AboAbonnieren

Mit FlugblattAbtreibungsgegner stellt Ärztin an den Pranger – Geldstrafe in Köln

Lesezeit 2 Minuten
Der Angeklagte mit seinem Verteidiger beim Prozess im Kölner Amtsgericht

Der Angeklagte mit seinem Verteidiger beim Prozess im Kölner Amtsgericht

Eine neue Strafvorschrift führte nun zur Verurteilung des Mannes am Kölner Amtsgericht.

Ein extremer Abtreibungsgegner musste sich wegen des Verbreitens einer sogenannten „Feindesliste“ mit personenbezogenen Daten vor dem Kölner Amtsgericht verantworten. In einem Flugblatt hatte der Angeklagte unter anderem die Betreiberin mehrerer Frauenkliniken, die auch auf Schwangerschaftsabbruch spezialisiert ist, an den Pranger gestellt, wie die Amtsrichterin urteilte.

Köln: Ärztin als „Berufskillerin“ bezeichnet

Als „Berufskillerin“, die jährlich mehrere ungeborene Kinder „abschlachtet“, so hatte der 59-jährige Verfasser die betroffene Ärztin in seinem Flyer bezeichnet und dabei auch die vollständige Adresse ihrer Klinik im Ruhrgebiet angegeben. Die Medizinerin töte ungeborene Babys wie am Fließband und jammere auch noch öffentlich, „dass sie immer zum Ziel militanter Abtreibungsgegner werde“.

Auch den mutmaßlichen Vermieter der Klinikräume hatte der Angeklagte in dem Flugblatt ins Fadenkreuz genommen. Der Geschäftsmann arbeite auch für den Vatikan, sei gläubiger Katholik – das passe nicht zusammen. Der Flyer benennt die Kölner Kirchengemeinde des Mannes und beschreibt dessen „feudale Villa“, die sich nahe der Kirche befinde, die dieser regelmäßig besuche.

Alles zum Thema Amts- und Landgericht Köln

Köln: Staatsanwalt sah subtile Aufforderung zu Gewalt

Abtreibungen mit Massenmord gleichzusetzen sei „krass“, sagte der Staatsanwalt. Allerdings seien die verwendeten Begriffe im Flugblatt nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts noch von der Meinungsfreiheit gedeckt. Doch eine in den Augen des Ermittlers subtile Aufforderung zu möglichen Straftaten hatte den Abtreibungsgegner auf die Anklagebank gebracht.

„Hoffentlich dreht niemand durch wie in den USA, dort wird in Abtreibungskliniken Feuer gelegt und geschossen“, war im Flyer zu lesen. Und weiter: Das gebe es in Europa natürlich nicht, „noch nicht“. „Da wird der Boden bereitet für militante Abtreibungsgegner, gegen diese Personen vorzugehen“, erklärte der Staatsanwalt. Die Angabe von den persönlichen Daten sei völlig entbehrlich gewesen.

Kölner Richterin verhängt Geldstrafe gegen Abtreibungsgegner

Der Verteidiger des Angeklagten, der sich selbst Journalist nennt, entgegnete, die von der Staatsanwaltschaft zugrunde gelegte und sehr neue Strafvorschrift widerspreche der Pressefreiheit. So werde investigative Journalismus im Keim erstickt. Der Mandant habe sich nicht strafbar gemacht. Doch die Richterin sah das anders, setzte eine Geldstrafe von 6300 Euro fest. Der in Köln verteilte Flyer sei völlig unsachlich gestaltet und gefährde die darin genannten Personen.

Zuletzt hatte ein Fall nach dem neuen „Feindeslisten“-Paragrafen mit einem Freispruch geendet. Hier ging es um eine gesammelte Liste mit Zitaten von prominenten Befürwortern der damaligen Corona-Maßnahmen. Das Amtsgericht sah hier aber keine gefährdende Wirkung. Rechtskräftig ist der Freispruch jedoch nicht – die Staatsanwaltschaft hat Berufung gegen das Urteil vom Juni eingelegt.