Verteidigungsfragen und mögliche Partnerschaften zu erörtern.
„Die globale Sicherheitsordnung steht vor beispiellosen Herausforderungen. Der russische Angriffskrieg auf die Ukraine, wachsende geopolitische Spannungen und die Verwundbarkeit kritischer Infrastrukturen erfordern von Deutschland und Europa ein verstärktes Engagement in Verteidigungs- und Sicherheitsfragen“, so die Deutsche Messe AG in Hannover zum neuen Format.
Unterstützung aus dem Verteidigungsministerium
Auch aus dem Verteidigungsministerium gibt es Zustimmung zu den Plänen. Bundesverteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) schreibt: „Deutschland braucht solche Plattformen wie DSEI Germany, um seine wehrtechnische Leistungsfähigkeit, Technologieführerschaft und Innovationsstärke auf internationalem Parkett zu demonstrieren.“
Bereits im September 2026 soll in Essen mit der „Euro Defence Expo“ eine weitere deutsche Rüstungsmesse an den Start gehen. „Angesichts der aktuellen Bedrohungslage müssen wir Schutz und Sicherheit neu denken“, sagt Oliver Kuhrt, der Geschäftsführer der Messe Essen, zum neuen Format. Im Gegensatz zu Hannover hat die Ruhrgebietsstadt mit der „Security“ bereits eine Veranstaltung für Sicherheitstechnik. Hier liegt der Schwerpunkt aber auf zivilen Themen wie Brandschutz, Videoüberwachung, Cyber Security oder Freilandschutz. Beide Messen sollen zeitgleich stattfinden und sich ergänzen. „Damit haben wir eine Kombination aus militärischer und ziviler Leistungsschau plus begleitender Konferenz“, so Essens Messechef Kuhrt.
Die Euro Defence Expo richtet sich unter anderem an Angehörige der Bundeswehr und verbündeter Streitkräfte, an Politiker und Ministerien, aber auch an Sicherheits- und Strafverfolgungsbehörden. Zugesagt in Essen hat bereits der schwäbische Waffenhersteller Heckler&Koch. „Der russische Angriffskrieg hat noch einmal vor Augen geführt, dass die deutsche wehrtechnische Industrie Teil der Sicherheitsarchitektur unseres Landes sein muss“, sagt Andreas Schnautz, Finanzvorstand bei Heckler&Koch. Eine eigene Rüstungsmesse in Deutschland trage dieser herausgehobenen strategischen Bedeutung der Branche Rechnung.
Lukrative Geschäfte
Branchenexperten sind sich einig, dass Rüstungsschauen auch für weitere Standorte in Deutschland lukrativ sein könnten. Gutes Geld mit Verteidigungstechniktechnik wird derweil bei den großen Veranstaltungen der Branche in London, Paris oder Abu Dhabi verdient. Bei der Kölner Messe, deren Gelände viel Platz und Außenflächen bietet, möchte man sich auf Anfrage bislang nicht zu dem Thema äußern, ob es Überlegungen für ein solches Format auch in Köln-Deutz gibt.